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Artikel 26 / 87

WAS SOLL BONN TUN?

aus DER SPIEGEL 47/1970

Fortsetzung und Schluß

Bei der Umfrage über innere Reformen, die der SPIEGEL bei dem Wiesbadener Ifak-Institut in Auftrag gegeben hatte, sprach sich die Mehrheit der 2000 Befragten -- die 44 Millionen Staatsbürger ab 18 repräsentieren -- für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer aus. Um festzustellen, wie sich die Meinungen bei einer Verschärfung der Debatte um die Mitbestimmung entwickeln würden, ließ der SPIEGEL fragen, welche Folgen eine erweiterte Mitbestimmung für die Volkswirtschaft mit sich bringen würde.

Zwar entschieden sich die meisten (47 Prozent) für die mittlere Meinung: »Unsere Wirtschaft funktioniert genausogut wie bisher, wenn die Arbeitnehmer mitbestimmen« Aber zu etwa gleichen Teilen entschieden sich die anderen für eine der beiden gegensätzlichen Antworten.

* 24 Prozent wählten die unternehmerfreundliche Ansicht: »Unsere Wirtschaft funktioniert besser, wenn die Unternehmer allein entscheiden, also wenn die Arbeitnehmer nicht mitbestimmen.«

* 22 Prozent wählten die arbeitnehmerfreundliche Ansicht: »Unsere Wirtschaft funktioniert besser, wenn die Arbeitnehmer mitbestimmen.«

Welcher sozialen Schicht die Befragten angehören, Ist für Ihre Antwort von Belang. Nur jeder siebente Arbeiter, aber fast jeder zweite Selbständige meint, daß die Wirtschaft besser funktioniert, wenn die Unternehmer allein bestimmen. Daß sie umgekehrt besser funktioniert, wenn mitbestimmt wird, meint fast jeder dritte Arbeiter, aber nur jeder achte Selbständige.

CDU/CSU- und FDP-Wähler denken in dieser Frage fast gleich. Daß die Wirtschaft bei Mitbestimmung der Arbeitnehmer besser funktioniert, meinen nur 16 Prozent der CDU/CSU- und 14 Prozent der FDP-, aber 31 Prozent der SPD-Wähler.

Auch wenn es um die Gewerkschaften geht, polarisieren sich die Meinungen beiderseits einer großen Mitteigruppe. Auf die Frage, ob die Gewerkschaften heute »eher zu radikal«, »eher zu lasch« oder »gerade richtig« handelten, entschieden sich

* 41 Prozent für »gerade richtig«,

* 29 Prozent für »eher zu radikal« und

* 27 Prozent für »eher zu lasch«.

Hier zeigt sich bei Arbeitern noch Klassenbewußtsein. Ihre Ansichten weichen vom Durchschnitt ab, wie ihn etwa Angestellte und Beamte repräsentieren.

Noch anschaulicher ist der Vergleich zwischen den Arbeitern und den Selbständigen: Nur 18 Prozent der Arbeiter, aber 50 Prozent der Selbständigen halten die Gewerkschaften für zu radikal. Hingegen sind sie nur 16 Prozent der Selbständigen, aber 35 Prozent der Arbeiter zu lasch.

Die Ansichten von Gewerkschaftsmitgliedern unterscheiden sich erheblich von denen der Durchschnittsdeutschen. Zu radikal sind die Gewerkschaften nach Meinung von 29 Prozent der Gesamtbevölkerung, aber nur von 13 Prozent ihrer Mitglieder, umgekehrt sind sie zu lasch nach Auffassung von 27 Prozent der Gesamtbevölkerung, aber von 40 Prozent ihrer Mitglieder.

Weit gehen die Ansichten auch unter den Parteianhängern auseinander. Zu radikal sind die Gewerkschaften für 44 Prozent der CDU/CSU-Wähler, aber nur für 15 Prozent der SPD-Wähler. Umgekehrt werden sie für zu lasch gehalten von 35 Prozent der SPD-, aber nur von 18 Prozent der CDU! CSU-Wähler.

So unterschiedlich die Bundesbürger darüber denken, ob und wie soziale Gegensätze und Kämpfe ausgetragen werden sollen, so einmütig bejahen sie soziale Nah- und Fernziele. Ließe sich ohne Konflikt der Weg zum Wohlfahrtsstaat beschreiten, so wäre eine breite Mehrheit dafür zu gewinnen. Auf welche Sozial-Reform die Befragten in den Ifak-Interviews auch angesprochen wurden -- stets waren weit mehr dafür als dagegen.

Eine Mindestrente für alle wollen 85 Prozent, und nur 14 Prozent waren dagegen, als gefragt wurde:

Es wird darüber gesprochen, ob alle Leute -- also nicht nur Berufstätige -- in Zukunft eine Mindestrente bekommen sollen, damit niemand auf die Fürsorge angewiesen ist. Berufstätige würden auf Grund ihrer Beiträge mehr Rente oder Pension bekommen, Sind Sie dafür oder dagegen, daß solch eine Mindestrente eingeführt wird?

Diese Zahlen sind für alle Gruppen gleich, für Angestellte und Arbeiter wie für Landwirte, für 18jährige und für 80jährige. für Gewerkschaftler und für Nichtgewerkschaftler, für Wähler der CDU! CSU wie der SPD, für Alte mit karger Rente ebenso wie für Berufstätige mit hohem Einkommen. Die kleinste Mehrheit gab es bei den Befragten mit Einkommen von mehr als 2000 Mark netto im Monat, aber auch von ihnen sind noch 69 Prozent dafür.

Die Ansichten über die wünschenswerte Höhe gingen allerdings weit auseinander. Die Mindestrente würden festsetzen auf

* weniger als 150 Mark nur ein Prozent der Befragten,

* auf einen Betrag zwischen 150 und 250 Mark: sieben Prozent,

* zwischen 250 und 350 Mark: 16 Prozent,

* zwischen 350 und 500 Mark: 24 Prozent,

* zwischen 500 und 600 Mark: 17 Prozent,

* zwischen 600 und 700 Mark: acht Prozent,

* auf 800 Mark oder mehr: vier Prozent.

Ebenso groß wie für die Mindestrente ist die Mehrheit auch dafür, in die Altersversorgung der Arbeiter und Angestellten auch die Selbständigen und Angehörigen freier Berufe einzubeziehen: 86 Prozent sind dafür, lediglich 13 Prozent dagegen.

Kleiner ist die Mehrheit der Deutschen, die eine flexible Altersgrenze bejahen.

Die Frage:

Heule erhalten Männer mit 65 Jahren und Frauen mit 60 Jahren ihre Rente oder Pension. Man diskutiert heute die Möglichkeit, daß jeder von einem bestimmten Alter an selbst entscheiden kann, wann er aufhört zu arbeiten. Wer früher aufhört zu arbeiten, würde natürlich eine entsprechend niedrigere Rente oder Pension bekommen. Sind Sie für eine solche Regelung, oder sollte die Altersgrenze wie bisher einheitlich festgesetzt sein?

67 Prozent entschieden sich für freie Entscheidung des einzelnen, 32 Prozent für eine feste Altersgrenze wie bisher.

So frei wie die Alten über den Ruhestand sollen nach Volksmeinung die Jungen über ihren Wehrdienst nicht entscheiden dürfen. Das ergaben die Antworten auf die Fragen zur Bundeswehr. Die wichtigste:

Bei dem System, wie wir es heute haben, gibt es die Wehrpflicht. In anderen Ländern gibt es ein sogenanntes Berufsheer, das heißt, nur solche Leute werden Soldaten, die sich das freiwillig als Beruf ausgesucht haben. Dafür gibt es aber dann keine Wehrpflicht. Eine weitere Möglichkeit wäre, daß die Wehrpflicht mit einer kürzeren Dienstzeit als bisher beibehalten wird und es daneben Berufssoldaten gibt. Es plädierten

* 37 Prozent für die Wehrpflicht wie bisher,

* 33 Prozent für ein Berufsheer und

* 29 Prozent für kürzere Wehrpflicht und mehr Berufssoldaten.

Mit anderen Worten: Einer knappen Zweidrittelmehrheit der Bundesbürger wäre eine andere Organisation der Bundeswehr, als sie jetzt besteht, lieber.

CDU/CSU-Anhänger erklärten sich zumeist für die jetzige Wehrpflicht, unter SPD-Sympathisanten, aber auch unter FDP-Wählern ist ein Berufsheer populärer.

Die Wehrpflicht wie bisher ist unter Frauen etwas populärer als unter Männern. Größer sind die Unterschiede je nach Alter: Für die heutige Regelung ist fast jeder zweite Rentner, aber nur jeder siebente Deutsche zwischen 18 und 20 Jahren, Die absolute Mehrheit der Bürger in dieser Altersgruppe will den Bürger nur dann in Uniform sehen, wenn er das Soldatsein als seinen Beruf gewählt hat.

Die von Verteidigungsminister Helmut Schmidt angestrebte Lösung (Wehrpflicht mit kürzerer Dienstzeit und mehr Berufssoldaten) hat unter den Deutschen jeden Alters, jeden Bildungsgrades und jeder politischen Richtung etwa gleich viele Anhänger: Jeweils etwa ein Viertel bis knapp ein Drittel entschied sich hierfür.

Wer vor 1945 Soldat war, bejaht die Wehrpflicht eher als derjenige, der nach 1955 In der Bundeswehr gedient hat. Umgekehrt plädieren insgesamt 75 Prozent der ehemaligen Bundeswehrsoldaten (gegenüber 58 Prozent der früheren Wehrmacht-Soldaten) dafür, auf die Wehrpflicht entweder ganz zu verzichten oder aber sie stark zu kürzen.

Wenn auch nach Meinung der meisten Deutschen die Wehrpflicht für alle eingeschränkt oder sogar auf gehoben werden sollte, so ist doch nur die Hälfte dafür, daß der einzelne größere Freiheit erhält als bisher,

Das zeigen die Antworten auf die Frage:

In der Bundesrepublik gibt es heute die Wehrpflicht. Nur wer den Wehrdienst verweigert und als Wehrdienstverweigerer anerkannt wird, kann dafür einen Ersatzdienst, beispielsweise als Pfleger in Krankenanstalten oder als Helfer in Entwicklungsländern, ableisten. Sollte diese Regelung beibehalten werden, oder sollte es in Zukunft die Möglichkeit geben, daß alle jugendlichen frei entscheiden dürfen, ob sie den Wehrdienst in der Bundeswehr

oder einen Ersatzdienst ableisten wollen? Es bejahten je 49 Prozent die bisherige Regelung und die freie Entscheidung des einzelnen.

Dabei gibt es fast keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Aber wiederum fallen die Antworten je nach Alter verschieden aus. Für die derzeitige Regelung findet sich nur unter den Deutschen über 50 eine absolute Mehrheit. Bei denen zwischen 30 und 50 sind die Meinungen geteilt, während von den 21- bis 30jährigen die Mehrheit, von den 18- bis 20jährigen sogar eine Zweidrittelmehrheit die freie Entscheidung des einzelnen bejahte.

Von den Ex-Soldaten der Bundeswehr, den Deutschen mit Abitur und den SPD-Wählern, den früheren Wehrmacht-Soldaten und den Deutschen mit Volksschulbildung ist die Mehrheit für die derzeitige Regelung.

Daß hinter den hohen Zahlen für strikte Wehrpflicht oft eine eher emotionale als rationale Ablehnung der Wehrdienstverweigerer steckt, förderte eine weitere Frage zutage: Woran es wohl liege, daß immer mehr junge Leute den Wehrdienst verweigern.

Überwiegend werden den Wehrdienstverweigerern egoistische oder radikale politische Motive unterstellt. Typische Antworten: »Das Gammeln Ist ihnen lieber«, »Sind zu faul und zu bequem«, »Weil sie nur dummes Zeug im Kopf haben«, »Sind durch Wohlstand verweichlicht«, »Die jungen Knaben wollen sich nicht von ihrer Mähne trennen«, »Kein Interesse am Vaterland«, »Nur noch Rauschgift im Kopf«.

Oder: »Politische Aufwiegelung durch Studenten«, »Hetze von links«, »Scheu vor Ordnung und Disziplin«. Andere werfen den Wehrdienstverweigerern vor, sie seien »Feiglinge« oder »Drückeberger«.

Seltener als solche scharfen Anti-Argumente wurden materielle Gründe genannt, etwa: »Dienstzeit Ist zu lang«, »Verdienstausfall«, »Schlechter Sold«, »Ausbildungsprozeß wird unterbrochen«.

Insgesamt wurden Argumente, die eine Aversion gegen die Wehrdienstverweigerer offenbaren, etwa so häufig vorgebracht wie andere, mit denen die ethischen Motive der Nicht-Soldaten anerkannt werden oder Kritik an der Bundeswehr geübt wird. Beispiele: »Lassen sich vom Gewissen leiten«, »Weil sie das Leben achten und nicht töten wollen«, »Sind Pazifisten«, »Vom Krieg die Nase voll«. Beispiele für Kritik an der Bundeswehr: »Wegen Schikanen von Vorgesetzten«, »Weil sie nicht wie Hasen gescheucht werden wollen«, »Drill wie zu Hitlers Zeiten«.

Je älter die Deutschen sind, um so abfälliger urteilen sie über die Wehrdienstverweigerer, hingegen wiegen unter den jüngeren Bundesbürgern materielle Gründe und ethische Motive schwerer. Aber die Einstellung zu den Wehrdienstverweigerern scheint weder mit der Schulbildung noch mit der politischen Haltung zu korrelieren. Die Antworten, aus denen eine Aversion gegen die Nicht-Soldaten spricht, wurden von SPD-Anhängern in gleichem Maße gegeben wie von CDU/CSU-Sympathisanten. Männer aber, die selber der Bundeswehr angehört haben, denken in größerer Zahl positiv über die Motive der Wehrdienstverweigerer.

Während große Teile der Bevölkerung über junge Landsleute, die aus Gewissensgründen keinen Wehrdienst leisten, noch kritischer urteilen, als gemeinhin angenommen wird, scheint die Unzufriedenheit mit den Krankenhäusern und Arztpraxen nicht ganz so groß zu sein, wie oft vermutet wird. »Vorbildlich« ist die weiße Welt der Kliniken und Sprechzimmer zwar nur für vier Prozent der Deutschen, aber »im allgemeinen zufrieden« sind 40 Prozent. 45 Prozent meinen, daß »vieles verbessert werden« muß, und elf Prozent der Befragten nennen das Gesundheitswesen »völlig unzureichend«.

Kassen- und Privatpatienten unterscheiden sich kaum voneinander, was die allgemeine Einschätzung des Gesundheitswesens angeht. Erheblich kritischer äußern sich allerdings jene Kassenpatienten, die eine private Zusatzversicherung abgeschlossen haben. Von ihnen ist nur etwa ein Drittel mehr oder minder zufrieden; fast zwei Drittel verlangen Reformen.

Ohne vorgegebene Antworten wurde nach den Nachteilen im Gesundheitswesen gefragt. Ärzten und anderem Personal galt der Vorwurf der schlechten Behandlung und Betreuung, den elf Prozent der Befragten erhoben. Aber häufiger wurden andere Gründe vorgebracht. Es nannten

* 25 Prozent den Mangel an Krankenhäusern (Typische Antworten: »Zu viele Kranke in einem Raum«, »Bettenmangel«, »Es fehlen Spezialkliniken");

* 20 Prozent den Ärztemangel ("Müssen mehr Zeit für Patienten haben«, »Man muß bei Fachärzten zu lange warten«, »Mehr Landärzte");

* 18 Prozent den Mangel an Pflegepersonal ("Zuwenig Schwestern«, »Personal wird überfordert");

* 13 Prozent das Klassensystem ("Beste Behandlung nicht nur für kleine Schicht«, »Mehr Gleichheit").

Veraltete Apparaturen und schlechte Arzneimittel monierten fünf Prozent, ebenso viele bemängelten unmoderne Krankenhäuser ("Noch wie vor 100 Jahren"), und drei Prozent kritisierten die schlechte Bezahlung des Pflegepersonals.

Zwölf Prozent gaben andere Antworten, die schwer einzuordnen waren, etwa: »Mehr für die Krebsforschung tun«, »Rezept-Gebühr abschaffen«, »Luftverpestung ändern, dann gibt es auch weniger Krebs«, »Bessere Arbeitsbedingungen schaffen, mehr Urlaub geben, damit die Menschen einen schönen Lebensabend ohne viel Gebrechen haben«.

Von sich aus hatte nur jeder achte das Krankenhaus-Klassensystem kritisiert. Größer war die Zustimmung, als nach der Meinung über das klassenlose Krankenhaus gefragt wurde: 75 Prozent sprachen sich dafür, nur 19 Prozent dagegen aus.

Daß relativ wenige von sich aus das Klassen-Krankenhaus monierten und relativ viele sich, konkret danach gefragt, für die Gleichheit aller Krankenhaus-Kranken entschieden, läßt einen politischen Schluß zu: Wenn schon ein Stichwort eine so breite Zustimmung auslöst, dann wird erst recht derjenige mit positiver Resonanz rechnen können, der diese politische Aufgabe In Angriff nimmt.

So entschieden wie beispielsweise bei der Erbschaftsteuer die Privilegien der Reichen von der großen Mehrheit verteidigt werden, so eindeutig sind weitaus die meisten dafür, daß unter Kranken Gleichheit herrscht.

Zwar äußern sich FDP-Wähler zurückhaltender, aber auch von ihnen ist noch eine Zweidrittelmehrheit für die Abschaffung der Klassen im Krankenhaus. Bei der CDU sind es 70, bei der SPD sogar 79 Prozent.

So hochprozentig ist die Mehrheit auch bei den Kassenpatienten, und sogar die Privatpatienten verteidigen ihre teuer erkauften Privilegien keineswegs geschlossen: 59 Prozent dieser exklusiven Gruppe sind für und nur 36 Prozent sind gegen Gleichheit am Krankenbett.

Wo heute die Mängel der dritten Klasse im Krankenhaus am gravierendsten sind, sollte anhand einer Liste gesagt werden. Es entschieden sich für die Antworten

* »Es liegen zu viele Kranke in einem Raum": 69 Prozent;

* »Man kann seltener Besuch bekommen": 53 Prozent;

* »Das Essen ist schlechter": 45 Prozent;

* »Der Chefarzt kommt zu selten": 40 Prozent;

* »Die Betreuung der Schwestern und Pfleger Ist schlechter": 36 Prozent;

* »Die ärztliche Behandlung ist schlechter": 30 Prozent;

* »Die Versorgung mit Medikamenten ist schlechter": 27 Prozent.

Diese Reihenfolge ändert sich In keiner Teil-Gruppe. Anhänger aller Parteien denken hierüber ebenso wie Befürworter und Gegner des klassenlosen Krankenhauses, Kassen- wie Privatpatienten, Befragte mit Krankenhauserfahrung ebenso wie andere, die nie stationär behandelt wurden.

Daß viele Deutsche zumindest unsicher geworden sind, ob das derzeitige Gesundheitssystem sozial genug ist, zeigen die Reaktionen auf den sprichwörtlich gewordenen Filmtitel: »Weil du arm bist, mußt du früher sterben«. Jeder vierte Deutsche meint, daß diese Behauptung zutrifft, ebenso viele Bundesbürger sind vom Gegenteil überzeugt. Knapp die Hälfte (49 Prozent) ist der Ansicht, daß an diesem Spruch »etwas Wahres dran« sei.

Privatpatienten bezweifeln die Wahrheit dieses Satzes häufiger als Kassenpatienten, CDU/CSU- und FDP-Wähler häufiger als SPD-Wähler. Vom Einkommen sind die Ansichten ziemlich unabhängig: Die Reichen denken hierüber fast so wie die Armen.

Staatlicher Zwang, als Eingriff ins Eigentum von großer Mehrheit abgelehnt, wird gebilligt, wenn er der Gesundheit des einzelnen dient. 73 Prozent der Deutschen sind dafür, daß staatliche Vorsorge-Untersuchungen, etwa gegen Krebs und Zuckerkrankheit, jedem zur Pflicht gemacht werden. Aber Immerhin 26 Prozent meinen, daß auch das jedem selbst überlassen bleiben sollte. CDU/CSU- und SPD-Wähler denken in diesem Punkt fast gleich, während unter FDP-Wählern größere Zurückhaltung gegenüber Zwang herrscht.

Daß die Bundesbürger zwar sozialen Fortschritt bejahen, die Bildungsreform aber geringschätzen oder sogar ablehnen, ist eine weitverbreitete Ansicht. Jahrelang wurde sie unterstützt von Zahlen, die demoskopische Institute bekanntmachten.

Hier wird umgedacht werden müssen. Seit vor sechs Jahren das Wort von der Bildungskatastrophe in die Schlagzeilen gekommen Ist, hat sich ein Wandel im Bewußtsein der Mehrheit vollzogen. Die SPIEGEL-Umfrage belegt es vielfältig.

Den Durchschnittsdeutschen mutet die Summe von 100 Milliarden Mark astronomisch an. Es gibt nichts in seinem Alltag, das diese Zahl anschaulich macht. Sie Ist unvorstellbar hoch. Daß diese Summe Im Jahre 1980 für Schulen und Universitäten ausgegeben werden solle, wurde den Befragten mitgeteilt und zugleich erläutert, das sei rund viermal soviel wie heute.

Zwei von drei Bundesbürgern stimmten gleichwohl der Ansicht zu: »Diese Bildungsreformen sind so wichtig« daß das Geld eben auf irgendeine Weise aufgebracht werden muß.« Nur jeder dritte meinte: »Wenn das soviel kostet, dann kann man eben nicht so viele Bildungsreformen machen.«

In diesem Punkte denken die Deutschen fast gleich, unabhängig davon, ob sie sonst über Reformen positiv oder eher skeptisch urteilen. Und es findet sich für die Bildungsmilliarden nicht etwa nur unter den Deutschen mit Kindern -- sozusagen aus Gruppen-Egoismus -- eine breite Mehrheit.

Auch der Bildungsurlaub, den es gesetzlich noch nicht gibt, ist schon populär. Fast neun von zehn Bürgern bejahen die Frage, ob Berufstätige einen »vom Arbeitgeber bezahlten Urlaub beanspruchen dürfen sollen« um sich weiterbilden zu können«. Aber die Meinungen sind geteilt, ob alle Berufstätigen darauf Anspruch haben sollen oder »nur einige besonders Tüchtige« (so die beiden vorgegebenen Antwortmöglichkeiten). 46 Prozent entschieden sich für die weitergehende, 42 Prozent für die andere Antwort. Volksschüler und Akademiker denken fast gleich hierüber, ebenso Gewerkschaftler und Nichtgewerkschaftler. Die größte Mehrheit für einen Bildungsurlaub gibt es unter denjenigen Deutschen, die trotz Abitur nicht studiert haben (97 Prozent). Auch andere Ergebnisse zeigen, daß vermutlich keine andere Gruppe in der Bundesrepublik der Bildungsreform so aufgeschlossen gegenübersteht wie diejenigen, die selber zumeist wahrscheinlich studieren und ein Examen ablegen wollten, aber nicht konnten.

Unter den CDU! CSU- ebenso wie unter den FDP-Wählern überwiegt die Ansicht, daß nur den Tüchtigen ein Bildungsurlaub gewährt werden solle. Eine Mehrheit (sogar eine absolute) für den Anspruch aller gibt es hingegen unter den Anhängern der SPD.

Was eine Gesamtschule ist, weiß nur jeder dritte Deutsche. Aber jeder zweite hält das heutige Schulsystem für überholt.

Um die Kenntnisse auf dem Bildungssektor zu erforschen, wurde gefragt:

Wenn heute von »Gesamtschule« gesprochen wird, verstehen die Leute verschiedene, darunter. Was verstehen Sie unter »Gesamtschule«?

Richtige Antworten im engeren Sinne gab knapp ein Drittel der Befragten (31 Prozent): Sie sagten, daß Volks-, Mittel- und Oberschulen zusammengelegt werden sollten. Werden die minder richtigen Antworten hinzugezählt ("Einheitsschule« zum Beispiel), so läßt sich behaupten, daß 45 Prozent der Bundesbürger eine Vorstellung von der Gesamtschule haben. Noch weit geringer dürfte der Anteil der Deutschen sein, die über die bildungspolitische Situation halbwegs orientiert sind: Die SPD-Landesregierungen und die Bundesregierung bejahen die Gesamtschule als künftige Schulform, während die CDU/CSU-Landesregierungen allenfalls langjährige Versuche mit Gesamtschulen zulassen und das heutige System reformieren, aber nicht beseitigen wollen.

Ähnlich war die Situation vor einigen Jahren hinsichtlich der Konfessionsschule, und die damaligen Kämpfe wirken noch heute nach. Jeder achte Befragte verwechselt die Gesamtschule mit der Gemeinschaftsschule und glaubt, es gehe um die Beseitigung der Konfessionsschulen. Einige sprechen dann von Gesamtschule, wenn Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtet werden. Andere haben falsche Vorstellungen wie »einheitlicher Schulweg« oder »neun Jahre Grundschule«. Keine Antwort wußten oder sagten 31 Prozent der Befragten, weitere sechs Prozent drückten sich verschwommen aus.

Unter den Volksschülern mit Lehre wußte nur etwa ein Drittel, von den Akademikern wußten nahezu zwei Drittel mehr oder minder genau Bescheid. Und die Zahl derer, die keine Antwort gaben, beträgt bei den einen 41, bei den anderen nur 13 Prozent.

Um zu erfahren, was die Befragten von der Gesamtschule halten, mußte man sie mit der Frage zugleich Informieren. Der Text:

Sehr oft versteht man unter Gesamtschule, daß alle die verschiedenen Schularten, wie Volksschule, Mittelschule, Oberschule, zu einer Schule zusammengefaßt werden. Zwei Meinungen wurden vorgegeben, und es zeigte sich, daß die Ansichten fast genau geteilt sind: 48 Prozent sind davon überzeugt, daß die »Gesamtschule besser den Fähigkeiten des einzelnen Kindes zugute kommt« 49 Prozent hingegen wollen beim heutigen System bleiben: »Verschiedene Schularten wie bisher sind besser für die verschiedenen Begabungen«.

Da aber erst jeder dritte Deutsche weiß, was eine Gesamtschule ist, kann es die Verfechter dieser neuen Schule zukunftsfroh stimmen, daß schon jeder zweite sich dafür ausspricht.

Daß die Orientierung über die Gesamtschule eine erfolgversprechende politische Aufgabe ist, läßt sich an Zahlen ablesen: Von denen, die sich als informiert erwiesen, Ist eine klare Mehrheit für die Gesamtschule, während es bei den Unwissenden umgekehrt ist.

Trügerisch Ist die Hoffnung etlicher Studienräte, ihre ehemaligen Schüler würden das Gymnasium verteidigen. Sie sind im Gegenteil noch zahlreicher als frühere Volksschüler für die Gesamtschule und damit für den Tod des Gymnasiums. Wie die Eltern von Schulkindern sich kaum häufiger für die Gesamtschule aussprechen als andere Bundesbürger, so gibt es auch fast keinen Unterschied zwischen SPD- und FDP-Wählern. Unter den CDU/CSU-Anhängern hingegen sind 55 Prozent für die alte und 42 Prozent für die neue Schule.

Daß weit mehr Kindergärten gebaut werden müssen, wird von fast niemandem bestritten. So groß wie bei keiner anderen Frage Ist hier die Mehrheit: 95 Prozent der Deutschen sind der Ansicht, daß auf diesem Gebiet noch viel zu tun ist. Die meisten meinen sogar, daß diese Aufgabe nicht aufgeschoben werden darf.

Erkundet wurde die Volksmeinung mit der Frage:

Heute geht von vier Kindern eines in den Kindergarten. Mehr Kindergarten zu bauen, würde sehr viel Geld kosten. Sollte man sofort mehr Kindergarten bauen, sollte man das erst im Laute der Zeit tun, oder sollte man den Bau zunächst ganz zurückstellen?

Während sonst oft die Neigung vieler Bürger groß zu sein scheint, sich für eine mittlere Linie zu entscheiden -- vielleicht mit der Absicht, weder vorzupreschen noch hinter anderen zurückzubleiben -, wählten hier mehr als zwei Drittel (69 Prozent) die entschiedenste Antwort: Es müßten sofort mehr Kindergärten gebaut werden. Daß diese Aufgabe erst im Laufe der Zeit erledigt werden sollte, meint nur etwa ein Viertel der Bundesbürger (26 Prozent). So klein ist mithin die Zahl der Deutschen, die mit dem derzeitigen Tempo der Entwicklung zufrieden sind. Nur eine winzige Minderheit (vier Prozent) plädiert dafür, den Bau neuer Kindergärten zunächst zurückzustellen.

Wie die Deutschen über die Kindererziehung urteilen, zeigen die Antworten auf die Frage nach der Prügelstrafe. Drei von vier Befragten denken in diesem Punkt strenger, als es sogar Bayerns Kultusminister Ludwig Huber seinen Lehrern erlaubt; Huber hat jüngst in dem weißblauen Freistaat als letztem Bundesland die Prügelstrafe offiziell abgeschafft.

Zwischen drei Antworten konnten die Befragten wählen, und es entschieden sich

* 26 Prozent für die konservative Antwort: »Schläge gehören auch zur Erziehung, das hat noch keinem Kind geschadet«;

* 49 Prozent für die mittlere Antwort, die auch noch den Erkenntnissen der modernen Pädagogik widerspricht: »Schläge kommen höchstens als letztes Mittel in Frage, wenn wirklich nichts anderes mehr hilft«;

* 23 Prozent für die zeitgemäße Antwort: »Es ist grundsätzlich verkehrt, daß man ein Kind schlägt, man kann jedes Kind auch ohne Schläge erziehen.«

Je älter die Deutschen sind, um so größer ist die Zahl derer, die Schläge bejahen: Nur 13 Prozent der 18- bis 20jährigen, aber schon 26 Prozent der 30- bis 50jährigen und sogar 33 Prozent der Deutschen im Rentenalter sind der Ansicht, Schläge hätten noch keinem Kind geschadet. Daß Prügel als letztes Mittel geeignet seien, meint In allen Altersgruppen etwa die Hälfte.

Die Deutschen denken über Schläge als Mittel der Erziehung gleich, unabhängig davon, ob sie eigene Kinder haben oder nicht. Aber es wird In den Familien um so weniger geschlagen, je besser die Schulbildung der Eltern ist. Nur jeder fünfte ehemalige Volksschüler meint, aber vier von zehn Deutschen mit Abitur glauben, Kinder ohne Schläge erziehen zu können.

Es macht aber fast keinen Unterschied, ob jemand politische Reformen eher bejaht oder verneint: Die Prügel-Prozente sind etwa gleich.

Wer allerdings entschiedener Verfechter der Hochschulreform ist, denkt auch über häusliche Erziehung modern. Und es zeichnet sich ab, daß die Zahl derer wächst, denen die Universitäten nicht mehr gleichgültig oder unheimlich sind.

Gewandelt hat sich offenbar die Meinung darüber, wie die Studenten ihr Studium finanzieren sollen. Noch vor drei Jahren war das sogenannte Studentengehalt ein Tabu. Der -- seinerzeit noch nicht linksradikale-Verband Deutscher Studentenschaften hatte es 1968 gefordert und war auf empörte Ablehnung gestoßen. Sogar unter den Studenten wurde diese Forderung damals nur von 39 Prozent gebilligt.

Bis heute hat sich keine Partei diese Forderung zu eigen gemacht. Aber sie ist mittlerweile für eine Minderheit der Bevölkerung schon akzeptabel, vielleicht sogar für die Mehrheit diskutabel geworden.

Denn auf die Frage, wie heute das Studium finanziert werden solle, entschieden sich

* 19 Prozent für eine Art Studentengehalt: »Jeder sollte unabhängig vom Einkommen seiner Eltern in jedem Monat vom Staat ständig einen festen Betrag erhalten«;

* 43 Prozent für ein Sozial-Stipendium: »Nur wer es nicht bezahlen kann, sollte während des Studiums monatlich genügend zum Leben erhalten«;

* 31 Prozent für ein Leistungs-Stipendium: »Nur wenn ein Student besondere Leistungen nachweist, sollte er eine monatliche Unterstützung erhalten«;

* vier Prozent für die Eigenfinanzierung: »Jeder Student sollte selbst oder durch seine Eltern das Studium finanzieren.«

Nur noch ein Bruchteil der Deutschen wünscht sich mithin die alte Zeit wieder herbei, in der vom väterlichen Monatswechsel das Studium abhing.

Die Ansichten von ehemaligen Volksschülern und von Akademikern über Studentengelder differieren kaum. Das spricht dafür, daß Rassentiments gegen »die« Studenten sich entweder nicht in diesen Zahlen niederschlagen oder aber gleichmäßig In allen Schichten verbreitet sind.

Lediglich die Meinung der Deutschen mit Abitur, die nicht studiert oder die Universität vor dem Examen verlassen haben, weicht In einem Punkt erheblich ab: Von ihnen ist jeder dritte für ein Studentengehalt. Oft wird es die eigene -- schlechte -- Erfahrung sein, die diese Bürger veranlaßt, eine staatliche Finanzierung ohne Rücksicht auf väterlichen Lohn und eigene Leistung zu befürworten.

Ob eine Aversion gegen die Studenten sich darin ausdrückt, daß der weitere Anstieg ihrer Zahl abgelehnt wird, läßt sich ebenfalls nur vermuten, aber nicht feststellen. Sicher ist nur, daß zwei gegensätzliche Ansichten In fast gleichem Maße verbreitet sind.

Jedem Befragten war mitgeteilt worden, daß es 1980 eine Million Studenten geben solle, dreimal soviel wie heute. Fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) meint, daß eine Million Studenten im Jahre 1980 zuviel sein werde, Aber die andere Hälfte Ist der Überzeugung, daß diese Zahl gerade ausreichen werde (40 Prozent) oder daß es sogar zu wenige sein werden (elf Prozent).

Mit je drei vorgegebenen Antworten konnte für die Verlängerung des Studiums entweder den Studenten die Schuld gegeben oder einem anderen Grund zugestimmt werden.

An den Äußerungen läßt sich ablesen, wie die Deutschen über ihre Studenten denken. Am häufigsten entschieden sich die Befragten für eine Antwort, die nicht den Studenten die Schuld gibt: »Weil es heute mehr zu lernen gibt als früher« (43 Prozent). Aber fast so populär ist auch die Antwort, die am eindeutigsten die Schuld bei den Studenten sucht: »Weil sie vor lauter Streiken und Demonstrieren nicht mehr zum Studieren kommen« (38 Prozent).

Häufigkeit weiterer Antworten: »Weil die Arbeitsbedingungen an der Universität schlecht sind« (29 Prozent), »Weil die Studenten zwischendurch Geld verdienen« (22 Prozent), »Weil sie nicht mehr so fleißig sind« (21 Prozent), »Weil die Professoren die Studenten nicht gut unterrichten« (sechs Prozent).

Die Antworten auf Bildungs-Fragen zeigen, welche Stufen der Dringlichkeit es nach Volksmeinung gibt: Zwei Drittel der Deutschen sind offenbar unzufrieden mit dem derzeitigen Bildungssystem in der Bundesrepublik und bereit, hohe Ausgaben in Kauf zu nehmen. Aber die grundsätzliche Einsicht, wie notwendig die Bildungsreform ist, bedeutet noch nicht das Einverständnis im Detail. Dem Bau von Kindergärten applaudiert eine große Mehrheit. Wenn es aber um umstrittene Aufgaben geht, etwa die Schaffung der Gesamtschule oder den weiteren Ausbau der Hochschule, können die Reformpolitiker vorerst nur auf die Zustimmung der Hälfte der Bundesbürger setzen.

Auch andere Ergebnisse beweisen wachsende Einsicht in bildungspolitische Fakten. Daß Arbeiterkinder zu dumm für die Hochschule seien, meint nur noch eine verschwindend kleine Minderheit. Das stellte sich bei den Antworten auf die Frage heraus, warum es »auf höheren Schulen und an den Universitäten nur wenig Kinder von Arbeitern gibt«.

Nur jeder 16. sieht die Ursache in mangelnder Intelligenz. Typische Antworten: »Es fehlt denen der Grips fürs Studium«, »Es steckt mehr in der Faust als im Kopf«, »Intelligenz grad zu niedrig«, »Sind nicht so klug«, »Die Begabung wird wohl fehlen«.

Zuweilen wird dem Milieu die Schuld gegeben. Antwort-Beispiele für diese Gruppe: »Niveau der Eltern«, »Arbeiter erziehen wieder Arbeiter«, »Eltern können bei den Schularbeiten nicht helfen«, »Geistige Unbewegtheit der Eltern«.

Nur jeder neunte sieht die Gründe darin, daß Arbeiterkinder auf frühen Broterwerb bedacht sind und vor dem langem Studium zurückscheuen, oder darin, daß sie kein Interesse am Aufstieg haben: »Die meinen, das ist nichts für sie«, »Sind mehr praktisch veranlagt«, »Mangelnder Ehrgeiz«.

Weitaus am häufigsten aber -- von der Hälfte der Befragten -- werden finanzielle Gründe genannt: »Arbeiter sind ärmer«, »Haben zu viele Kinder«, »Zu großer finanzieller Aufwand erforderlich«, »Geldmangel«.

Etwa ein Viertel der Deutschen gibt dem Bildungssystem die Schuld: »Benachteiligung wegen ihrer Herkunft«, »Standesdünkel der Deutschen«, »Werden nicht für voll genommen«, »Arbeiterkinder werden in höheren Schulen unterdrückt«, »Weil Arbeiter kein Prestige besitzen«.

Stolz auf die deutschen Hochschulen Ist, wie es scheint, nur noch eine Minderheit im früher so genannten Volk der Dichter und Denker. »Jedenfalls halten lediglich noch 24 Prozent der Bundesbevölkerung die Schulen und Hochschulen der Bundesrepublik für besser als diejenigen in der DDR.

Und groß ist die Mehrheit, die entweder beide deutsche Bildungssysteme für gleich gut hält (34 Prozent) oder der DDR einen Vorsprung zugesteht (35 Prozent).

Mit anderen Worten: Zwei von drei Bundesbürgern sind schon bereit, das Bildungssystem der DDR als gleich gut oder als besser anzuerkennen. Aber vorerst noch nicht einmal jeder zweite Bundesbürger ist bereit, die DDR als zweiten deutschen Staat anzuerkennen. In Bonn bleibt viel zu tun.

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