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Am Rande Vom ewigen Frieden

aus DER SPIEGEL 43/2001

Na endlich: Deutschland ist wieder eine einzige große Friedensbewegung. Wir haben unsere Lektion gelernt. Draufhalten und abdrücken - das war einmal. Sechs Wochen nach den Terroranschlägen von New York und Washington, trotz Bombenkrieg am Hindukusch und Milzbrandpanik in der Poststelle - die Normalität der Spaßgesellschaft kehrt zurück. »Monitor«-Prediger Klaus Bednarz enthüllt Geheimpläne, von denen nicht mal das Pentagon weiß, Verona Feldbusch weint auf offener Bühne, und Dieter Bohlen ("Naddel!!!") rückt eine unkoordinierte »Ausholbewegung« in den Bereich des Möglichen. Endlich: Das friedliche Deutschland diskutiert wieder über die wirklich wichtigen Dinge - über den semantischen Gehalt einer »Ausholbewegung« und die Körpersprache der aufgelösten Verona.

Der vorläufige Höhepunkt des wieder erstarkten zivilgesellschaftlichen Diskurses à la Habermas fand freilich in der »Harald Schmidt Show« statt. Hatte dort noch vor zwei Wochen der TV-Moderator Ranga Yogeshwar behauptet, die Rasterfahndung sei die mögliche Vorstufe einer neuen »Endlösung«, so ging es nun im vorbildlich heiteren Gespräch mit Bestsellerautor Florian Illies um die Details der »Anleitung zum Unschuldigsein«. Voll Inbrunst behandelte man die korrekte Bestellung von italienischem Kaffee. Heißt es nun: due Espresso, due Espressis, due Espressi, due Espressos - oder einfach: einen Espresso für mich und einen für die Dame?

Nähme sich doch nur die ganze Welt ein Beispiel an uns! Dann hätten wir ihn, den ewigen Frieden.

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