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SPIEGEL Gespräch »Verteidigt wird vor Hamburg und vor Kassel«

Heeresinspekteur Hans Poeppel über Struktur, Bewaffnung und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr
aus DER SPIEGEL 26/1980

SPIEGEL: Herr General, die neue Struktur des Heeres, die eigentlich fast nur noch gepanzerte Kampftruppen vorsieht, ist ein »Befehl«, haben Sie auf der letzten Kommandeurstagung gesagt; sie dürfe nicht diskutiert werden. Ist das ein Denk- und Sprechverbot für Soldaten, die über die Verteidigung der Bundesrepublik nachdenken?

POEPPEL: Ganz und gar nicht. Die Struktur ist jahrelang diskutiert worden. Und zu irgendeinem Zeitpunkt muß man natürlich einen Strich machen. Das hat mein Vorgänger getan. Er hat die Zustimmung des Verteidigungsausschusses bekommen. Ich habe auf der Kommandeurstagung erneut aufgefordert zu diskutieren. Wir haben im Bündnis einen Nachholbedarf an deutschen Beiträgen zur strategischen Diskussion.

SPIEGEL: Sie begrüßen also die im letzten SPIEGEL veröffentlichte Kritik des Panzergenerals Uhle-Wettler an der gegenwärtigen Verteidigungskonzeption?

POEPPEL: Als Diskussionsbeitrag ja.

SPIEGEL: Sie haben aber Ihren Stab beauftragt, mit einer Studie zu antworten, die auf den bisher gültigen Standpunkt hinausläuft: Das beste Mittel gegen Panzer ist der Panzer.

POEPPEL: Wir sollten das Pferd nicht vom Schwanz aufzäumen, sondern zunächst einmal analysieren: Wir haben im Nato-Bündnis die Strategie der »flexible response«; die sogenannte Triade soll sicherstellen, daß im Konfliktfall die konventionellen, die taktisch-nuklearen und die strategischen Waffen ineinandergreifen; der Gegner darf nicht wissen, wann wir wie antworten werden.

SPIEGEL: Wir sollten uns auf die konventionellen Waffen beschränken.

POEPPEL: Wir wollen keinen längeren konventionellen Krieg auf deutschem Boden, weil er genauso fürchterlich und genauso zerstörerisch wäre wie ein nuklear geführter Krieg. Wir wollen aber in der Lage sein, mit konventionellen Mitteln den Warschauer Pakt zu einer Verhandlungspause zu zwingen. Das heißt: Wir müssen einen Abwehrerfolg erringen, der neue Verhandlungen möglich macht.

SPIEGEL: Daß wir mit der derzeitigen Struktur und Bewaffnung des Heeres einen solchen Abwehrerfolg erringen können, bezweifelt Uhle-Wettler. Er muß es eigentlich beurteilen können, er ist Praktiker ...

POEPPEL: ... ich auch.

SPIEGEL: Uhle-Wettler behauptet, das Gebiet der Bundesrepublik sei mit gepanzerten Kräften allein nicht zu verteidigen; dem deutschen Heer fehlten vor allem Infanteristen mit leichten Waffen für den Wald- und für den Ortskampf.

POEPPEL: Zu diesem Vorwurf ist zunächst zu sagen, daß erstaunlicherweise der Warschauer Pakt, mit dem wir es zu tun hätten, überhaupt keine Infanterie a la Uhle-Wettler in seinen Streitkräften eingeplant hat. Schon von daher ist der Rückschluß erlaubt, daß es dem Warschauer Pakt überhaupt nicht darauf ankommt, durch Waldgebiete, durch Großstädte hindurch anzugreifen, sondern daß er das offene, bewegungsgünstige Gelände für seine Operationen sucht, indem er mit einem schnellen Stoß zu Erfolgen kommen will.

SPIEGEL: Dörfer, Städte und Wälder in der Bundesrepublik werden in Ihrer Planung einfach ausgespart?

POEPPEL: Nein, ganz und gar nicht. Wir würden aber eine Verteidigung nicht quer durch Kassel oder quer durch Hamburg führen, sondern vor Kassel und Hamburg, weil das sehr viel Kräfte spart und unser Land besser schützt.

SPIEGEL: Dennoch bleibt unbestritten: Das halbe Gebiet der Bundesrepublik besteht aus Dörfern, Städten, Industrieanlagen, Wäldern und ist mit Panzern kaum zu verteidigen; da wir keine Infanterie mehr haben, müssen Sie auf diese Gebiete verzichten.

POEPPEL: Die Prämisse von Uhle-Wettler stimmt nicht. Es handelt sich nicht um 50 Prozent, sondern nur um 24 Prozent des Geländes.

SPIEGEL: Da streiten offenbar die Geographen.

POEPPEL: Nein; 24 Prozent stark durchschnittenes Gelände. Und dieses Gelände liegt zudem weitgehend in unmittelbarer Grenznähe. Rückwärts dieser Grenzgebirge und Waldzonen öffnet sich einem möglichen Aggressor an sehr vielen Stellen eine weite Ebene, in der es selbstverständlich auch durchschnittenes Gelände gibt, aber ein Gelände, das wesentlich besser geeignet ist für gepanzerte Grenadiere als für den leichten Infanteristen, der nach Uhle-Wettler den Waldkampf und Häuserkampf führen soll.

SPIEGEL: Dann geben Sie also Uhle-Wettler recht, daß im grenznahen S.24 Bereich der Einsatz von leichter Infanterie taktisch erforderlich wäre.

POEPPEL: Ich gebe zu, daß es Geländeteile in der Bundesrepublik gibt, in denen sich der zum Kampf bereits eingerichtete Infanterist sehr wohl behaupten kann. Es gibt beispielsweise im Bayerischen Wald, im Harz, in der Kasseler Gegend durchaus Geländegebiete, die mit leichter Infanterie sehr gut zu verteidigen sind. Und deswegen geben wir unseren Großverbänden durch die ihnen zugeteilten Jäger-Bataillone leichte Infanterie an die Hand.

SPIEGEL: Wo bleiben aber die Jäger-Divisionen, die für den infanteristischen Kampf vorgesehen waren, aber jetzt im Zuge der Heeresstruktur abgeschafft wurden?

POEPPEL: Diese Jäger-Divisionen waren zu einem gut Teil gar keine echten »Jäger«-Divisionen, sondern Panzergrenadier-Divisionen. Außerdem möchte ich vor dem Irrtum warnen, daß Jäger-Großverbände billiger sind als gepanzerte Verbände. Wenn wir nur die Hälfte unserer Brigaden auf leichte Infanterie umstellen, würde das in 20 Jahren -- der Laufzeit von Waffensystemen -- schon 8,2 Milliarden Mark mehr kosten als die mechanisierten Kräfte, die wir jetzt eingeplant haben.

SPIEGEL: Eine Infanterie-Kompanie, ausgebildet im Orts- und Waldkampf und ausgerüstet mit modernen Panzerabwehrraketen, soll mehr kosten als eine mit dem »Leopard 2« ausgerüstete Panzerkompanie? Die Zahl der Soldaten bliebe doch die gleiche.

POEPPEL: Eben nicht] Unser Konzept sieht rund 3200 Mann in den mechanisierten Brigaden vor; die von Uhle-Wettler vorgeschlagenen Brigaden müßten aber 5700 Mann stark sein.

SPIEGEL: Warum?

POEPPEL: Weil Uhle-Wettler Waffensysteme durch Personal ersetzen will, und das geht in die Kosten. Ohne mehr Soldaten wäre die unerläßliche Kampfdichte nicht zu erreichen.

SPIEGEL: Die Sowjet-Union ist mit klassisch gegliederten Truppen in Afghanistan einmarschiert; jetzt versucht sie umzugliedern auf infanteriestarke Verbände. Gibt das dem Heeresinspekteur nicht zu denken?

POEPPEL: Natürlich, aber Afghanistan und Europa sind nicht vergleichbar. Mit den derzeitigen Kräften kann die Sowjet-Union in Afghanistan nur wenig tun: Sie kann entlang der Hauptstraßen durch gewisse Stützpunkte den Konvoi-Verkehr sichern, einige Städte zu Stützpunkten ausbauen und mit »Hind«-Hubschraubern und Luftlandetruppen Angriffe gegen die in den Bergen versteckten Partisanen führen. Mehr läuft da nicht. Aber in Mitteleuropa haben wir eine durchgehende Verteidigung zwischen der Ostsee und den Alpen, eine lückenlose Verteidigung. Das ist eine andere Situation.

SPIEGEL: Die letzten Nato-Informationen besagen, daß die Sowjet-Union auch ihre in Osteuropa stationierten Truppen umgliedert: mehr Infanterie. Und aus der sowjetischen Militärliteratur gewinnt man den Eindruck, daß die sowjetischen Militärs unsere Panzerabwehrwaffen sehr viel mehr fürchten als die von Ihnen so hochgeschätzten »Leo 1«- und »Leo 2«-Panzer.

POEPPEL: Sicherlich, sie fürchten unsere Panzerabwehr, ganz gleich ob Rohr oder Rakete. Und es macht ihnen enormes Kopfzerbrechen, wie sie mit dieser massierten Panzerabwehr im Falle der Auseinandersetzung fertig werden sollen. Wir müssen uns nur fragen: Soll der Mann, der die Panzerabwehrrakete bedient, nur mit seiner Erkennungsmarke gepanzert sein, oder soll er sich unter Panzerschutz befinden? Der Gegner, der eine artilleristische Überlegenheit von 5:1 hat, wird im Ernstfall versuchen, unsere Panzerabwehrwaffen niederzuhalten. Gepanzerte Panzerabwehrwaffen bleiben trotz Artilleriefeuer weiter einsatzfähig.

SPIEGEL: Aber gepanzerte Verbände sind sehr viel leichter zu entdecken und unter Feuer zu nehmen als Infanteristen, die sich locker mit Panzerabwehrwaffen verteilt haben.

POEPPEL: Ich lade Sie zur nächsten Heeresübung ein. Sie werden staunen, wie wenig Panzer Sie sehen werden. Wenn Sie Pech haben, werden Sie überhaupt keine Kompanien im Gelände finden.

SPIEGEL: Weil keine da sind.

POEPPEL: Nein, weil sie im Gelände verschwinden.

SPIEGEL: Wenn die eigenen Kräfte zu gering seien, könne man nicht mehr von Verteidigung sprechen, sondern nur noch von »Verzögerung«, haben Sie einmal geschrieben. Das heißt auf deutsch: Man zieht sich zurück. Da wir aber keine Infanterie mehr haben, müssen wir große Teile der Bundesrepublik kampflos aufgeben. Ist das mit dem Nato-Auftrag der Vorne-Verteidigung noch zu vereinbaren?

POEPPEL: Gemeint ist: Die obere militärische Führung darf dem Bataillonskommandeur, dem Kompaniechef keinen zu breiten Gefechtsstreifen für die Verteidigung zumessen. Wir haben genau ermittelt, wieviel Soldaten und wieviel Waffensysteme zur Verteidigung eines solchen Gefechtsstreifens erforderlich sind. Wenn das nicht gewährleistet ist, dann ist es ehrlicher, dem Bataillonskommandeur auch nicht zu befehlen, daß er verteidigen soll. Dann ist die Gefechtsart Verzögerung oder zeitlich begrenzte Verteidigung zu wählen.

SPIEGEL: Ein Rechenbeispiel: Das Heer hat 2061 Schützenpanzer »Marder«. Da sitzen zehn Soldaten drin. Wenn Absitzen befohlen wird, kämpfen als Infanteristen nur noch sechs. Wie wollen Sie also mit nur 12 366 Infanteristen alle Dörfer, Städte und Wälder der Bundesrepublik verteidigen? S.25

POEPPEL: Dieser theoretischen Beweisführung kann ich nicht folgen. Der Gefechtsstreifen für ein Panzergrenadier-Bataillon beträgt nach unserer derzeitigen Führungsvorschrift fünf Kilometer. Und diese fünf Kilometer Breite deckt das Bataillon exakt ab.

SPIEGEL: In der Führungsvorschrift 100/100 steht, daß dann, wenn Beweglichkeit und Feuerkraft gepanzerter Truppen nicht zur Geltung kommen, Jäger ins Gefecht sollen. Wo sind die? Die Vorschrift erklärt die Jäger für notwendig, das Heer löst sie auf.

POEPPEL: Wir haben in jeder Division Jäger-Verbände eingeplant. Da man aber nicht von vornherein sagen kann, welche der drei Brigaden einer Division denn nun in ein stark zersiedeltes Gelände kommt, haben wir Jäger-Bataillone als zusätzliche Kräfte zu den Panzergrenadieren.

SPIEGEL: Was passiert bei einem Überraschungsangriff?

POEPPEL: Das ist genau die Frage, die ich an Uhle-Wettler habe. Wie will er seine Jäger-Verbände denn auf die Beine bringen? Die sollen ja nach 48 Stunden einsatzbereit sein, wo will er denn die Kader hernehmen für diese Verbände? Er muß sie aus den aktiven Brigaden nehmen, die dann erst nach sechs Tagen einsatzfähig wären. Wir müssen aber im Falle eines Krieges Einbrüche sofort abriegeln können. Dazu brauchen wir ausreichend Panzer in voll präsenten Verbänden.

SPIEGEL: Und mehr Infanterie, sagt jedenfalls Ihr Kritiker.

POEPPEL: Es kommt auf die Mischung an. Die Vorstellung, daß man auf den Panzer zugunsten der Panzerabwehrwaffen verzichten könnte, übersieht folgendes: Die Kanone hat eine andere Geschoß-Geschwindigkeit als die Rakete. Abschuß und Einschlag sind so dicht beieinander, daß der gegnerische Panzer sich in der Zeit, in der das Geschoß unterwegs ist, kaum bewegt. Ganz anders bei der Rakete, wo der Schütze sich kurz exponieren muß, um die fliegende Rakete nachzurichten.

SPIEGEL: Für die nächste Raketen-Generation gilt das doch nicht mehr. Es sind schon jetzt Waffen auf dem Markt, die sich nach dem Prinzip »fire and forget« selbständig ins Ziel lenken.

POEPPEL: Sicherlich. Nur für die wird möglicherweise genau das gelten, was Haushaltsexperten befürchten: Wir werden sie nämlich nicht bezahlen können -- jedenfalls nicht in der Stückzahl, wie es ein Konzept a la Uhle-Wettler erfordern würde.

SPIEGEL: Das Heer ist nicht unter-, sondern übertechnisiert. Es kann nur noch jeden dritten Mann nach vorne in den direkten Einsatz bringen. Zwei Drittel des Heeres sind bereits mit Führung, Nachschub und Instandsetzung beschäftigt. Wo soll das enden?

POEPPEL: Die Frage stellen wir uns immer wieder.

SPIEGEL: Und die Antwort? Hat Uhle-Wettler mit dieser Kritik recht?

POEPPEL: Er beschreibt den Trend richtig.

SPIEGEL: Und was tun Sie gegen diesen Trend?

POEPPEL: Das Verhältnis von Kämpfer zu Unterstützer ist spürbar verbessert worden. Neue Waffensysteme sind durch Baukastenprinzipien einfacher zu bedienen. Die Truppe hat beim »Leo 2«, beim »Gepard« und »Roland« sehr viel weniger zu tun mit der Instandsetzung; sie nimmt einfach ein kaputtes Element heraus und ersetzt es durch ein neues.

SPIEGEL: Das ist doch nur die halbe Wahrheit.

POEPPEL: Das Auswechseln eines fehlerhaften Teils geht schneller als die Reparatur.

SPIEGEL: Aber dieses System erfordert große Vorräte an Ersatzteilen und einen großen Apparat für die Instandsetzung.

POEPPEL: Zurück zur Steinzeit können wir nicht. Denn wir haben es nun mal zu tun mit einem Gegner, der hochtechnisiert ist, der in den letzten zehn Jahren erhebliche qualitative Fortschritte gemacht hat und in einigen Bereichen dabei ist, uns auch qualitativ zu überflügeln.

SPIEGEL: Das Heer besteht zur Hälfte aus Wehrpflichtigen, die oft große Schwierigkeiten mit den neuen Panzern haben. Dennoch wird der »Leopard 2« eingeführt, ein noch komplizierteres System. Wie wollen Sie diese Wunderwerke der Technik im Alltag verkraften?

POEPPEL: Ihre Auffassung, der Panzer sei für die Wehrpflichtigen zu kompliziert, kann ich nicht teilen. Höher gefordert ist der Kommandant. Der muß ein Waffensystem handhaben, wofür der kurzdienende Unteroffizier nicht mehr genügend ausgebildet werden kann. Für dieses hervorragende Waffensystem brauchen wir einen Mann, der nicht nur taktischer Führer der Besatzung ist, sondern der das ganze Spektrum der technischen Möglichkeiten ausschöpfen kann.

SPIEGEL: Also einen Diplom-Ingenieur. Macht es Ihnen nicht auch Sorge, daß die extrem teuren Waffen von Wehrpflichtigen bedient werden, deren Intelligenzgrad zu wünschen übrigläßt? Die aufgeweckten Wehrpflichtigen müssen zu Marine und Luftwaffe. Was im Heer vorne zur Verteidigung übrigbleibt, sind dann laut Uhle-Wettler »die Dümmsten«.

POEPPEL: Erstens: Der in diesem Lande vorhandene Intelligenz-Quotient kann sicher auch durch Uhle-Wettler nicht vermehrt werden. Und weil so viel Intelligente bei der Presse sind, ist natürlich ein Fehl woanders festzustellen.

SPIEGEL: Danke.

POEPPEL: Bitte. Selbstverständlich hat in allen Führungsfunktionen der Begabtere -- der Mittelschüler, der besonders gute Hauptschüler -- seinen Platz. Einen weiteren hohen Anspruch stellt die Technik: Der »Gepard« zum Beispiel oder der »Leo 2« -- dort brauchen wir Personal, das ein bestimmtes Maß an schneller Auffassungsgabe mitbringt.

SPIEGEL: Sie weisen auf die geplanten Neuanschaffungen »Leo 2«, Panzerabwehrhubschrauber, Flugabwehrpanzer S.26 »Roland« und »Gepard« hin. Können Sie die eigentlich alle bezahlen?

POEPPEL: Alles, was Sie aufgezählt haben, ist vom Parlament gebilligt.

SPIEGEL: Das ist wohl ein bißchen einfach. Sie haben einen Brief an den Generalinspekteur geschickt und warnen vor der Kostenexplosion bei neuen Waffensystemen.

POEPPEL: Das stimmt.

SPIEGEL: Das heißt also, daß die Preise Folgen für die Kampfkraft des Heeres haben. Muß die Bundeswehr nicht umdenken?

POEPPEL: Umdenken in welche Richtung? Sicherlich nicht in der Richtung, wie es Uhle-Wettler empfiehlt, sondern eher in der Richtung, daß wir auf die letzten zehn Prozent Optimierung bei den Waffensystemen verzichten, die uns die Industrie natürlich immer ganz gerne verkauft, die aber besonders teuer sind. Wir werden also bei jeder einzelnen Forderung prüfen, ob wir nicht Abstriche machen können.

SPIEGEL: Trotz steigender Kosten also weiter wie gehabt] Die Nato ist schon heute mit der Zahl der sofort verfügbaren Soldaten »an der Schwelle des tragbaren Risikos«. Das Zitat stammt von Ihnen. Heißt das im Klartext, daß das deutsche Heer nur »bedingt abwehrbereit« ist?

POEPPEL: Nein. Wenn ich gesagt habe, »an der Schwelle des tragbaren Risikos«, dann meine ich das auch. Wir brauchen zur Deckung des Raumes zwischen Ostsee und Alpen eine berechenbare Zahl von Gruppen -- Infanteriegruppen und/oder Waffensystemen. Unter die jetzt vorhandene Dichte von Waffensystemen und Soldaten dürfen wir auf keinen Fall gehen, weil wir sonst die Geschlossenheit der Verteidigung nicht mehr gewährleisten können.

SPIEGEL: Sie können also personell und materiell Ihren Auftrag erfüllen?

POEPPEL: Ja, wenn noch gewisse Mängel in der Munitionsbevorratung ausgeglichen werden.

SPIEGEL: Herr Poeppel, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

S.23Mit SPIEGEL-Redakteuren Diethelm Schröder und Rüdiger Lentz imBonner Verteidigungsministerium.*S.26An der Artillerie-Schule in Tblissi.*

Diethelm Schröder, Rüdiger Lentz
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