Zur Ausgabe
Artikel 79 / 86

Briefe

Unguter Geschmack
aus DER SPIEGEL 48/1976

Unguter Geschmack

(Nr. 45/1976, Griechenland: SPIEGEL-Report über den Umgang der gestürzten Athener Obristen-Junta mit westdeutschen Journalisten)

Nach Ihrem Bericht soll die Athener Generaldirektion für Presse und Information vermerkt haben, für mich liege eine »genehmigte Befürwortung für Gastfreundschaft in Griechenland vom Februar 1973 vor«, doch gebe es keine Unterlagen dafür, daß ich tatsächlich in Griechenland gewesen sei. Der angeblichen, mir unbekannten Einladung konnte ich schon deshalb nicht folgen, weil ich seit dem 15. Dezember 1972 mit Knochen- und Gelenkbrüchen drei Monate in Gips lag und danach wegen einer Sudeckschen Krankheit fast zwei Jahre an Krücken gehen mußte.

Ottobrunn (Bayern) WINFRIED MARTINI

Die Sendungen des Fernsehens im III. Programm für die Gastarbeiter aus fünf Nationen sind Programme des Westdeutschen Rundfunks. Für die Produktion erhält der WDR Zulieferungen aus den »Entsendeländern« ohne jede Bedingung hinsichtlich Auswahl, Inhalt und Aussage (Text). Da Griechenland kein eigenes Fernsehen besaß, fanden darüber im Oktober/November 1965 mit der Kgl. Griechischen Botschaft in Bonn Verhandlungen statt mit folgendem Ergebnis:

Die zuständige Redaktion des WDR erhält jeweils eine Kopie der Kino-Wochenschau zur freien Auswertung.

Das Griechische Informationsamt (Ministerium beim Ministerpräsidenten) stellt -- je nach Bedarf und ohne jede Auflage -- ein- bis zweimal jährlich einen Freiflug für ein Aufnahmeteam einschließlich Obergepäck zur Verfügung, um die Produktion von Unterhaltungsbeiträgen (Schlager, Folklore, Tänze und so weiter) und anderer für die Gastarbeitersendung geeigneter Filmberichte zu ermöglichen.

Diese Zusage wurde eingehalten, auch von der Junta. Die griechische Militärregierung hat nur einmal die Bedingung gestellt, beabsichtigte »Interviews auf offener Straße« vorher anzumelden. Das Aufnahmeteam unter der Leitung des Mitarbeiters Bernhard List hat auf »Straßeninterviews« verzichtet. Im ersten Jahr der Militärdiktatur hat der Presserat der Griechischen Botschaft in Bonn wiederholt gegen die »regierungsfeindliche Haltung« der WDR-Sendungen protestiert und die Ablösung des Mitarbeiters Basil Mathiopoulos gefordert, in jeder Hinsicht ohne Erfolg. Es ist weder der Mitarbeiter Mathiopoulos abgelöst worden, noch hat die Redaktion eine Haltung zugunsten der Junta eingenommen. Jinser Mitarbeiter Bernhard List hat weder Filmberichte nach den Wünschen der Junta gedreht, noch hat er Versprechen abgegeben, sich um eine »Klimaverbesserung« in der Redaktion zu bemühen. Bernhard List hat auch alle Filmberichte über prominente Regimegegner, wie Mangakis. Papandreou, Melina Mercouri und andere, selbst und ohne Anpassung an Junta-Wünsche realisiert.

Unseren Mitarbeiter Bernhard List also in die Nähe von »Bakschisch-Journalismus« zu rücken -- und diesen Eindruck erweckt der SPIEGEL in seinem Artikel »Aufwand für Veröffentlichungen« -- grenzt an Rufmord.

Köln FRIEDHELM PORCK Leiter der Redaktionsgruppe Wirtschafts- und Sozialpolitik WDR-Fernsehen

Was soll man denn den Journalisten noch glauben? Sicherlich gibt es auch korrekte und sachliche Berichterstatter, aber es bleibt nach der Lektüre des Beitrages doch ein unguter Geschmack zurück. Wie schon oft kann man es erleben. daß »Kritiker« etwas loben oder herunterreißen, was man selbst miterlebt hat und davon einen ganz anderen Eindruck hatte als der Rezensent. Sicher, irren ist menschlich, aber wenn man das Lob oder den Tadel vervielfacht geboten bekommt, wenn er nicht angezeigt ist, dann kommt man zu dem Schluß, daß die »Kritiker« sich gegenseitig »befruchten«.

Mainz DR. MED. G. A. SCHOGER Facharzt für innere Medizin

Mehr lesen über

Zur Ausgabe
Artikel 79 / 86
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten