STUDENTEN / SEX-REPORT Treue und Triebe
Hans-Ernst Christiansen, 26, schrieb »zur Erlangung des Grades eines Doktors der Zahnmedizin« eine Arbeit über Körperregionen, die gemeinhin Leute seines Fachs in der Berufspraxis selten beschäftigen: Er untersuchte die »Unterschiede im Sexualverhalten männlicher und weiblicher Studenten«. Jüngst kam diese Doktorarbeit in die Bibliotheken.
Das Thema verdankte der angehende Zahnarzt Deutschlands einzigem Sex-Professor, Hans Giese, der in Hamburg das Universitäts-InstitUt für Sexualforschung leitet.
Vor drei Jahren hatte Giese Fragebögen an Hamburgs studentische Jugend verteilt, um ihre Sex-Gewohnheiten zu erforschen. Einer der Studenten, die Auskunft über ihre Intimsphäre gaben, war Christiansen. Erst schrieb er selber, wie es so war, dann erlaubte ihm Giese, sich ein Teilthema herauszugreifen und des Professors gesammelte Liebesdaten durchzusehen. Den Endbericht will Giese demnächst veröffentlichen.
Mit einer Fülle von Prozentzahlen versuchte Doktorand Christiansen, das Liebesleben der Hamburger Studenten übersichtlich zu ordnen. Eines der Ergebnisse: Hamburgs Hochschüler sind keusch. Jeder dritte Student kennt Intimbeziehungen nur vom Hörensagen, und beinahe jede zweite Studentin (45 Prozent) hat ihre Unschuld noch nicht verloren.
Studentinnen, so fand Christiansen heraus, können auch lieb-los glücklich sein: 16 Prozent spüren kein Verlangen nach »Sexualbetätigung«, aber nur drei Prozent der Kommilitonen sind ähnlich genügsam. Dagegen wünschen sich 63 Prozent der Studenten und 39 Prozent der Studentinnen diese Betätigung »häufiger«, als es ihnen Zeit und Partner erlauben.
Wie im Wunschdenken so liegen auch in der Wirklichkeit die Männer vorn: 30 bis 50 Kohabitationen als »monatliche Frequenz« gaben fünf Prozent der Studenten im Alter von 19 bis 21 Jahren an; bei den Studentinnen waren es null Prozent. Doch schon zwischen 22 und 24 Jahren werden die Männer müder (vier Prozent) und die Frauen munterer: Zwei von hundert gelangen in die Top-Frequenz.
Mit zunehmendem Alter scheiden beide Geschlechter schnell aus dieser Leistungsklasse aus. Das Gros der Endzwanziger meldet nur noch zwei bis fünf Intimkontakte pro Monat.
Auf die Frage nach dem »Alter beim ersten Koitus« gaben jeder vierte Student und jede vierte Studentin an, sie seien »über 20« gewesen. Aber während immerhin 26 Prozent der Studenten vor Beginn des Wehrdienstalters (18 Jahre) schon den ersten Minnedienst geleistet hatten, gaben nur acht Prozent der gleichaltrigen Studentinnen den gleichen Tatbestand zu Protokoll.
Die Orts-Angaben hingegen differierten kaum. 38 Prozent der Herren und 39 Prozent der Damen begannen ihr Liebesleben in der elterlichen Wohnung. Weit weniger häufig war die Premiere »im Freien« (13 und elf Prozent). Zimmerwirtinnen haben offenbar auf ihre möblierten Herren ein wachsameres Auge als auf Damen, denn nur 20 Prozent der Studenten (gegenüber 36 Prozent der Studentinnen) gaben ihr Sex-Debüt in der Mietbude.
Aufgrund der Zahlenkolonnen kam Christiansen zu der Erkenntnis, für die Studentinnen sei die Liebesbeziehung »von elementarer Bedeutung«, hingegen suche der Student eher nur »seinen Trieb zu befriedigen«. So nahm es Christiansen auch nicht wunder, daß drei Viertel »aller aktiv liebenden Studentinnen« einen »langfristigen« oder gar einen »Dauerpartner« haben, während nur jeder zweite Student so abwechslungslos liebt und jeder dritte auf Intimkontakte mit »überwiegend kurzfristigen und Gelegenheitspartnern« ausgeht.
Kommentar des Daten-Deuters Christiansen, der heute als Zahnarzt bei der Luftwaffe dient: »Die Treue scheint für die Studentin von größerer Bedeutung zu sein als für die Studenten.«