Übelkeit und Tränen
(Nr. 27/1978, SPIEGEL-Report; SPIEGEL- Interview mit Industrieverbands-Präsident Fasolt: Parteienfinanzierung aus Staats- und Unternehmenskassen) Die geballte Faust im Hosensack -- mehr kann Ihr Artikel in einem solch korrupten Staat nicht sein. Die »Entscheider« entscheiden für sich und ihren eigenen Vorteil. Den kleinen, dumm gehaltenen Bürgern werden dann in der Wahlschlacht mit Parteien-Luftballons und anderem unnützen Zeug ein paar angestaute Tränen abgewischt. Und diese enormen »Spenden«-Summen von Firmen: Von wem nehmen die Unternehmer denn das Geld? Doch nur wieder von dem, der es mit seiner Hände Arbeit erwirtschaft hat? Wohltäter wollen die Herren sein, die dann sogar noch mit einer großherzigen Spende an die Kirche sich den (Schein-)Heiligen-Schein anlegen.
Kempten (Bayern) P. MATTHIAS DOLL
Betriebsseelsorger
Ihr sonst sehr verdienstvoller Bericht über das Finanzgebaren von Parteien und Parlamentariern enthält eine nicht ganz richtige Feststellung: Die christdemokratische Anstiftung zur Steuerhinterziehung eigne sich nicht als Wahlkampfmunition, denn alle staatstragenden Parteien hätten mit solch zwielichtigen Praktiken ihre Kasse gefüllt.
Daß die etablierten Parteien das genannte Thema eher meiden werden, mag wohl sein. Wenn aber in den bevorstehenden Wahlkämpfen »Alternative Listen« auftreten, werden die Wahlbürger auch gefragt werden, ob sie künftig Parteien, die sich durch Steuerhinterziehung finanzieren, noch Vertrauen entgegenbringen. Dann wird es CDU, CSU, SPD und FDP wenig helfen, wenn sie sich und ihren Mäzenen großzügig per Gesetzesänderung einen Freispruch vom Vorwurf der Steuerhinterziehung genehmigen. Abgesehen davon, daß man auf die entsprechende Gesetzesvorlage gespannt sein darf: Soll in Zukunft die Einreichung fingierter Belege beim Finanzamt zulässig sein?
Berlin OTTO SCHILY
Rechtsanwalt
Meine Bedenken gegen die Finanzierung der parteinahen Stiftungen (Adenauer-, Ebert-, Naumann-, Seidel-Stiftung) durch staatliche Globalmittel sind korrekt zitiert. Kein anderer Träger politischer Bildungsarbeit ist an dem Topf »Globalmittel« beteiligt. Aber die Crux ist doch: Es gibt keine politisch wünschbare Alternative zur staatlichen Alimentierung der Parteistiftungen. Dreht man denen den Hahn zu, gefährdet man Nachwuchsrekrutierung der Parteien und wissenschaftlichen Reflexion und Durchdringung der Parteipolitik. Das gleiche passiert, wenn man die Gelder direkt den Parteien zukommen läßt. Denn mit Sicherheit steht irgendeine »wichtigste Wahl in der Nachkriegsgeschichte' an. Und weg sind die Gelder.
Darmstadt DR. HENNING VON VIEREGGE
Ich werde jedesmal von Übelkeit befallen. Dieselben Leute, die die Nase rümpfen über den Verfall der Steuermoral und über angeblich überzogene Lohnforderungen, bereichern sich schamlos an Steuergeldern. Die Ausmaße der Erhöhung der Parlamentarier-Bezüge sind ein Tritt in den Hintern der arbeitenden Bevölkerung.
Bochum CLAUS MINGST
Wenn die Parteien mit dem Hinweis auf ihre verfassungsorganschaftliche Stellung Wahlkampffinanzierung aus dem Steuersäckel durchgesetzt haben, wäre es nur konsequent, den Rechnungshöfen des Bundes und der Länder eine Kontrolle über die Verwendung dieser Gelder einzuräumen. So könnten Aktionen wie das Verteilen von Aufklebern, Luftballons und Kugelschreibern beanstandet und im Interesse einer sparsamen Verwendung von Steuergeldern abgeblockt werden.
Bremen/Bielefeld THOMAS GERLOFF
ich möchte nur sagen, daß die Bundes- und Länderregierungen unseres Staates sich glücklich schätzen dürfen, ein derart lethargisches Volk regieren zu können, das vieles mit sich machen läßt. Ich frage mich nur, warum sich Politiker über eine gewisse »Staatsverdrossenheit« in der Bevölkerung wundern.
Bonn PETER SCHÜLER
Schön wäre es, wenn Sie mal einen Politiker vorstellten, der an die Bundesrepublik denkt und nicht an seine Brieftasche. Aber das wird wohl kaum möglich sein.
Garbsen (Nieders.) HANS-ERICH STROEHMER
Eine bundesweite Opposition ist bereits da. Bei der nächsten Bundestagswahl verteilt der Bürger die Diäten!
Hilchenhach (Nrdrh.-westf.)
EBERHARD WAGNER