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»Victory for Strauß«

Wie ein Rechtskartell den Kanzlerkandidaten Strauß unterstützte Ein Klüngel aus CSU-treuen BND-Agenten, ausländischen Geheimdienstlern, reaktionären Politikern und ultrarechten Journalisten wollte Strauß 1980 zur Macht verhelfen. Wie das Unternehmen ablaufen sollte, steht in den Akten des inzwischen beurlaubten obersten bayrischen Verfassungsschützers Hans Langemann.
aus DER SPIEGEL 37/1982

Beim Bundesnachrichtendienst (BND) sind die Analysen eindeutig. Spätestens Ende dieses Jahres, das gehört in München-Pullach zum angeblich gesicherten Wissen, sei es in Bonn vorbei mit dem sozialliberalen Regiment, spätestens zu Weihnachten hätten die Unionschristen mit Hilfe der Freidemokraten den Machtwechsel geschafft.

Doch was dann werden soll, das wissen auch die Geheimdienstler nicht.

Kommt dann, mit der Abkehr von der Entspannungspolitik, das Rechtsum - marsch zum militanten Antikommunismus der frühen Jahre der Bundesrepublik? Kehrt dann die große Zeit der erzreaktionären Seilschaften zurück, die einst im Dienst das Sagen hatten?

Hoffnung und Sorge maßgeblicher BND-Leute richten sich auf Personalnöte der CDU/CSU und ihres Vormannes Franz Josef Strauß, dem Geheimdienstliches stets Herzensangelegenheit war.

Die Hoffnung ist, daß die Union nach den langen Jahren der Bonner Opposition keine größere Anzahl linientreuer qualifizierter Nachrichtendienstler mehr in Reserve hat, die noch ein beträchtliches Stück von der Pensionsgrenze entfernt sind.

Sorgen macht Pullacher Spitzenleuten, daß Strauß versucht sein könnte, auf alte Kameraden zurückzugreifen, die ihm seit den Tagen des Kalten Krieges die Treue gehalten haben.

Aus diesem Kreis war der CSU-Vorsitzende noch mit Informationen über die rote Gefahr versorgt worden, als ihm die Bonner Sozialliberalen die offiziellen Drähte nach Pullach gekappt hatten. Schließlich war es vom Vorort Pullach bis zur Münchner CSU-Zentrale nicht weit.

Aus jener Gruppe altgedienter Geheimagenten rekrutierten sich auch Informanten für einen Nachrichtendienst, den die Union zu Beginn der 70er Jahre aufzog und in den sie ein weit verzweigtes Kontaktnetz zu ausländischen Gesinnungsfreunden aus dem Metier einflocht.

Diese Dunkelmänner sollten dem CDU/CSU-Kanzlerkandidaten des Jahres 1980 zur Hand gehen. Strauß ließ es zu, daß Agenten und Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes CIA, des britischen Geheimdienstes SIS und des französischen Geheimdienstes SDECE den Regierungswechsel in Bonn mitinszenieren wollten.

Pech für die Rechten, daß sie auch in dem früheren BND-Beamten Hans Langemann, der später zum Staatsschutz-Chef im bayrischen Innenministerium aufstieg, einen der Ihren sahen.

Langemann, der die Nachrichtendienst-Geschäfte seiner CSU-Oberen, des bayrischen Innenministers Gerold Tandler und von Franz Josef Strauß, besorgte, flog auf, als er darüber die eigenen Geschäfte nicht vergaß und Nachrichtenmaterial gegen Kasse Zeitungsleuten anbot.

Auf welche geheimen Verbündeten sich der Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß im Vorfeld des Bundestagswahlkampfs 1980 stützen konnte, berichtete Langemann am 8. November 1979 an Tandler ("Herrn Staatsminister - nur persönlich - Quellenschutz") in einer »sehr »ertraulichen Notiz": 1. Der militant-konservative Londoner » » Publizist Brian CROZIER, bis September 1979 Direktor des » » renommierten »Institute for the Study of Conflict«, bemüht » » sich derzeit zusammen mit seinem weitgefächerten, » » international-politischen Freundeskreis, eine anonyme » » Aktionsgruppe ("transnationale Sicherheitsorganisation") » » auszubauen und auf eine breitere Funktionsebene zu stellen » » ... CROZIER war jahrelang Mitarbeiter von CIA. Es muß » » unterstellt werden, daß seine Aktivitäten von dort aus voll » eingesehen werden.

» Er unterhält des weiteren Verbindungen zu Exponenten (besser » » gesagt, ehemaligen Exponenten) der wichtigsten (westlichen) » » Nachrichten- und Sicherheitsdienste, wie etwa zu Comte de » » MERONGES, Ex-Direktor des französischen SDECE. Darüber hinaus » » sind seine guten Beziehungen zu Mr. »Dickie« FRANKS, Direktor » » des britischen Secret Intelligence Service (sog. MI 6), » » bekannt; sein engster Mitarbeiter, Mr. N. ELLIOTT, war » » Abteilungsleiter bei MI 6. CROZIER, ELLIOTT und FRANKS sind » » kürzlich von Mrs. THATCHER zu einem Arbeitsgespräch in » » Chequers empfangen worden. Demnach muß davon ausgegangen » » werden, daß auch MI 6 vollen Einblick hat, wenn nicht gar zu » » unterstellen ist, daß MI 6 einer der hauptsächlichsten » Sponsoren der anonymen Security-Gruppe ist.

» Engstens konnektiert mit Mrs. THATCHER und Mr. FRANKS ist » » ebenso der im übrigen hervorragende Journalist Robert MOSS, » » der - zusammen mit u. a. Fred LUCHSINGER (NZZ), Chefredakteur » » der »Neuen Zürcher Zeitung«. dem zum Schweizer » » Nachrichtendienst (Oberst BOTTA) zu rechnenden Dr. KUX und » » Richard LÖ-WENTHAL Gemeint ist offenbar ZDF-Moderator Gerhard » » Löwenthal. - in der Promotion publizistischer Maßnahmen der » Gruppe Verwendung findet.

In dem Planungs-Papier heißt es unter anderem:

- V, Ziffer 1

» Spezifische Ziele innerhalb dieses generellen Rahmens sind: »

» Regierungswechsel zu bewirken (a) im Vereinigten Königreich » » (geschehen) und CSU-Innenminister Tandler, Chef: »Nur » » persönlich - Quellenschutz« (b) in West-Deutschland, um die » » Freiheit von Handel und Wandel zu verteidigen und sich allen » » Formen von Subversion, einschließlich des Terrors, » entgegenzustellen ...

- VI A

Was die Gruppe tun kann

...

» Das Verfassen von Beiträgen durch bestimmte, gutbekannte » » Journalisten in Britain, den USA und anderen Ländern. Zugang » zum Fernsehen.

...

» Gewährleisten einer Lobby in einflußreichen Kreisen, sei es » » direkt oder durch Mittelsmänner, eingewiesen oder nicht » eingewiesen.

...

» Die Organisation öffentlicher Demonstrationen in bestimmten » Gebieten und zu ausgesuchten Themen.

...

» Die Einbeziehung (Ausnutzung) der hauptsächlichen » » Nachrichten- und Sicherheitsdienste sowohl zur » » Informationsgewinnung als auch zur Informationsgabe » (Fütterung) in diese Einrichtungen.

...

Verdeckte Finanztransaktionen zu politischen Zwecken.

- VI B

Was die Gruppe tun kann, wenn die Geldmittel bereitstehen

...

» Durchführung internationaler Kampagnen mit dem Ziel, » » feindselige Persönlichkeiten und/oder Geschehnisse zu » diskreditieren.

...

» Inbetriebnahme eines nach selektiven Gesichtspunkten » spezialisierten (eigenen) Nachrichtendienstes ...

...

» Die Etablierung von Büros unter geeigneter Abdeckung, besetzt » » mit jeweils einem hauptamtlichen Koordinator. Die derzeitige » » Planung umfaßt London, Washington, Paris, München (!), Madrid » ...

» 2. CROZIER hat nun im Zusammenhang mit seiner Gruppe, wie es » » jedenfalls für den Nicht-Insider den Anschein haben muß, das » » Projekt »VICTORY FOR STRAUSS« unter Hinweis auf die in » » Großbritannien angewendete publizistische oder verdeckte » » Taktik (Schwerpunktthema u. a. die » » kommunistisch-extremistische Unterwanderung von » » Regierungspartei und Gewerkschaften, KGB-Steuerung des » » Terrorismus, Lähmung der inneren Sicherheit) initiiert. Der » » weiteren Ausgestaltung des Projekts will er » » internationalsteuernd zur Seite stehen. Die operationelle » Thematik-wird bekannt sein.

» Hier muß jedoch vorsorglich die Beachtung des Umstandes » » anheimgegeben werden, daß die personellen Verflechtungen der » » CROZIER-Gruppe, insbesondere seine Affinität zu » » Persönlichkeiten geheimer Dienste, und ihre im » » Planungs-Papier niedergelegten taktisch-konspirativen Ziele » » und angestrebten Methoden mit dem Projekt »VICTORY FOR » » STRAUSS«, wenn auch unbeabsichtigt, so doch vollinhaltlich » » identifiziert werden könnten. Es erscheint auch nahezu » » sicher, daß CRO-ZIER nach Anlage seines Basisvorhabens » » scharfe Abwehrreaktionen solcher Nachrichten- und » » Sicherheitsdienste provozieren muß, deren aufsichtsführende » » Dienstherren nicht auf seiner politischen Linie stehen, wie » » beispielsweise BND und BfV. Da CROZIER gegenüber seinen » » Gesprächspartnern sowohl sein Basisvorhaben als auch das » » vorgenannte Victory-Projekt gemeinsam zur Sprache bringt, » liegt die sich ergebende Problematik auf der Hand.

» Die Folge braucht nicht, aber sie kann in durchaus » » unerwünschter negativer Publizität bestehen. »

Strauß fand nichts dabei, daß ihm von ausländischen Geheimdienstkreisen Schützenhilfe für den Sturz der sozialliberalen Regierung in Bonn zuteil werden sollte und eine Internationale der Reaktion die »publizistische 'Aufwertung' des Herrn Ministerpräsidenten« auf ihre Fahnen schrieb.

1980 hatte der SPIEGEL über vielfältige Kontakte von Strauß zu Geheimdienstlern in aller Welt berichtet und dabei auch die stets streng geheimgehaltene Teilnahme des CSU-Chefs an Treffen eines mysteriösen »Cercle« enthüllt; Langemann erläuterte in einer »vertraulichen S.30 Notiz« an den Persönlichen Referenten von Innenminister Tandler, »eorg Waltner, was es denn mit jenem »Cercle« auf sich habe: » » Vertrauliche Notiz für Herrn MR Dr. Waltner - gemäß » mündlicher Absprache -

CERCLE

(Spiegel 10/80, S. 23)

» 1. Bei dem in erkennbar diffamierender Absicht genannten » » CERCLE handelt es sich, soweit meine früheren BND-Kenntnisse » » und mein jetziges Wissen reichen, um einen losen » » Zusammenschluß etwa zweimal im Jahr und an verschiedenen » » Orten tagender konservativ-antikommunistischer Politiker, » » Publizisten, Bankiers und VIP's anderer Berufsrichtungen, der » » im Ursprung auf den ehemaligen französischen » » Ministerpräsidenten Antoine PINAY zurückgeht. Der Kreis, zu » dem auch Gäste geladen werden, besteht bis heute fort.

» Seine letzte Zusammenkunft führte der »PINAY-CERCLE« am » » Wochenende des 1. Dezember 1979 im Hotel Madison in » » Washington durch. Unter den Teilnehmern sind u. a. die Herren » » Minister a. D. NARJES (Deutschland), Luftfahrtminister a. D. » » Julian AME-RY (GB), CIA-Direktor a. D. William COL-BY, » » Federal Reserve Bank-Direktor VOL-KERS und » » Heritage-Trustfoundation-Präsident FEULER (USA), sodann » » Finanzminister PAN-DOLFI (Italien) und General FRAZER » (Südafr. Rep.) hervorzuheben.

» 2. Als eine Art Geschäftsführer der originär französischen » » Seite fungiert der Pariser Advocat Maitre Jean VIOLET, der » » nach der inzwischen eingetretenen Vergreisung Monsieur » » PI-NAY's im wesentlichen die funktionelle Ausrichtung des » CERCLE übernommen hat.

» VIOLET unterhält zudem Verbindungen zu einigen » » Nachrichtendiensten des Westens; mit Sicherheit zu CIA, zum » » französischen SDECE, zum britischen SIS und zum Schweizer » » militärischen ND, insbesondere zu dessen Beschaffungschef » Oberst BOTTA.

» 3. GEHLEN, den »das Unternehmen, seine Figuren und » » Ergebnisse« stets interessierten, hatte VIOLET als » » »Sonderverbindung (SV)« geworben und dotierte ihn jahrelang » » mit monatlich DM 6000,-. Er behauptete, diese Summe mit dem » » Chef von SDECE, damals General JACQUIER, abgesprochen zu » » haben, weil VIOLET auch vom SDECE die nämliche Summe erhalte. »

» Da ich für »Sondersachen« GEHLENs als leitender Operateur » » tätig war, habe ich VIOLET zusammen mit meinem operativen » » Mitarbeiter, dem verstorbenen Marchese de MISTURA, wiederholt » in seiner Pariser Wohnung kontaktiert.

» Zwischen VIOLET und uns ist der »PI-NAY-Kreis« zwar nie » » ausführlich erörtert worden. Indes habe ich ihm einmal im » » Auftrag GEHLENs DM 30 000,- »für diesen Zweck« ausgehändigt. » » Die Berichterstattung zu diesem Komplex, zu dem auch der » » französische Staatsmann POHER zählte, lief im wesentlichen » » über die SVen Dr. Johannes SCHAUFF und den verstorbenen Klaus » » DOHRN. Später gab mir der Parl. Staatssekretär im BK, Baron » » GUT-TENBERG, persönlich den Auftrag, »den dubiosen VIOLET (DN » » »Veilchen")« gegenspionagemäßig »unter Wind zu nehmen«. » » Daraus ist nichts geworden; aus Gründen, die nicht hierher » gehören.

» Hervorzuheben ist aber, daß VIOLET sich bei keiner » » Gelegenheit eines möglichen Kontakts zum Herrn » » Ministerpräsidenten berühmt hätte, obwohl GEHLEN und » » GUTTENBERG stets besonderes Gewicht auf diesen Punkt legten. » » Da politisch verfärbte Kolportagen und Gerüchtsverbreitereien » » im Grundsatz gegenspionagemäßig »unprofessionell« sind, habe » » ich auch nie den Versuch unternommen, VIOLET insoweit auch » » nur andeutungsweise zu befragen. GEHLEN hat das hingenommen, » » insbesondere hat das mein damaliger direkter Chef, General » LANGKAU (Strategischer Dienst) ausdrücklich gebilligt.

» 4. Neuerdings macht sich innerhalb des CERCLE die Etablierung » » eines »Führungsstabes« oder eines Inneren Kreises bemerkbar, » » der zu aktuellen politischen Fragen eine jeweils geeignete » Aktionstendenz zu erarbeiten trachtet.

» Über den Vorstoß von Brian CROZIER (Transnational Security) » ist bereits berichtet worden.

» Am 5./6. Januar 1980 haben sich, aus der Mitte des CERCLE, in » » Zürich u.a. die Herren Maitre VIOLET, Graf HUYN, MdB, Mr. » » Brian CROZIER (früher langjährig bei CIA), Mr. Nicholas » » ELLIOTT (früher Abt.-Dir. beim brit. SIS), General a. D. » » STIN-WELL (früher US Defense Intelligence Agency), Mr. » » JAMESSON (früher CIA) getroffen, um exekutive Maßnahmen » » durchzusprechen. Diese Konferenz wurde von VIOLET geleitet. »

Hauptsächliche Gesprächsthemen waren u.a.:

» a) Internationale publizistische »Aufwertung« des Herrn » Ministerpräsidenten.

» b) Beeinflussung der Lage in Rhodesien und in Süd-Afrika in » einem europäischkonservativen Sinn.

» c) Aufbau einer starken Richtstrahl-Radio-Station in » » Saudi-Arabien mit den Zielbereichen »Islam«, einschließlich » entsprechender Grenzbevölkerungsschichten in der SU.

Bemerkung:

» Diese beherzigenswerten Ziele werden nach meiner Auffassung » » geheimschutzmäßig nur unzulänglich angegangen. Daher ist eine » » abträgliche Publizistik nicht auszuschließen. Es wird zuviel » » »gequasselt«. Eine fachlich eingeengte Konsultation im Sinne » » auslandsnachrichtendienstlicher Einflußnahme erscheint hier, » wie auch auf anderen Auslandsgebieten, dringend geboten.

München, den 7. März 1980

Abteilung I F

» Dr. Langemann »

Wes Geistes Kind der auch in diesem Papier wieder genannte Brite Crozier ist, der mit offenen und verdeckten Methoden für den Sieg der Konservativen auch in Bonn sorgen wollte, offenbarte er 1979 vor dem Soziologischen Institut der Universität Würzburg. Laut »Welt« plädierte Crozier öffentlich dafür, »die Macht der Parteien in den liberalen Demokratien zu beschränken und ein festes Corps von Berufspolitikern - die durch eine praxisorientierte 'Schule für Politik' laufen müssen - zu schaffen«. S.31

In Gerhard Löwenthals schwarzem ZDF-Kanal befand Crozier ebenfalls 1979: »Man muß wissen, daß die Entspannung keineswegs echt ist. Sie ist ein Mythos. Der Westen muß das endlich begreifen.«

Begierig nahm die Bonner Opposition solche ausländischen Stimmen als Kronzeugen gegen die regierenden Sozialliberalen in Anspruch. So wurde vom Ausland her in den westdeutschen Wahlkampf auch das böse Wort von der »Moskau-Fraktion« in der SPD eingespeist, die das Ausscheren der Bundesrepublik Deutschland aus dem westlichen Bündnis betreibe und Westdeutschland finnlandisieren wolle. Den Wählern sollte verborgen bleiben, daß jene angeblichen Sorgen bei den westlichen Verbündeten Bonns auf Stichworte der CDU/ CSU-Opposition zurückgingen.

Als Propagandist solch verdeckter Tips tat sich der rechtsstehende britische Publizist Robert Moss hervor, der 1973 den chilenischen Militärs in ihrer Offiziers-Zeitschrift »Sepa« zum Staatsstreich geraten hatte.

Über Moss schrieb Langemann am 21. Februar 1980 an sein Ministerbüro, nachdem der britische Autor wieder einmal einige Breitseiten gegen die Sowjet-Union abgefeuert hatte: »Die beigefügte Veröffentlichung im Daily Telegraph vom 11. 2. 1980, die unser Freund Robert Moss verfaßt hat, geht auf hier unternommene Einflußnahmen im Zusammenhang mit dem Büro des Freiherrn von Stauffenberg zurück. Um Kenntnisnahme darf gebeten werden.«

Hans Christoph Schenk Freiherr von Stauffenberg, ein entfernter Verwandter des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg, ist eine der Schlüsselfiguren im Geheimdienstnetz der CSU. Er gibt einen vertraulichen »Informationsdienst« (Auflage: 100 Exemplare) heraus, der die Geheimdienstquellen der Union in In- und Ausland abschöpft. Franz Josef Strauß nimmt den Stauffenberg-Dienst nach Angaben eines engen Mitarbeiters »sehr wichtig«.

Unterstützt wird der Nachrichtendienst durch einen »Arbeitskreis für das Studium internationaler Fragen e. V.«. Dieser Arbeitskreis war zu Beginn der siebziger Jahre gegründet worden, um den Aufbau eines eigenen Nachrichtendienstes der Union zu ermöglichen. Als Berater fungierte der ehemalige Brigadegeneral Wolfgang Langkau, der früher den Strategischen Dienst des BND geleitet hatte.

Die CSU verstand es, dem Arbeitskreis Steuergelder zuzuschanzen. So flossen in den Jahren 1979 bis 1982 aus dem Etat des bayrischen Innenministeriums insgesamt 127 000 Mark an diesen Zirkel.

In einer als »Verschlußsache« deklarierten Notiz erläuterte das bayrische Innenministerium am 7. Juli 1982, wie die Mittel verwendet werden sollten: »Zum Abbau zumeist gegnerisch gesteuerter Vorurteile, zur Erläuterung der Grenzen und Pflichten des Verfassungsschutzes und schließlich zur Darstellung der internationalen Zusammenhänge extremistisch-terroristischer Bestrebungen.«

Freunde der Sozialliberalen beim BND verweisen heute gerne auf einen Spruch, mit dem der Stauffenberg-Dienst 1977 den damaligen französischen Staatspräsidenten Valery Giscard d'Estaing zitiert hatte: Von einer Machtübernahme durch die Opposition in Bonn sei nicht nur nichts zu halten, sondern »alles zu befürchten«.

Sorgen, wie es in Pullach weitergehen soll, macht sich sogar Helmut Kohl. Auch der CDU-Chef fürchtet die Rückkehr der Kalten Krieger und einen Rechtsruck beim Dienst, wenn die CSU über eine CDU/CSU-Regierung in Bonn dort wieder entscheidenden Einfluß gewinnen sollte. Da ist ihm der gegenwärtige BND-Präsident Klaus Kinkel noch lieber, sieht er doch in dem Genscher-Vertrauten den Garanten eines ideologisch nicht befrachteten Aufklärungskurses beim BND.

Um die Christsozialen abzublocken, überlegt Kohl, Kinkel auch dann auf seinem Posten zu belassen, wenn die CDU/CSU bei etwa fälligen Neuwahlen die absolute Mehrheit in Bonn gewinnen sollte.

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