Hausmitteilung Titel / Wuhan / USA

Bohr mit Pfarrer
Foto: JESCODENZEL.COM / DER SPIEGELAn Ostern kommt normalerweise die Familie zusammen, Gläubige gehen in die Kirche, andere in den Zoo oder mit Freunden in die Natur. All das ist jetzt nicht erlaubt. Gottesdienste gibt es im Livestream, ansonsten gilt das Kontaktverbot. Was kann da, in diesen Zeiten, noch Trost spenden? Die Redakteure Susanne Beyer, Felix Bohr und Katja Thimm haben sich umgehört, welche Wege es gibt, in der Krise neue Kraft zu schöpfen. Zu Wort kommen ein Pfarrer, der Beerdigungen nur unter strengen Auflagen vornehmen darf, eine Krankenhausseelsorgerin und ein Ehepaar, das den Tod der Tochter überwinden muss. Im zweiten Teil des Titelkomplexes beschäftigt sich ein SPIEGEL-Team mit der Frage, was Unsicherheit, Isolation und Existenzsorgen mit uns machen. So bemerkte Redakteur Christopher Piltz kürzlich beim Einkaufen, dass die Menschen nicht nur Abstand an der Kasse hielten, ihr ganzes Verhalten signalisierte: Bleib mir fern. Für den Kollegen Lothar Gorris fühlt sich der Gang durch den Supermarkt schon länger an wie »eine Exkursion in Feindesland«. Die Experten, mit denen sie über die »Psychologie der Angst« sprachen, sind sich einig: Was gerade geschieht, ist einzigartig – und wird die Gesellschaft so verändern, dass ein Leben wie in Vor-Corona-Zeiten schwer vorstellbar scheint. zum Artikel
76 Tage lang stand Wuhan still. Nun, da die Ausgangssperre aufgehoben ist, reiste Chinakorrespondent Bernhard Zand als einer der ersten Journalisten ins Epizentrum der Pandemie, um zu beobachten, wie das Leben nach dem Lockdown aussieht. Die Atmosphäre erinnerte Zand an die Stimmung in Berlin nach dem Mauerfall. »Mit einem Unterschied: Damals glaubten die Menschen, dass sie etwas Bedrückendes endgültig los waren. In Wuhan hat man den Eindruck, als würden die Leute sich noch nicht trauen, sich zu freuen.« Selten konnte Zand in China so ungestört recherchieren. Die Gespräche auf der Straße mit den Menschen, die langsam wieder aus ihren Wohnungen kommen, überwachte kein Polizist. Selbst manche Kader, die an den Ausgängen der Siedlungen die Einhaltung der nach wie vor strikten Ausgangsregeln kontrollieren, haben oft frei erzählt. Der Österreicher Zand stellte sich als Korrespondent des »deutschen SPIEGEL-Magazins« vor. Ein Passant meinte: »Deutschland: niedrige Mortalitätsrate. Österreich: sehr strikte Maßnahmen. Gut so.« zum Artikel
Monatelang konnte sich US-Präsident Donald Trump nicht entscheiden, ob er das Coronavirus ernst nehmen sollte. Ende Februar behauptete er noch, seine Regierung habe die Lage völlig unter Kontrolle, inzwischen verzeichnen die USA fast eine halbe Million Infizierte. Viele Krankenhäuser sind überlastet, vor allem in New York. Ein Team um René Pfister ging der Frage nach, ob die Supermacht implodiert. Washington-Korrespondent Ralf Neukirch reiste in den Süden des Landes, nach Texas und Louisiana. Er sprach mit Politikern und Ärzten in New Orleans, wo das Virus besonders wütet. Guido Mingels, der in San Francisco lebt, besuchte eine Essensausgabe im kalifornischen Alameda. Dort standen Hunderte Amerikaner, die wegen Corona den Job verloren haben, in einer Autoschlange an. Entlassene Hotelangestellte waren darunter, Flughafenarbeiter, Putzkräfte, oft mit Kindern. »Weil das soziale Netz so schwach ist«, sagt Mingels, »führt die Krise innerhalb weniger Wochen zu Szenen wie während der Großen Depression.« zum Artikel