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WOHNUNGSBAU Total abschreiben

aus DER SPIEGEL 19/1999

Eine Untersuchung im Auftrag des Bonner Bauministeriums hat gravierende Fehler bei der Förderung des Wohnungsbaus und der Stadtsanierung in Ostdeutschland offengelegt. Der Wohnungsneubau, forciert durch großzügige Möglichkeiten der Steuerabschreibung, habe in den ostdeutschen Großstädten zu einem »beträchtlichen Wohnungsleerstand« geführt, heißt es in dem Gutachten des Berliner Wirtschaftsforschungsinstituts Empirica.

Allein in der Region Berlin stehen 60 000 Wohnungen leer, in Leipzig sind es 45 000. Und die Zahl wird nach Auffassung der Gutachter weiter anwachsen. Für die Messestadt prognostizieren sie für das Jahr 2010 einen Leerstand von 85 000 Wohnungen.

Betroffen sind vor allem Altbauviertel, darunter auch für das Stadtbild wichtige Gründerzeit-Gevierte. Wie dramatisch sich die Fehlentwicklung der letzten Jahre auf die Stadtplanung auswirkt, zeigen die Gutachter am Beispiel von Leipzig. Bis zu 1500 Gründerzeit-Häuser, teilweise ganze Blöcke, die immer mehr verfallen, müßten abgerissen werden. Denn unmodernisierte Altbauten seien »nicht zu bewirtschaften«. Die Bauträger liefen Gefahr, »den gesamten Kaufpreis abschreiben zu müssen«. Aber auch bei Sanierungen werde am Bedarf vorbeigeplant. Ein Fehler sei es gewesen, große Gründerzeit-Wohnungen in kleine aufzuteilen. Familien seien so gezwungen worden, an den Stadtrand in Reihenhäuser zu ziehen. Auch wurde das Umfeld vergessen. Fehlende Grünanlagen und Parkplätze machten selbst aufwendig sanierte Wohnungen auf Dauer unattraktiv.

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