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EU Unnötiges Leiden

aus DER SPIEGEL 3/2006

Solche Bilder von der Bekämpfung der Vogelgrippe in der Türkei empören seit Tagen Tierfreunde: Zappelndes Federvieh wird von Helfern in weißen Schutzanzügen und mit Gesichtsmasken achtlos in Säcke gestopft, bei lebendigem Leib in schnell ausgeschachtete Gruben oder in Gräben geworfen, Sand drüber, fertig. Gefühllos oder einfach allgemeiner Hektik bei der Bekämpfung der Seuche geschuldet? In jedem Fall rechtswidrig und strafbar, wäre Ankara bereits Mitglied der EU. Seit 1993 verlangt europäisches Recht, Tieren bei ihrer Haltung, Schlachtung, aber auch bei Tötung im Seuchenfall »vermeidbare Schmerzen und Leiden« zu ersparen. Zum Töten von Geflügel ist in der Regel »Abtrennen des Kopfes und Genickbruch« vorgeschrieben. Die CDU-Europaabgeordnete Renate Sommer sieht sich deshalb bestätigt, »dass die Türkei noch nicht in der Neuzeit angekommen« ist.

»Auf jedem internationalen Forum«, sagt Michael Mann, Kommissionssprecher für Agrarfragen, dränge die EU den Rest der Welt, ihre »Standards zum Tierschutz zu übernehmen«. Sehr weit ist sie dabei nicht gekommen. Die meisten Länder haben eigene oder gar keine Vorschriften zur Vernichtung von Tieren bei Seuchen. Erst in der unmittelbaren Vorbereitungsphase auf einen EU-Beitritt würde sich das für den Bewerber aus Ankara ändern. Dann müsste das gesamte europäische Recht nach und nach in nationales Recht umgesetzt werden. Derzeit sind Brüsseler Beamte noch beim »Screening": Sie listen auf, was die Türkei alles ändern muss, um europafit zu werden - und haben jetzt einen Punkt mehr.

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