Travolta: Bügelfrei, hautsympathisch
Er sei der perfekte Star der 70er Jahre, heißt es unter Hollywood-Produzenten über John Travolta. Tatsächlich verkörpert er den Typ des bedingungslos angepaßten Freizeithelden. der nach den rebellischen 60er und den ausgeflippten frühen 70er Jahren als jugendliche Identifikationsfigur gefragt ist.
Der nette Junge von nebenan mit dem frech-verträumten Lächeln, der auch mal einer alten Dame über die Straße helfen würde, mausert sich in »Nur Samstag Nacht« zum Stenz nach Feierabend. Dann betritt er, ein Gladiator des Narzißmus, im Executive-Look mit weißem Westenanzug und offenem Hemd, mit hochgefönter Haartracht und wippenden Schritten die Sinnes-Arena der Großstadtkultur. die Disco.
Travolta, das ist fleischgewordene Spray-Ästhetik, parfümierter Proletkult. Selbst wenn er. wie in »Schmiere«, Brandos Lederjacke und Elvis' Schmalzlocke trägt, haben diese einstigen Insignien des Protestes an ihm nur den Accessoire-Charakter gängiger Boutiquen-Mode. Der ganze Kerl ist bügelfrei und hautsympathisch.
Das trifft nicht nur auf seine Leinwanderscheinung zu. Hollywoods Klatschkolumnisten, sonst an Rauschgiftaffären, Sexskandale oder Scheckbetrügereien gewöhnt, stochern findungslos in Travoltas Privatleben herum. Dem Bruder Leichtfuß auf dem Tanzboden sind keine moralischen Fehltritte nachzuweisen. Im Gegenteil. Sein offensichtlicher Hang zu älteren Frauen -er war lange mit der 18 Jahre älteren Schauspielerin Diana Hyland liiert, die während der Dreharbeiten zu »Nur Samstag Nacht« an Krebs starb -- verleiht ihm eher das Flair eines herzigen Witwentrösters.
Als ebendieser Typ wird er demnächst auch auf der Leinwand zu sehen sein. In dem Film »Moment to Moment« spielt Travolta als Partner von Lily Tomlin einen kleinen Ladengehilfen, der sich in eine ältere Frau verliebt und ihr so über die Schmerzen einer Scheidung hinweghilft. Nicht von ungefähr trägt sein nächster Film denn auch den Titel »American Gigolo«.
Als eines von sechs Kindern einer kunstsinnigen Familie an der amerikanischen Ostküste aufgewachsen, stand der heute 24jährige Travolta schon mit neun Jahren auf der Bühne. Seine ersten Tanzschritte lernte er in der Tanzschule von Gene Kellys Bruder Fred. Mit 16 ging Travolta nach New York, wo er kleine Rollen in Musicals spielte, unter anderem auch in der Tournee-Theater-Version von »Schmiere«.
Der Durchbruch vom Chorknaben zum Star gelang ihm, als man ihm eine der Hauptrollen in der TV-Serie »Welcome Back Kotter« gab. Die ihm daraufhin angetragenen Schallplattenangebote erfüllte er mit eher bescheidenem Erfolg. Daß er kein begnadeter Sänger ist, beweist er erneut in »Schmiere«.
Die Fernsehserie öffnete ihm Hollywoods Studiotüren. In Brian de Palmas Gruselsehocker »Carrie« gab er sein Leinwanddebüt als Opfer eines mit übersinnlichen Kräften begabten jungen Mädchens. Schließlich wurde er vom Musik- und Filmproduzenten Robert Stigwood entdeckt, der mit ihm für eine halbe Million Dollar plus Beteiligung an den Profiten einen Vertrag für drei Filme abschloß.
»Nur Samstag Nacht« machte Travolta zum Star und Millionär. Mit einem neuen Fünf-Filme-Vertrag in der Tasche und dem für Schauspieler äußerst seltenen Privileg, die Endfassung seiner Filme bestimmen zu können, steht Travolta auf der Höhe seines Ruhms.
Es sieht aus, als würde die Disco-Version des Portokassenjünglings nicht nur einen Sommer tanzen.