»Wanzen« in Bonns Handelsmission
Wenn sich bundesdeutsche Diplomaten in Warschau etwas Wichtiges zu sagen hatten, schwiegen sie -- und tauschten Zettel aus. Grund: Kurz var der Ankunft von Außenminister Walter Scheel zu den Grenzverhandlungen in der polnischen Hauptstadt hatten Bonner Abwehrleute in der Kanzlei der westdeutschen Handelsmission, dem Beratungsort der Verhandlungs-Delegation, neun Geheim-Mikrophone der polnischen Spionageorganisation entdeckt. Die Fahnder des Bundesnachrichteidienstes (BND) hatten die Mikrophone in dem vor mehr als sechs Jahren bezogenen Bürogebäude an der Dabrowiecka Nummer 30 in dem Warschauer Diplomaten-Vorort Saska Kepa (Photo l.) mit modernem Peilgerät aufgespürt. Die Minispione (Branchen-Jargon: »Wanzen") waren in den Arbeitsräumen leitender Missionsbeamter installiert: im ersten Stock an einem Fenster (gestrichelte Linie) und im Fernschreibraum des Hauses, wo die Bonner Diplomaten zuweilen ihre Geheimtelegramme an die AA-Zentrale diktieren. Erläuterte ein BND-Mitarbeiter: »So etwas zu finden, ist technisch gar nicht so einfach.« Damit sei auch zu erklären, daß bei einer früheren Routine-Oberprüfung der Handelsmission zwar einige, aber offenkundig nicht alle Geheim-Mikrophone gefunden worden waren. Ober seine Spürmethoden schwieg der BND-Spezialist sich aus: »Wenn wir da was rauslassen, machen wir uns die Arbeit in anderen Ostblockstaaten schwer. Die Gegenseite sagt ja auch nicht, wo sie ansetzt.« Botschafter Emmel weiß offiziell »nichts über Mikrophonen, gibt aber zu: »Wir haben den Raum hergerichtet.« Da der Missionschef alles tun will, »um das Vertrauen zwischen Polen und Deutschen zu vergrößern«, möchte er aus den Entdeckungen des Bundesnachrichtendienstes keine Affäre machen. Emmel: »Das alles entstammt einer geistigen politischen Haltung, die vor zehn Jahren Mode war.