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»UAAA, UAAAAH...«

aus DER SPIEGEL 45/1966

Das CSU-Parteiblatt »Bayern-Kurier« über die Jagderlebnisse seines Herausgebers Franz-Josef Strauß in Persien, das er Ende September bereiste:

Mit kritischer Distanz hat der Bochumer Journalist und Jagdpublizist - Franz-Joseph Granderath den CSU-Landesvorsitzenden Dr. Franz-Josef Strauß auf seiner Jagdsafari im zentralasiatischen Jagdgebiet des Schah-in-Schah von Persien begleitet. »Strauß ist nicht nur ein hervorragender Schütze, sondern für Jagdgäste seines Ranges von einer geradezu vornehmen Zurückhaltung. Wer in einem Jagdparadies, in dem noch alles Wild der Welt vereint lebt, glücklich über den Abschuß seines ersten Keilers, auf sensationelle Trophäen wie Panther, hochkapitale Hirsche und Bären verzichtet, der kann kein maßloser Schießer und Fleischmacher sein«, schreibt Granderath. »Ich war von Strauß als Weidmann außerordentlich beeindruckt.« Doch hier sein Bericht...

»Heute darf Strauß alles schießen, was sein Herz begehrt. Er ist Gast der iranischen Staatsregierung. Nur in die Nähe eines lehmgebackenen Dorfes soll er nicht geführt werden; ein angeschossener Bär wütet hier, schlug in zwei Tagen drei Kälber und ließ sich von vier axtbewehrten Bauern nicht in die Flucht schlagen. Zu gefährlich - so meinen die Gastgeber - für Strauß ...

Mit dem ersten violetten Schimmer am Horizont dröhnt der Schrei eines brunftenden Hirsches zu uns, findet schnell vielfache Antwort von Rivalen, wütenden Gegnern. Unser Führer, Mohammed Hassan Rahimy, mit seiner Turkmenenmütze aus Pelz, ruft durch das Horn zurück: »Uaaa, uaaaah ...« Zornig kommt die Antwort. Es muß ein hochkapitaler Hirsch sein. Er nimmt die Aufforderung an. Röhrend zieht er, für uns noch nicht sichtbar, an den Rand unermeßlicher Steineichenwälder auf eine Blöße. Strauß kriecht ihm entgegen durch Sträucher und wilde Hecken, mannshohes Buschgras und Wälle aus Dornen. Sie hinterlassen an jeder ungeschützten Stelle der Haut blutende Wunden, stechen durch Pelz und Leder. Wohl 400 Meter steht der Hirsch noch entfernt. Da bleibt seine Antwort plötzlich aus. Strauß springt hoch und schüttelt den Kopf. Er gibt auf, hat zuerst bemerkt, daß der Wind umgeschlagen ist und unsere Witterung den Hirschen zuträgt. Sie sind geflüchtet - alle Mühe war umsonst. Flüsternd beraten die Jagdführer. Wieder auf die Pferde!

Bergauf, bergab, Wälder, Steppen, Steinwüsten, Wildschweine flüchten in Rotten von fünfzig bis sechzig Stück. Öfter als einmal sehe ich Strauß anlegen, aber für einen Schuß

ist es zu spät. Acht Stunden Pirsch verstreichen erfolglos. Selbst die erdgebundenen Begleiter sind erschöpft.

Ermattet läßt sich Strauß gegen Mittag ins Laub fallen. Bald hört man ihn ebenso laut schlafen wie seine Begleiter. Schnarchen ist international...

Am Abend in der Jagdhütte, nach sechs Flaschen Soda, lehnt Strauß eine Wildschweinjagd im Scheinwerferlicht ab. Furcht vor der Wiederholung einer goldenen Stunde? »Es mag genug sein!« Stunden später hört Strauß zum erstenmal von dem gefährlichen kapitalen Bären, der für ihn aus Sicherheitsgründen tabu sein soll. Alle Nerven sind wieder wach. Noch in der Nacht will er zu neuen Strapazen aufbrechen. Der beste Führer wird ausgewählt, das erfahrenste Team wird für Strauß zusammengestellt.

Elf Stunden reitet, pirscht, robbt und rennt Strauß am zweiten Tage den Fährten des Bären nach, versucht dann noch einmal das Glück bei den Hirschen zu fassen. Schließlich finden ihn die suchenden Gendarmeriebeamten: Der Ministerpräsident erwartet Strauß in Teheran. Die Sondermaschine der Armee fliegt schwer mit dem Keiler und dem Steinbock von Strauß . . .«

Strauß

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