Reaktionen auf Scholz-Erklärung zum Krieg »Um Freiheit und Menschenrechte muss man aber kämpfen«

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Archivbild) fordert konkretere Aussagen von Olaf Scholz
Foto:Kay Nietfeld / dpa
Seit Tagen wird Bundeskanzler Olaf Scholz auch aus der eigenen Koalition gedrängt, sich zur Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine zu positionieren. In einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz am Dienstag beantwortete er die Frage mit einem »Ja, aber«: Dass die Ukraine schwere Waffen von Nato-Ländern erhält, unterstützt Scholz. Direkt aus Deutschland sollen sie aber nicht kommen.
Scholz sagte der Ukraine zu, direkte Rüstungslieferungen der deutschen Industrie zu finanzieren. Die Ukraine habe sich von einer Angebotsliste Rüstungsgüter ausgesucht, die von der Bundesregierung finanziert würden. Darunter seien wie bisher Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrgeräte, Munition »und auch das, was man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann«.
Scholz sprach aber nicht von Artilleriegeschützen selbst – im Gegensatz etwa zu US-Präsident Joe Biden und dem britischen Premier Boris Johnson, die die Ukraine jeweils mit weiteren Artilleriegeschützen unterstützen wollen (Lesen Sie hier alle Entwicklungen im News-Update).
Weiter sagte Scholz, dass Nato-Partner, die Waffen sowjetischer Bauart in die Ukraine liefern, aber Ersatz aus Deutschland erhalten könnten. »Das ist etwas, was wir mit vielen anderen zusammen machen, die den gleichen Weg einschlagen wie wir.« Sofortige Einsetzbarkeit und Verfügbarkeit seien bei den Waffenlieferungen wichtig, sagte Scholz.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann begrüßte, dass Scholz diesen Vorschlag aufgegriffen habe, kritisierte den Kanzler aber erneut. »Um Freiheit und Menschenrechte muss man aber kämpfen, die bekommt man nicht geschenkt. Dafür kam heute noch zu wenig Konkretes.« Deutschland laufe noch zu sehr hinterher, schrieb sie via Twitter mit Blick auf andere Länder.
1/2 Dass BK Scholz Vorschlag aufgreift, für Ukraine sofort bedienbare Waffen über osteuropäische Partner zu liefern, die wir kompensieren, begrüße ich. Um Freiheit und Menschenrechte muss man aber kämpfen, die bekommt man nicht geschenkt. Dafür kam heute noch zu wenig Konkretes.
— Marie-Agnes Strack-Zimmermann (@MAStrackZi) April 19, 2022
Kritik erneut auch aus der Union
Der Grünen-Politiker und Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, hat angesichts der jüngsten Erklärung von Scholz weiter schwere Waffen für die Ukraine gefordert. »Das war ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, aber wirklich entscheidend ist, dass die Ukraine jetzt schnell auch schwerere Waffen bekommt«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) . »Die Offensive im Osten der Ukraine hat bereits begonnen. Und man sollte nicht vergessen: Deutschland ist das wirtschaftsstärkste Land in der Europäischen Union, und deshalb sollten wir deutlich mehr tun.« Deutschland müsse »direkt mehr Waffen liefern und ein Ölembargo umsetzen«, sagte Hofreiter.
Strack-Zimmermann und Hofreiter hatten gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Michael Roth (SPD) in Lwiw ukrainische Abgeordnete getroffen.
Zu wenig - zu spät. Das bleibt die bittere Bilanz nach der Pressekonferenz von @Bundeskanzler
— Johann Wadephul (@JoWadephul) April 19, 2022
Deutschland liefert weiter keine schweren Waffen, d.h. lässt die #Ukraine im Stich. 1/3
Auch aus der Union kam erneut Kritik. »Zu wenig – zu spät«, das bleibe die bittere Bilanz nach der Pressekonferenz von Scholz, schrieb der stellvertretende Unionsfraktionschef Johann Wadephul (CDU) bei Twitter. »Deutschland liefert weiter keine schweren Waffen, das heißt, lässt die Ukraine im Stich.« Oppositionsführer Friedrich Merz retweetete den Post.
Deutschland hat bisher unter anderem Panzerfäuste, Luftabwehrraketen und Maschinengewehre geliefert, außerdem Fahrzeuge, Nachtsichtgeräte und Schutzausrüstung. Die Ukraine fordert aber auch schwere Waffen wie Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und Kampfhubschrauber. Am Karfreitag war bekannt geworden, dass die Regierung Gelder zur Anschaffung von Militärgerät für die Ukraine deutlich aufstocken will. Das ersetze nicht die Notwendigkeit, schnell Waffen zu liefern, heißt es seitdem von Scholz-Kritikern.