BUNDESKANZLER Veteranen in Miami
Konrad Adenauer hat unerwartet eine Chance erhalten, noch einmal Amerika als Bundeskanzler zu besuchen.
Der Kommandeur der »American Legion«, James E. Powers, hat von seinem Hauptquartier in Washington aus den Bonner Regierungschef eingeladen, als ausländischer Ehrengast an der Jahresversammlung der amerikanischen Kriegsveteranen vom 6. bis 12. September im Florida-Badeort Miami Beach teilzunehmen.
Die »American Legion« zählt neben den beiden großen Parteien - Demokraten und Republikaner - zu den mächtigsten politischen Organisationen der Vereinigten Staaten. Sie repräsentiert zehn Millionen amerikanische Kriegsteilnehmer. Kein Präsident und kein Gouverneur Amerikas kann es wagen, sich mit der Legion anzulegen, ohne um seine Wiederwahl zu bangen.
Im März 1919 von US-Kämpfern des europäischen Kriegstheaters in Paris gegründet, hat die heute radikal antikommunistische Legion zu ihren alljährlich stattfindenden. Veteranen-Heerschauen regelmäßig Feldherren und Staatsmänner verbündeter Nationen als Ehrengäste eingeladen, von Winston Churchill bis Charles de Gaulle. Konrad Adenauer jedoch, der im vergangenen Monat bereits von der regional für Bonn zuständigen Ortsgruppe ("Chapter") Paris ein Ehrenkäppi der Legion aufs Haupt gedrückt bekam, ist der erste Deutsche und der erste Angehörige eines Kriegsgegners Amerikas, der eingeladen wurde.
Noch ist er unentschlossen, ob er fahren soll. Denn so gern er noch einmal während seiner Kanzlerschaft die Reise über den Atlantik antreten möchte, so ungern will er in den Wochen vor Ludwig Erhards Bonner Machtübernahme die Schalthebel im Palais Schaumburg verlassen.
Die außergewöhnliche Ehrung, die in der bisher geheimgehaltenen Einladung der Legion an ihn als Vertreter eines geschlagenen Feindes Amerikas enthalten ist, erfüllte Adenauer mit Stolz, Freude und Genugtuung. Selbst gegenüber Vertrauten aber überspielte er seine Gefühle mit gewohntem Sarkasmus. Für ihn komme nach zwei Kriegen Amerikas gegen Deutschland die Einladung nicht so überraschend.
Konrad Adenauer, der nie Soldat war: »Schließlich gäbe es ja ohne uns in Amerika überhaupt keine Veteranen.«
Ehrenlegionär Adenauer, Kameraden »Ohne uns gäbe es keine US-Veteranen«