WAGEN UND WERK
Der Dichter Gabriele d'Annunzio huldigte dem Firmennamen, indem er ihn mit dem Bibelwort von der Schöpfung verquickte: »Es werde Licht« - lateinisch: »Fiat lux«.
Die Schöpfung begann mit einem Knall. An einem Wintertag des Jahres 1892 explodierte in einer veronesischen Werkstatt eine Maschine, die der Kavallerieleutnant Giovanni Agnelli aus einem schrottreifen Daimler-Motor und einem betagten Dynamo gebastelt hatte.
Sieben Jahre später gründete Agnelli, der trotz seiner mißlichen Erfahrung nicht von Verbrennungsmaschinen lassen mochte, zusammen mit einigen Turiner Aristokraten und Geschäftsleuten eine Automobilfirma. Sie hieß »Fabbrica Italiana Automobili Torino« - abgekürzt: Fiat - und entwickelte sich zum bedeutendsten Industrieunternehmen Italiens.
Heute produziert Fiat Automobile, Flugzeuge, Lokomotiven, Kühlschränke, Werkzeugmaschinen, Traktoren und Chemikalien. Dem Konzern gehören Erdölgesellschaften und Schiffahrtslinien. »Kein Außenstehender«, notierte die amerikanische Zeitschrift »The Reporter«, »könnte genau sagen, wie viele Unternehmungen heute von Fiat beherrscht werden.«
Die Firma, deren Aktien zum größten Teil im Besitz der Agnelli-Erben sind, beschäftigt 112 000 Arbeiter und Angestellte. Der Konzernumsatz belief sich im vergangenen Jahr auf etwa 4,1 Milliarden Mark (VW: 5,2 Milliarden Mark); davon entfielen etwa drei Milliarden auf die Kraftfahrzeugfertigung. Fiat stellte 1961 insgesamt 632 000 Kraftfahrzeuge her (VW: 1 007 113) und rangierte damit nach dem Wolfsburger Volkswagenwerk an zweiter Stelle unter den europäischen Automobilproduzenten.
Grundstein des Fiat-Erfolges nach dem Kriege waren die Typen 500, 600 und 1100/1200, die auch in Deutschland - wo mehr Fiat-Autos gekauft werden als in jedem anderen Land der Welt, Italien ausgenommen - rasch populär wurden. Ende der fünfziger Jahre ergänzte die Firma ihr Typenprogramm durch die in strengem Trapezstil konzipierten Modelle 1800 und 2300; mit dem 1300/1500 wurde schließlich die noch verbleibende Lücke in der Anderthalbliter-Klasse gefüllt.
Obwohl »man sich bei Fiat ungern in geistige Unkosten stürzt« (so das Fachblatt »Auto, Motor und Sport"), entstand im 1300/1500 ein Automobil, das trotz herkömmlicher Konstruktionsmerkmale (Starrachse) ein Schlager wurde: ein Kompaktwagen europäischen Zuschnitts - spurtschnell, wirtschaftlich, verkehrstüchtig.
Bislang wurden 140 000 Automobile dieses Typs verkauft. In Deutschland, wo der 1300/1500 erst seit Ende vorigen Jahres ausgeliefert wird, sind 23 000 Wagen zugelassen (darunter 16 800 Fiat 1500).
Technische Daten des Fiat 1300/ 1500: Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor; Hubraum 1295 (1481) Kubikzentimeter; Leistung 61 (67) PS; Viergang-Getriebe mit Lenkradschaltung; Länge 4,03 Meter, Breite 1,56 Meter, Höhe 1,44 Meter; Höchstgeschwindigkeit 140 (150) km/st; Beschleunigung von null auf 100 km/st 18,0 (16,5) Sekunden; Kraftstoffverbrauch zehn bis elf Liter Superbenzin.
Preise: Viertürige Limousine einschließlich Heizung und Lenkschloß 6920 Mark (Fiat 1300) beziehungsweise 7170 Mark (Fiat 1500); Jahressteuer 188 (216) Mark; Haftpflichtversicherung etwa 370 Mark.