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AFRIKA »Unsere Waffe ist ein Sender«

aus DER SPIEGEL 12/1997

Nigerias Militärregime hat den Schriftsteller Wole Soyinka, 62, wegen Landesverrats angeklagt. Dem im Exil lebenden Nobelpreisträger droht die Todesstrafe.

SPIEGEL: Die Militärregierung wirft Ihnen vor, in Sprengstoffanschläge verwickelt zu sein.

SOYINKA: Eine dreiste Lüge, um mich und die demokratische Opposition zu verunglimpfen. Der Diktator Abacha will mich ausschalten.

SPIEGEL: Wer ist denn nach Ihren Erkenntnissen für die jüngsten Anschläge auf Armee-Einrichtungen verantwortlich?

SOYINKA: Alles spricht dafür, daß es Soldaten sind. Abacha fürchtet ständig Verschwörungen; er hat deshalb Offiziere umbringen lassen, andere wurden inhaftiert oder aus der Armee entlassen. Der Junta-Chef macht sich immer mehr Todfeinde in den Streitkräften; die wissen, wie man mit Sprengstoff umgeht.

SPIEGEL: Und mit welchen Mitteln kämpft Ihre Oppositionsbewegung gegen die Junta?

SOYINKA: Unsere wichtigste Waffe ist »Radio Kudirat«, benannt nach Kudirat Abiola, der ermordeten Frau des eingekerkerten Siegers der Wahlen von 1993, Moshood Abiola. Über Kurzwelle aus dem Ausland und über mobile UKW-Sender innerhalb Nigerias agitieren wir gegen die Diktatur. Die Militärs hassen die Sendungen, die Bevölkerung liebt sie.

SPIEGEL: Rufen Sie zum bewaffneten Kampf auf?

SOYINKA: Nein, aber wir fordern, Maßnahmen der Junta zu boykottieren, etwa die für das Frühjahr angesetzten Kommunalwahlen. Solche »Demokratisierungsschritte« sind nichts als Täuschung. Abacha will der Welt etwas vorgaukeln.

SPIEGEL: Wie sollte der Westen auf Abacha reagieren?

SOYINKA: Nach der Hinrichtung meines Kollegen Ken Saro-Wiwa im November 1995 sah es so aus, als ob die internationale Gemeinschaft die Diktatur ächten würde. Einige Staaten zogen ihre Botschafter aus Nigeria ab, Wirtschaftskontakte wurden unterbrochen. Leider ist davon nichts übriggeblieben. Ich bedaure, daß eine internationale Boykottbewegung gegen das Terrorregime in Nigeria nicht zustande gekommen ist.

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