VERLOCKENDE PHRASEN.
Franz Josef Strauß kam in die USA, kämpfte und siegte noch einmal auf seine Art: »Weil, we have won the election ... (drei Sekunden Pause) ... in Bavaria«, erklärte er einem Interviewer von CBS. Dennoch setzte er »in den USA den Wahlkampf fort«, wie selbst die »FAZ« vermerkte. So redete er wieder einmal wider Atomsperrvertrag und Aufwertung und brachte auch seinen bereits vor fünf Monaten in England verkauften Ladenhüter -- einen europäischen Atompool -- erneut ins Gespräch. Neu: Er desavouierte einen Kabinetts-Kollegen im Ausland: »Anscheinend hat Herr Brandt erklärt, die deutsche Regierung begrüße die Pläne für eine solche (europäische Sicherheits-)Konferenz. Das finde ich merkwürdig, da die Frage im Kabinett nie diskutiert wurde. Ich war und bin übrigens noch immer Mitglied des Kabinetts.« Und Strauß brüstete sich: »Ich lasse mich von verlockenden Phrasen aus Moskau nicht so leicht hinreißen.« Brandt aber warf er in Fragen der europäischen Sicherheit »Pipedreams« (Träume eines Opiumrauchers) vor. Daß solche Strauß-Worte -- gesagt in der Universität von South-Carolina -- auch im amerikanischen Kongreß-Protokoll abgedruckt wurden, dafür sorgte Strauß-Gastgeber Strom Thurmond, einst Demokrat, dann 1948 selbständiger Präsidentschaftskandidat südstaatlicher Rassenfanatiker, heute rechtsradikaler republikanischer Senator des US-Bundesstaates South-Carolina und Berater Nixons. Protest-Slogan der US-Linken: »Strom Thurmond liebt brennende gelbe Babys und verhungernde schwarze Babys.« Die Kombination Strauß/Thurmond führte dann auch zu Höchstkursen an der Washingtoner Gerüchten-Börse. Eines der on-dits: Strauß wolle mit des Senators Hilfe das amerikanische Veto gegen das von der SPD/FDP angestrebte Stimmrecht für Berliner Abgeordnete sichern. Ein anderes Gerücht meldete der SPD-Pressedienst: Strauß habe gesagt, Konrad Adenauer würde sich im Grabe umdrehen, wenn er mit ansehen müßte, wie sein »blasser Nachfolger Kiesinger Deutschland dem Untergang zutreiben« lasse. Coca-Cola-gemäßigt bat die SPD den CSU-Vorsitzenden, »mach mal Pause«, und die FDP verlangte von der CDU, den »tobenden Strauß« endlich zu bremsen. Der FDP-Pressedienst: »Kein deutscher Politiker hat sich seit 1945 schäbiger gegenüber seinem eigenen Lande verhalten als Herr Strauß.«