AFFÄREN / MOOS-GRUPPE Tod in der Sonne
Mit aufgeschnittenen Schlagadern verblutete der Baseler Bankier Walter Germann, 57, in seinem Graubündener Chalet. Er beendete sein Leben am selben Tag, an dem in Braunschweig der Ferienhausgrossist Karl Heinz Moos, 46, wegen eines gerichtlichen Vergleichs vor seine Gläubiger treten mußte.
Moos war Großkunde der Kleinbank und Germann der letzte Bankier, der dem Braunschweiger blind vertraute. Als Treuhänder des Moos-Ferienfonds Suninvest (Slogan: »Durch und durch solide") hatte der Schweizer ein Fonds-Vermögen von rund 15 Millionen Mark ungeprüft verbürgt. Jetzt mußte das Baseler Bankhaus die Schalter schließen.
»Der Fall Moos hat Germann den Rest gegeben«, so lautet der Nachruf der Fonds-Verwalter auf ihren Treuhänder. Ihrem Hauptaktionär Moos bescheinigten sie: »Im Fonds stimmte vieles nicht. Moos hat ganz kräftig abgeschöpft. Wir haben 4,5 Millionen Franken Forderungen gegen ihn.«
Moos war der Cassius Clay der Branche, denn er behauptete: »Rothschild ist etwa halb so groß wie wir.« Er zauberte rund 40 Firmen -- die »Moos-Gruppe« -- aus dem Nichts, verschachtelte sie kunstvoll ("Alles vielfach gesichert"), warb in großem Stil ("Sonne in Privatbesitz") und verhökerte Südland-Bungalows.
Anfang der sechziger Jahre entdeckte er für sonnenhungrige Wohlstands-Teutonen die spanische Mittelmeerküste. Seine Interessen reichten von der Costa Brava bis in die Nähe des Affenfelsens von Gibraltar. Im spanischen Sand ließ er ein halbes Dutzend Ferienhaus-Kolonien entstehen, die ein Schweizer Bankier und andere Geldleute finanzierten. Als der Bungalow-Markt müde wurde, machte es Moos billiger. Er offerierte 30 000-Mark-Appartements in Logishäusern unter dem Klub- und Firmennamen »Weitring«. Die Käufer konnten innerhalb des Ringes ihren Ferienplatz beliebig tauschen.
Aber diese Idee zog nicht mehr. Appartements im Werte von fünf Millionen Mark blieben unverkauft. Enttäuscht verließen drei Geldgeber, darunter der Leder-Millionär Jakob Müller, die Weltring-Bau- und Finanz-GmbH & Co. KG; ihre drei Millionen Mark Kommanditeinlagen nahmen sie mit.
Um wieder zu Geld zu kommen, startete Moos im Herbst 1964 den Suninvest-Ferienfonds, den er zum Hauptgesellschafter der angeschlagenen Firma Weitring machte. Damit übernahm der Fonds alle Ladenhüter des Moos-Geschäfts, vom unverkauften Bungalow bei Marbella bis zum verschmähten Appartement in Torremolinos.
Fast 15 000 Zertifikate, die in der Schweiz aufgelegt wurden, konnte er absetzen und an dem Ertrag -- etwa 15 Millionen Mark -- partizipieren. Der grüßte Teil landete bei gutgläubigen westdeutschen Wertpapiersparern« denen Moos »Jahr für Jahr kostenfreies Ferienwohnen« in den südlichen Bungalows und Appartement-Häusern versprach. Für die redliche Verwaltung des Fonds-Vermögens verbürgte sich als Treuhänder die Bank Germann in Basel. Doch bis heute hat der Moos-Fonds noch keinen testierten Rechenschaftsbericht vorgelegt.
Schon vor zwei Jahren rügten die Prüfer der Züricher Revisionsgesellschaft Treuverkehr AG, daß »praktisch für alle Objekte« die Unterlagen fehlten. Vergebens mahnten die Revisoren die Bilanzen der hinter dem Fonds stehenden Moos-Firmen an. Schließlich resignierten sie und legten Ende 1965 ihr Mandat mit Eklat nieder.
Zehn Tage später beglaubigte Treuhänder Walter Germann einen Suninvest- »Vermögensausweis« über 14,9 Millionen Franken. Nach weiteren sieben Tagen verkündete Moos, daß der Wert des Fonds auf 16,3 Millionen Franken gestiegen sei- Der Sonnenmakler benutzte den Rausch der großen Zahlen, um neue Finanziers anzulocken.
Er fand sie unter anderem in dem Pegulan-Fabrikanten Fritz Ries, der Berliner Star-Architektin Sigrid Kressmann-Zschach und der Nachlaßverwaltung des verstorbenen Frankfurter Grandhoteliers Albert Steigenberger. Als der Firmenkonstrukteur Anfang 1966 seine Braunschweiger Hauptfirma in die Holding Karl H. Moos KG umwandelte, wurden die neuen Geldgeber mit 2,7 Millionen Mark Einlage Kommanditisten.
Moos verhieß ihnen 15 Prozent Rendite, aber statt Profit machte er Schulden. Im März bot er dem Chef der Stuttgarter Contracta, Rudolf Ratzel -. seinem ärgsten Rivalen -, Grundstücke an, um mit Contracta-Geld einen gerichtlichen Vergleich zu ermöglichen.
Mit vier Jahresraten wollte er die Pfänder später wieder auslösen. Doch Ratzel ("So stopft der doch seit Jahren immer nur Löcher zu") lehnte ab.
Auch Bankier Germann rettete den Freund nicht mehr. Im Februar war seine Banque Commerciale de Monaco zusammengebrochen, und in seiner Baseler Bank (vier Millionen Franken Kapital, 26 Millionen Bilanzsumme) stand die Bankenrevision ins Haus.
Germann starb in seinem Graubündener Chalet Sonnenhalde in Klosters. Der Zusammenhang zwischen dem Tod des Chefs und der Situation des Braunschweiger Großkunden sei »ganz klar«, versichert die Bankdirektion. »Moos hat drei Jahre überlebt dank dem Fonds und uns.
Der Ferienhaus-Makler bewahrte sich indes sein sonniges Gemüt: »Da ist ja keine Verschuldung, da war nur die Liquiditätsschwäche.«