UNO-JUSTIZ
Zu dem Leserbrief von Frau Isolde Voigt, Falkenstein (Taunus), der sich mit der Frage der Aburteilung von Aggressoren durch die Vollversammlung der Uno befaßt, möchte ich folgendes sagen:
Der Rechtsausschuß der Uno hat es bisher in jahrelanger Behandlung nicht fertiggebracht, die Tatbestandsmerkmale von Aggression und Aggressor rechtlich bzw. völkerrechtlich bindend zu fixieren. Zum Beispiel ist die Frage offen, ob ein Staat (bzw. ein Volk), der (bzw. das), um einer Vernichtungsdrohung eines anderen Staates oder Volkes zuvorzukommen, zu den Waffen gegen den Bedroher greift, eine Aggression begeht oder in Notwehr handelt (siehe das Beispiel »Israel« im gleichen Heft des SPIEGEL im Leserbrief des Herrn Rechtsanwalt Ormond, Frankfurt, dem ich übrigens voll zustimme).
Ungeklärt ist auch der Begriff der »moralischen« Aggression (Beispiel: etwa die jahrelangen Ausrottungs-Ankündigungen arabischer Politiker gegen die Israelis - siehe wiederum den Leserbrief des Herrn Ormond).
Weiter ist strittig, ob zum Beispiel ein jahrelanger kalter Krieg einer Macht gegen eine andere mit dem klaren Ziel, diese wirtschaftlich (Hunger!) zur Unterwerfung zu zwingen, die so bedrohte Macht zur militärischen Notwehr gegen den Führer des kalten Krieges berechtigt, weil etwa auch der Beginn eines kalten Krieges Aggression ist, oder ob der sich gegen den kalten Krieg militärisch Wehrende etwa der Aggressor ist (Beispiel: Pazifscher Krieg 1941 bis 1945).
Bei dieser Sachlage fehlt also auch heute noch einem gerichtlichen Verfahren etwa der Uno gegen etwaige Aggressoren ganz einfach die rechtlich und völkerrechtlich anerkannte Rechtsbasis ...
Neumünster HANS STOHWASSER
Vizeadmiral a.D.