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»Unsere Antwort wird Nein sein«

Die überfällige Einigung der Bonner Koalitionspartner zum Problem atomarer Kurzstreckenwaffen führte zur schwersten Krise zwischen der Bundesrepublik und der Vormacht USA. Genschers und Stoltenbergs Blitzbesuch in Washington, von US-Präsident Bush gefordert, erbrachte kaum Annäherung: Die Amerikaner möchten, im Notfall, einen Atomkrieg auf Europa begrenzen; die Deutschen wollen der Gefahr durch Verhandlungen begegnen.
aus DER SPIEGEL 18/1989

Nicht gerade freundschaftlich beendete der Bundeskanzler sein Telephongespräch mit dem Freund im Weißen Haus: US-Präsident George Bush hatte Helmut Kohl vorgeführt, wie die Supermacht Amerika mit dem Frontstaat Bundesrepublik umspringen kann.

Er lehne es ab, ließ Bush den CDU-Kanzler auflaufen, am Telephon die deutsche Position zur Problematik der atomaren Kurzstreckenraketen zu erörtern, wie sie die Bonner Koalition gerade in einer Fünf-Punkte-Erklärung skizziert hatte. Nötig sei, so Bush an jenem 21. April, eine persönliche Unterrichtung; so lange solle sich der Kanzler bitte mit einer Veröffentlichung des Papiers zurückhalten.

Kohl verstand: Gehorsam kündigte er einen Blitztrip seines Außenministers Hans-Dietrich Genscher und des neuen Verteidigungsministers Gerhard Stoltenberg in die amerikanische Hauptstadt an, um die Führungsmacht zu unterrichten. Aber als die Westdeutschen dann drei Tage später in Washington zur Rechtfertigung und Erläuterung antraten, fehlte der Präsident demonstrativ - er war nach Norfolk abgereist, um der 47 bei einem Unfall auf dem alten Schlachtschiff »Iowa« getöteten Marinesoldaten zu gedenken, die ihr Leben nach amerikanischer Einschätzung auch der Verteidigungsfähigkeit der westlichen Allianz geopfert hatten.

Der Raketen-Streit hat, fünf Wochen vor dem Jubiläumsgipfel der westlichen Allianz in Brüssel, zu einem einmaligen Tiefstand in den deutsch-amerikanischen Beziehungen geführt. Ausgerechnet Helmut Kohl, der in den knapp sieben Jahren seiner Kanzlerschaft stets als treuer Gefolgsmann aufgetreten war, gilt jetzt in Washington als unsicherer Kantonist. Paradox:

Der Mann, dem bisher die atlantische Partnerschaft über alles ging, wurde vom US-Präsidenten ermahnt, die Geschlossenheit des Bündnisses nicht aufs Spiel zu setzen.

Der Kanzler, der seinem Außenminister oft genug wegen zu großer Amerika-Distanz mißtraut und dem der konservative »Stahlhelm«-Flügel der eigenen Fraktion häufig zu mehr Härte gegenüber dem Vizekanzler geraten hatte, findet diesmal in Bonn Zuspruch von links bis rechts, von SPD-Chef Hans-Jochen Vogel über Genscher bis hin zu »Stahlhelm«-Führer Alfred Dregger. Nur ein paar Unentwegte von rechtsaußen suchten letzte Woche mit Protesten Profil, und einige Fraktionskollegen tadelten den Kanzler für dessen Art, ohne Abstimmung mit ihnen die Einigung in der Koalition gesucht zu haben.

Der sonst nach Kräften überparteiliche Bundespräsident stützte am letzten Mittwoch mit einer sensationellen Erklärung den ungeliebten Parteifreund im Kanzleramt. Auf Staatsbesuch in Kopenhagen verteidigte Richard von Weizsäcker vehement die Bonner Anti-Raketen-Position, die schließlich in voller Übereinstimmung mit den Nato-Beschlüssen der letzten Jahre stünde; er nannte die vom Streit Betroffenen beim Namen - »die kontinentaleuropäischen Nato-Länder«, in deren Kompetenz schließlich Äußerungen zur Sache fielen statt in die Zuständigkeit von (Nato-) »Vertretern ohne Vertretungsmacht«. Und weil bis dahin wenigstens das kleine Dänemark und Norwegen die Bonner Haltung stützten, konnte Weizsäcker fest auftreten: »Mit dem Märchen von der Isolierung der Bundesrepublik kann gründlich aufgeräumt werden.«

Denn diesmal ist so unvernünftig nicht, was der Kanzler und seine Koalition wollen: Ein Votum innerhalb der Nato über eine Modernisierung der Kurzstreckenrakete »Lance« und eine Nachfolgewaffe, die viermal so weit fliegen kann, soll - dies ein Kernpunkt der Koalitionseinigung - erst 1992, also weit nach dem nächsten Bundestagswahlkampf, fallen. Und vorher sollen sich die Amerikaner in »baldigen« Verhandlungen mit den Sowjets mühen, die Zahl der Kurzstreckenwaffen in Ost und West auf »gemeinsame Obergrenzen« (so das Koalitionspapier), vielleicht sogar auf Null (so die ursprüngliche Idee Genschers) zu reduzieren.

Natürlich brauchte Kohl auch aus taktischen Gründen, um mit seiner Koalition überleben zu können, die Einigung mit dem liberalen Partner und dessen Leitfigur Genscher, der seit Jahren eine neue Nachrüstungsdebatte fürchtet und sich dem Publikum lieber als Fürsprecher einer echten Abrüstung darbieten will.

Der Kanzler argumentiert aber auch aus nationalem und europäischem Interesse, und dabei geht es sprichwörtlich um die Substanz: Im Ernstfall wären Deutschland-West und -Ost Schlachtfeld für die Lance und deren Nachfolger. Die Deutschen haben ein existentielles Interesse daran, daß diese Raketen von ihrem Boden aus nicht abgefeuert werden: Sie träfen deutsches Territorium - oder würden mit Sicherheit eine Antwort provozieren, die Bundesrepublik wie DDR dem atomaren Holocaust preisgeben.

In Washington jedoch gelten die deutschen Ängste als Beleg einer verweichlichten Gesinnung, und Bushs Bündnispartnerin Margaret Thatcher meint das erst recht. Allerdings - Lance oder deren Nachfolgesystem detonieren im Ernstfall nicht über britischem oder amerikanischem Staatsgebiet.

Hinzu kommt: Der Fall X ist Bonner Politikern seit kurzem besser vorstellbar - seit der »Wintex-Cimex«-Übung in diesem Frühjahr, als die Nato-Stäbe unter höchster Geheimhaltung auf einen konventionellen Ost-Angriff atomar antworteten und einen weiteren (konventionellen) Vormarsch aus dem Osten massiv und wiederum mit Atombomben konterten: Vom Schlachtfeld Deutschland wäre nicht viel anderes übriggeblieben als tote, verseuchte Erde (Seite 23).

Bush und Thatcher sehen das Problem nüchtern, eigennützig und vordergründig: Daß der Verbündete in Bonn für Gespräche mit den Sowjets statt für neue Waffen plädiert, gilt ihnen als Beweis der innenpolitischen Lähmung.

Verständnis, aber keine Billigung findet der CDU-Kanzler mitten in seinem Formtief allenfalls für sein Argument, er könne sich einen Raketen-Wahlkampf im nächsten Jahr nicht leisten; eine Niederlage mit folgender rot-grüner Regierung könne nicht im Interesse der Alliierten sein.

Und wirklich will ja eine Mehrheit der Bürger keine neuen Raketen - wozu auch in einer Zeit, da Mittelstreckenwaffen in Ost und West verschrottet werden und in Wien verheißungsvolle Verhandlungen über den Abbau konventioneller Streitkräfte im völlig überrüsteten Europa begonnen haben?

An das Schreckgespenst einer Bedrohung aus dem Osten mögen 80 Prozent der Bundesbürger nicht mehr glauben. Doch in den Augen der Amerikaner und Briten sind die Deutschen unter dem Einfluß Genschers dabei, dem Entspannungswerben des sowjetischen Reformers Michail Gorbatschow zu erliegen - »Genscherism« lautet das von den Amerikanern schon vor Jahresfrist vorgetragene Schlagwort für eine solche Liebedienerei.

Aber statt den vielen Abrüstungsofferten aus Moskau offensiv zu begegnen, hat sich das westliche Bündnis in kleinliches Gezänk um sein »Gesamtkonzept« verheddert. Statt neue Ideen zu entwickeln, beharren vor allem die westlichen Atommächte auf den überkommenen Rezepten einer Politik der Härte und Stärke gegenüber dem Osten.

Mit ihrem monatelangen Zaudern haben Kohl und sein christliberales Kabinett dieser Entwicklung kräftig Vorschub geleistet. Bis vorletzten Freitag hatten die Bündnispartner vergebens auf eine verbindliche Aussage der Bonner zum heikelsten Kapitel des Nato-Gesamtkonzepts, der Rolle der atomaren Kurzstreckenwaffen, gewartet.

Lange, zu lange verstrickten sich die Hauptbetroffenen der neuen Raketen-Rüstung in Widersprüche. Mal ließen der Kanzler und sein inzwischen abgelöster Verteidigungsminister Rupert Scholz wissen, sie seien strikt gegen eine dritte Null-Lösung. Mal sagte Kohl auch ja zur »Modernisierungs«-Entscheidung in diesem Jahr: Die Entscheidung über das »Gesamtkonzept«, erklärte er im November letzten Jahres dem scheidenden US-Präsidenten Ronald Reagan in Washington, »beinhaltet die Entscheidung über die Modernisierung der Lance, ohne daß darüber ständig diskutiert werden muß«. Im Februar plötzlich ließ der schwankende Kanzler die Alliierten über ein Interview in der »Financial Times« wissen, die »wirkliche Entscheidung« über die Produktion eines Nachfolgers für die 120 Kilometer weit reichende Lance-Rakete »wird 1991/92 getroffen«.

Dem Vizekanzler Genscher unterstellten die Bündnispartner hingegen - nicht zu Unrecht -, er strebe eine dritte Null-Lösung, also die Beseitigung sämtlicher nuklearer Kurzstreckenraketen in Europa, an. Reisende Christdemokraten bedeuteten daraufhin angelsächsischen Gesprächspartnern, Kohl werde den FDP-Außenminister schon noch rechtzeitig auf Linie bringen.

Doch es kam anders. Von US-Außenminister James Baker bekamen die von Bush zum Rapport bestellten Stoltenberg und Genscher vorigen Montag zu hören: »Wir sind enttäuscht über die Haltung der Regierung - nicht über Sie, Herr Genscher, Sie haben das ja immer gesagt.«

Das, was der öffentlich wolkig redende Außenminister angeblich schon immer gesagt, tatsächlich aber schon immer gemeint hatte, war nun zur Verblüffung der Amerikaner die Linie von Helmut Kohl geworden. Selbst eine dritte Null-Lösung wurde nicht mehr strikt abgelehnt.

Besonders traf Kohls Partner in Washington, daß die Deutschen die Notwendigkeit einer »Modernisierung« anzweifelten: »Ob für 1996 die Einführung eines Lance-Nachfolgesystems in das Bündnis und demzufolge Produktion und Stationierung erforderlich ist oder nicht«, werde erst 1992 entschieden - »insbesondere unter Berücksichtigung der Ergebnisse aller Abrüstungsverhandlungen«, so der Koalitionstext.

Kein Wunder, daß Genscher und Stoltenberg in Washington auf verärgerte Gesprächspartner trafen. Entgegen der Order, die Bush dem Kanzler am Telephon erteilt hatte, war der Text der neuen deutschen Position schon vor Ankunft der Bonner in Washington publiziert worden - kein gutes Omen für die Reisenden.

Rigoros ließen Baker, Verteidigungsminister Richard Cheney und Sicherheitsberater Brent Scowcroft Kohls Abgesandte auflaufen. Pentagon-Chef Cheney: »Es darf keine Denuklearisierung geben, da sind wir uns mit den Briten einig.« Mit einem Seitenhieb auf Margaret Thatcher erwiderte Genscher: »Ich bin auch der Meinung, die Bundesrepublik darf nicht auf den niedrigen Bewaffnungsstand der britischen Armee runter.« Die habe »weniger Panzer als die Holländer«. Die Bundesrepublik leiste hingegen »mit Abstand« den größten Beitrag zur konventionellen Verteidigung Europas.

Dieses Argument können die Amerikaner schon seit Helmut Schmidts Zeiten nicht mehr hören; bündig beschieden Baker und Cheney die Besucher: Die US-Regierung halte Verhandlungen über die Kurzstreckenraketen für einen »Fehler« (Baker). Moskaus Angebot zu Gesprächen sei eine »gefährliche Falle« (Cheney), weil die Sowjets sogleich eine dritte Null-Lösung anbieten könnten, der sich der Westen dann kaum entziehen könne.

Die brüske Abfuhr konnte nicht überraschen. Denn die Bonner hätten wissen müssen, daß sie von der Bush-Administration keinen Rabatt im Handel um die atomaren Kurzstreckenwaffen erwarten konnten; die Amerikaner hatten sich schon lange, auch gegenüber anderen Besuchern, ganz klar eingelassen.

So hatte noch am 5. April der SPD-Vorsitzende Vogel nach Absprache mit Genscher im Weißen Haus seinem Gastgeber Bush erläutert, die Deutschen erwarteten »erst 1991/92« eine Entscheidung über die Lance-Raketen.

Die US-Regierung sei »anderer Ansicht«, widersprach Sicherheitsberater Scowcroft, und Bush schloß sich an: Die USA träten »nachdrücklich dafür ein, ein nukleares Abschreckungspotential zu erhalten«. Nukleare Systeme seien in Europa »aus militärischen und aus psychologischen Gründen« stationiert worden - nämlich auch zum Schutz der US-Soldaten. Die »nuklearen Fähigkeiten des Bündnisses« könnten »jetzt nicht weiter abgebaut werden, bis man weiß, was bei den Abüstungsgesprächen im konventionellen Bereich herauskommt«.

Auf Vogels Frage, was geschehe, wenn Gorbatschow die dritte Null-Lösung anbiete, hatte Sycowcroft unmißverständlich geantwortet: »Dann wird unsere Antwort Nein sein.«

Vogels Abrüstungsexperte Egon Bahr hatte schon im Februar getestet, ob die US-Administration vielleicht der angeschlagenen Bonner Koalition durch Nachgiebigkeit in der Raketen-Frage oder durch Rücksichtnahme auf besondere deutsche Empfindlichkeiten entgegenkommen werde, und bei Bush-Berater Scowcroft vorgefühlt: Aus parteipolitischen Gründen könne er den amerikanischen Druck auf die Bundesregierung, neue Lance-Raketen zu akzeptieren, nur begrüßen, weil die Regierung danach die Wahlen verlieren werde. Scowcroft cool: »Sie sind ein cleverer Mann.«

Und der Unterstaatssekretär im US-Verteidigungsminiserium Ronald Lehman erläuterte Bahr ausweislich des verschlüsselten Berichts, den der deutsche Botschafter in Washington, Jürgen Ruhfus, ans Auswärtige Amt sandte, »wegen verantwortungsloser Aktivitäten in Europa seien die USA zweimal in Kriege verwickelt worden. Dieses Risiko wollten sie nicht mehr eingehen":

Die Modernisierung sei ein normaler Vorgang. Wie der menschliche Körper fortlaufend seine Zellen erneuere, so müsse auch das militärische Potential im Bündnis erneuert werden. Wie der Körper absterbe, wenn die Körperzellen nicht mehr erneuert würden, so würde auch der Wert der Abschreckung gemindert, wenn der Modernisierungsprozeß gestoppt würde. Dies würde zu einem Risiko eines Kriegsausbruches führen.

Immerhin fanden sich die Amerikaner während der »Panikreise« ("Washington Post") der beiden Kohl-Minister zu einem Zugeständnis bereit: Es reiche, wenn die Nato 1992 förmlich über die Stationierung neuer Kurzstreckenraketen in der Bundesrepublik befinde. Verhandlungen aber kämen nicht in Frage.

Prompt bejubelte Presseprofi Genscher den Erfolg in einer »Kernfrage«. Und Stoltenberg spielte den Krach mit der dreisten Behauptung herunter, »nur in ganz wenigen Einzelfragen« müsse mit den Amerikanern noch verhandelt werden.

Die Einzelfragen:

Soll Gorbatschows Annäherung an den Westen, sollen seine Abrüstungsbekenntnisse durch eine faktisch neue Waffe (siehe Kasten Seite 24) konterkariert werden?

Sollen die Deutschen weiter willig ihr Land als potentiellen Aufmarschplatz für den Endkampf der Supermächte bereithalten - oder alles vermeiden helfen, was dahin führen könnte?

Beide Fragen beherrschten in der letzten Aprilwoche die politische Diskussion - und führten zu merkwürdigen Fronten: Einige CSU-Politiker und Rechtskonservative verbündeten sich mit den Kohl-Kritikern in Amerika und Großbritannien - um es dem Kanzler zu zeigen; und die SPD-Opposition hatte Mühe, dem Regierungschef am Zeug zu flicken.

Als sich letzten Mittwoch das Notparlament des Bundestages auf Antrag der SPD mit dem Wintex-Kriegsspiel und seinen atlantischen Folgen befaßte, gab Innenminister Wolfgang Schäuble zu, der Kanzler sei über die Amerikaner befremdet gewesen. Vogel spitz: »Das wollen wir auch einmal ganz offiziell hören.«

Mit Fragen nach Details des Einsatzes von Atomwaffen allerdings rannten die Sozis - so ein Teilnehmer der geheimen Runde - bei Schäuble gegen eine »Wattewand«. Unter Berufung auf Nato-Geheimhaltungsvorschriften verweigerte die Regierung dem Parlament jegliche Auskunft.

Tags zuvor hatte sich der Kanzler in der CDU/CSU-Fraktion teils massive Vorhaltungen gefallen lassen müssen. Angeführt vom CSU-Wehrexperten Ortwin Lowack, rügten etliche Abgeordnete, Kohl habe die Fraktion wieder einmal vor vollendete Tatsachen gestellt. Bei den Unionsrechten sitzt der Groll tief, der Kanzler habe sich wieder einmal von Genscher einwickeln lassen; und Bayerns Ministerpräsident Max Streibl, der gegen seinen Parteichef Theo Waigel um das Erbe von Franz Josef Strauß buhlt, machte sich zum Vorsprecher der Fronde: Er sei nach wie vor für die »Modernisierung« der Kurzstreckenraketen.

Kohl spürt, daß im Streit mit der Vormacht Amerika und im Schulterschluß mit der SPD-Opposition für ihn eine - kleine? - Chance liegt, vielleicht doch noch heil aus seiner Krise zu kommen. Vor Parteifunktionären in Oldenburg gab er sich kämpferisch: »Ich brauche keinen Nachhilfeunterricht in Fragen der Bündnistreue von irgend jemand, weder in der Bundesrepublik noch in Europa, noch in den USA.« Und: »Zur Freundschaft, finde ich, gehört, daß man die Interessen der Freunde kennt und respektiert.«

Der Außenminister begann derweil eine außenpolitische Offensive. Er wußte, daß Kohl in seiner Regierungserklärung am letzten Donnerstag die Nato - unbeirrt von den amerikanischen Einwänden - auffordern würde, einen Auftrag »für die baldige Aufnahme von Verhandlungen« über Kurzstreckenraketen zu erteilen; Sowjets und Amerikaner sollten überdies bald über die atomare Artillerie (Reichweite: 30 Kilometer) reden.

Schon vorher animierte Genscher deshalb Amtskollegen in den Bündnisstaaten, sich öffentlich für Verhandlungen über Kurzstreckenwaffen und für eine Nato-Entscheidung im Jahre 1992 zu engagieren - in Spanien und Italien bis zur Wochenmitte mit Erfolg.

Genscher sibyllinisch: »Wer weiß, wie die Welt 1992 aussieht.«

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