Typisch kleinkariert
(Nr. 30/1973. Justiz; und Nr. 33/1973, Radikale)
Es gibt keinen Grund, verfassungsfeindliche Organisationen bestehen zu lassen. Es gehört aber auch Mut dazu, einen ordentlichen Rechtsweg einzuschlagen, anstatt sich durch Erlasse für die nächste Wahl zu profilieren. Auch die Meinung dürfte sich erübrigen: Es gäbe kein Grundrecht, Richter zu werden, es gäbe nicht einmal ein Recht auf Anstellung im öffentlichen Dienst. Es gibt aber ein Recht, daß keiner, der nicht ordnungsgemäß verurteilt worden ist, in seinen Grundrechten nicht eingeschränkt werden darf, und jeder hat ein Recht auf freie Wahl des Berufes und des Arbeitsplatzes. Dieser Erlaß ist ein Menetekel dafür, daß wir bei uns kaum noch von einem Rechtsstaat sprechen können.
Herzogenrath (Nrdrh.-Westf.)
HELMUT CHRISTIANSEN
Die Haltung der FDP-Minister Weyer und Riemer im Fall Götz entspricht einer typisch deutschen kleinkarierten bürgerlichen Ideologie, die undemokratisch ist und wiederholt zur Groteske führte. In einer pluralistischen Gesellschaft mit einer parlamentarischen rechtsstaatlichen Demokratie sollten logischerweise alle politischen Gruppen im öffentlichen Dienst vertreten sein.
Isernhagen (Nieders.) L. WIENHOLD
1000 und 2000 Alt- und Neonazis, welche in der Tat unverbesserlich sind, sind in der Justiz und auch anderswo im Staatsdienst in diesem Land keine Gefahr, weil sie staatskonform handeln, aber ein Idealist und Kommunist hebt die ach so feste Bundesrepublik aus den Angeln.
Waiblingen (Bad.-Württ.) H.. PALMER
Wenn die Einstellung eines Bewerbers in den öffentlichen Dienst lediglich wegen dessen Mitgliedschaft in einer legalen -- da nicht verbotenen -- Partei verweigert wird, drängt sich dem aufmerksamen Staatsbürger gleich einem Alptraum der furchtbare Verdacht auf, gerade diejenigen könnten sich verfassungsfeindlich verhalten, die vorgeben. sie um jeden Preis schützen zu wollen. Das kann doch nicht sein, oder ...?
Arnsberg (Nrdrh.-Westf.)
DETLEV-JÜRGEN DOLLE
Bei den Berufsverboten handelt es sich, wie es mein Kollege Ulrich K. Preuß einmal treffend formulierte, um die soziale Enteignung, ja die soziale Ausbürgerung bestimmter Gruppen. Daher wird das Vorhandensein von Berufsverboten zum Krisenpunkt des freiheitlichen demokratischen Selbstverständnisses. Einer der linken Vorwürfe an den Staat des Bonner Grundgesetzes besteht darin, daß die liberale Rechtsordnung vorrangig den Charakter des Klassenstaats zu schützen habe, der Gewaltenteilung nur als formales Organisationsprinzip kenne, weil sich in jeder Teilgewalt lediglich die herrschende Klasse repräsentiere. Die Tünche des liberalen Rechtsstaats fällt jedesmal dann ab, wenn es um -- selbst nach den eigenen Verfassungsvoraussetzungen -- legale Angriffe gegen die herrschende Klasse geht. Daß Berufsverbote zum Schutz der Demokratie für notwendig gehalten werden, bedeutet eine eklatante Legitimationsschwäche des freiheitlichen Staates. Denn so wie sich der Machtstaat durch die Verwirklichung der Macht legitimiert, legitimiert sich der freiheitliche Staat durch die Verwirklichung der Freiheit. Auf die Verhängung von Berufsverboten nicht verzichten hieße, linke Gesellschaftskritik in einem wichtigen Punkt bestätigen.
Bremen DR. JUR. LUTZ DIETZE
Professor für öffentliches Recht
Zahllose Richter und Staatsanwälte sind nach dem Kriege ohne Pensionsanspruch unter dem fadenscheinigen Vorwand, den Nationalsozialismus, den sogenannten Unrechtsstaat, durch ihr Wirken unterstützt zu haben, aus dem Dienst entfernt worden. Sofern sie noch leben, müssen sie sich zum Teil als Hilfsarbeiter kümmerlich durchschlagen! Da ist es doch wohl nicht mehr als recht, daß unser freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat Leute wie Herrn Götz auch nicht besser behandelt.
Detmold H. G. WINKELMANN
Vom eigenen Egoismus getrieben, den sie hinter der Fassade eines angeblichen freiheitlichen Rechtsstaates verbergen, müssen die Sozialdemokraten folgerichtig gegen eine kommunistische Partei und deren Anhänger sein. Die SPD hat aus der Geschichte nichts gelernt, sie ließ und läßt sich treiben, indem sie wie in der Weimarer Republik durch Polizeiterror gegen Sozialisten vorgeht, ohne zu merken, daß sie sich selber wie damals schadet. Sie hilft Vorurteile verbreiten, daß dem Kommunismus Ideale des Humanismus, die Ideale menschlichen Glücks fremd seien, und so kennen viele Menschen den Kommunismus nur vom Hörensagen.
Marienheide (Nrdrh.-Westf.) JOSEF SVEHLA
Volker Götz ist Mitglied der DKP und sehr aktiv tätig. Dieser Personenkreis gehört nicht in den Richterstand.
Düsseldorf GEORG ENGLISCH
Ist unsere Demokratie mit 25 Jahren nun erwachsen oder nicht? Wenn sie erwachsen ist, muß sie in der Lage sein, den DKP-Richter Götz und ein paar DKP-Lehrer zu vertragen, so wie es unsere gewiß nicht demokratischeren Nachbarn, die Franzosen, auch können. Genscher & Co. stellten sich ein Armutszeugnis aus, was gar nicht so schlimm wäre, wenn sie gleichzeitig nicht auch unserer Demokratie ein Armutszeugnis ausstellten, indem sie glauben, eine erwachsene Demokratie könne durch ein paar DKP-Beamte aus den Angeln gehoben werden.
Porz (Nrdrh.-Westf.) DIRK THIERMANN
In diesem Gutachten macht sich Herr Stakemeier Theorien mittelalterlicher Jurisprudenz zu eigen. Hexenverdächtige Weiber warf man seinerzeit ins Wasser. Konnten sie schwimmen, waren ihre Hexeneigenschaften erwiesen, und sie durften getrost verbrannt werden. Ihre Unschuld konnten sie nur durch Ertrinken beweisen. Adäquat empfiehlt Herr Stakemeier mit DKP-Aspiranten umzugehen. Bleibt einer trotz angedrohter Repressalien seiner Überzeugung treu, das Grundgesetz sei für alle da, so ist erwiesen, daß er ein unverbesserlicher Staatsfeind ist. Es ist schon bewundernswert, was sich zur Zeit intelligente Leute an Spitzfindigkeiten und Tollheiten ausdenken, um die simpelsten Verfassungsgrundsätze außer Kraft zu setzen.
Bremen DR. JUR. KLAUS HÜBOTTER
Wenn Weyer, Riemer und CDU-Gesinnungsgenossen die modernste Form der Demokratie genießen wollen, dann müssen sie nach Griechenland auswandern. Wir zurückbleibenden, politisch ebenfalls mündigen Bürger indes wollen versuchen, die Demokratieform des griechischen Altertums zu praktizieren, in der man noch freie politische Meinungsbildung kannte, ohne deshalb berufliche Mißerfolge einstecken zu müssen.
Hagen (Nrdrh.-Westf.) KLAUS E. JOST
Der Assessor Götz darf nicht Richter werden! Wo kämen wir denn hin, wenn im Zweifelsfall ein bolschewistischer Gerichtsvorsitzender möglicherweise zugunsten des wirtschaftlich Schwächeren entscheiden könnte!
Darmstadt HORST PASEWALDT