»Wer BRD sagt, richtet Unheil an«
Die Bedrohung scheint manch einem allgegenwärtig: Gesichtet wurde der Feind in westdeutschen Schulen und in Sportarenen, in Fernsehstudios und Ministerien, in Banken und Konzernen.
Allerorten hat der Angreifer verräterische Spuren hinterlassen -- auf den Landkarten in »Harms' Grundschulatlas« wie auf Autoaufklebern, in der »Deutschen Sparkassenzeitung« und in Daimler-Benz-Anzeigen, auf Marmeladengläsern aus Schwartau und auf Pillenpackungen von Schering. Selbst »Goldi, das zarte Suppenhuhn«, trägt als Herkunftsbezeichnung ein Kürzel, das Gefahr für Deutschland signalisiert: BRD.
Denn diese drei Buchstaben sind so jedenfalls Baden-Württembergs CDU-Chef Hans Karl Filbinger -- eine »kommunistische Agitationsformel«, dazu bestimmt, das Wort Deutschland aus dem Sprachgebrauch der Deutschen zu verdrängen und damit letztlich die »geschichtliche Identität« der Nation zu vernichten. Axel Springers,, Welt« weiß, wie das Zersetzungswerk begonnen hat: Gebraut in den Giftküchen Pankower Psycho-Krieger, sei die »,DDR'-Erfindung« 1972 von keinem anderen als Egon Bahr, dem Undurchsichtigen, »in den Bonner Sprachgebrauch« eingeführt worden.
Und nachdem »man in früheren Jahren ohne die Kurzform »BRD' ausgekommen« sei, so wiederum Hans Karl Filbinger, hätten unter sozialliberaler Ägide immer mehr Westdeutsche das verräterische Kürzel verwendet und sich damit als »Handlanger« der »gegen die deutschen Interessen gerichteten Politik Ost-Berlins« demaskiert.
Weil schließlich auch ein »fahrlässiger Gebrauch der Sprache beträchtliches Unheil anrichten kann« (Filbinger), hat vor einigen Jahren eine Handvoll deutscher Männer den Kampf gegen das undeutsche Kürzel aufgenommen: Im »ZDF-Magazin« warb Moderator Gerhard Löwenthal für einen Autoaufkleber »BRD Nein! Bundesrepublik Deutschland Ja!«, im »Deutschland-Union-Dienst« bot der Vertriebenen-Politiker und langjährige Gänsefüßchen-Experte der CDU, Herbert Hupka, »Schach der »BRD«.
An vorderster Front im semantischen Bürgerkrieg ficht seit langem ein Berliner: Der Zehlendorfer Studiendirektor Klaus Gehrmann, 42. schrieb nach eigener Zählung »ungefähr tausend Firmen« an, deren Werbeschriften oder Waren die schlimmen Buchstaben aufwiesen. Der Handelslehrer -- von ZDF-Löwenthal dem Fernsehvolk bereits zweimal präsentiert -- hatte die verdächtigen Versahen auf dem Senf von Appel wie auf dem Käse von Kraft entdeckt, in Westermanns Schulbüchern wie auf Wasas Knäckebrot.
Vor der von Springers sturmfluterfahrenem »Hamburger Abendblatt« verkündeten Pflicht, »Dämme gegen die BRD-Flut« zu errichten, mochte sich auch das Fußvolk der CDU/CSU nicht drücken. Kaum eine Gruppe der Jungen Union, kaum eine parlamentarische Hinterbank, in der sich in den letzten Jahren nicht freiwillige Sprachwächter fanden, die roten Lettern auszumerzen.
Berliner Unions-Jungvolk erspähte die Abkürzung im Vorlesungsverzeichnis der Freien Universität, Sommersemester '78. Nordrhein-westfälische Provinzabgeordnete wurden in den Papieren des Rechenzentrums Moers und der Schulbehörde von Wesel fündig. In 5904 Eiserfeld wurde ein Sonderstempel der Bundespost eingezogen. der die »höchste Eisenbahnbrücke der BRD« pries.
Bonner Christdemokraten fielen Glückwunschkarten des UN-Kinderhilfswerks in die Hände, die laut Begleittext von einem »Stefan Lochner, BRD« gestaltet waren. Ein Düsseldorfer Parteifreund fand das Kürzel auf den Seiten 12 und 13 der Schrift »Umweltschutz in Nordrhein-Westfalen«. West-Berlins »Schüler-Union« durchsuchte Lesebücher, bayrische Abgeordnete protestierten in Briefen an Funk-Intendanten und verfaßten parlamentarische Anfragen. Hamburger Unionler machten in der »Tagesschau«-Redaktion westliche »Nachplapperer« aus, von denen die »östliche Importware« verbreitet worden war.
Erfolge sind nicht ausgeblieben: In diesem Jahr, so scheint es, ist die vermeintliche Offensive aus dem Osten entscheidend gebremst worden. Zwar hatten, offenbar beeindruckt von der Kampfmoral der Kürzelgegner, die Regierungschefs des Bundes und der Länder bereits im Mai 1974 vereinbart, daß im amtlichen Bereich nur die volle Bezeichnung »Bundesrepublik Deutschland« zu verwenden sei.
Nun aber soll die Abkürzung auch aus dem internationalen, dem halbamtlichen wie dem privaten Sprachgebrauch total verbannt werden. In Brüssel haben Bonner Vertreter bereits eine Dienstanweisung durchgesetzt, die in sämtlichen Dokumenten. Schriftstücken und Briefen der Europäischen Ge-
* In der Münchner Olympia-Halle beim Spiel einer westdeutschen Handballauswahl gegen eine Mannschaft aus Milbertshofen.
meinschaft die Verwendung der Abkürzung BRD verbietet.
Im Februar verlautbarten die Rundfunkanstalten. auch sie wollten nun auf das Kürzel verzichten. Im Juni zog die Kultusministerkonferenz nach: Schulbücher, in denen die Buchstaben BRD verkommen, sind verboten. In Aufsätzen, ergänzte West-Berlins Schulverwaltung, dürfe das Kürzel -- wenn das Thema Deutschland im Unterricht behandelt worden ist als Fehler angestrichen werden.
Aus dem Straßenbild vieler Städte haben listige Bürokraten die lästige Formel ohnehin längst getilgt. In Berlin drehte der sozialdemokratische Wirtschaftssenator Karl König 1974 jedem mit »Entziehung der Fahrerlaubnis«, der die drei Buchstaben neben das National-Oval mit dem D aufs Auto geklebt Latte. In Bonn verteilten Polizisten Bußgeldbescheide; denn, so die amtliche Begründung, allzu leicht könne der BRD-Aufkleber mit einem fremden Nationalitätskennzeichen verwechselt werden -- gemeint war offenbar das BRU von Brunei, britisches Protektorat auf der Pazifik-Insel Borneo, 135 665 Einwohner, 9990 Autos.
Auf dem Index stehen die Buchstaben mittlerweile auch hei vielen Verbänden, in Industrie- und Handelskammern und in den meisten westdeutschen Unternehmen, die der Verdächtigung entgehen wollen, kommunistische Sympathien zu hegen
Einige Firmen, so die Nürnberger »Molkerei-Zentrale Süd GmbH & Co. KG«, klagten zwar über das Problem, auf dem »relativ kleinen Etikett« ihrer »Sennerbrotzeit-Schmelzkäsezubereitung mit Schmelzsalz aus Bayern, streichfähig, 20 % Fett i. Tr., 150 g« auch noch das »relativ lange Wort Bundesrepublik Deutschland« unterzubringen. Schließlich aber obsiegte bei den Nürnberger Käsern, wie sie mitteilten, der Respekt vor der »Souveränität der Bundesrepublik Deutschland": Auch sie gelobten, »bei zukünftigen Neudrucken die Bezeichnung BRD nicht mehr zu verwenden«.
Doch ausgerechnet jetzt, (la nur noch Scharmützel mit versprengten Unbelehrbaren bevorzustehen scheinen' wird Peinliches offenbar: Die rechten Schreibtischkrieger haben jahrelang gegen ein Phantom angekämpft.
Die Abkürzung BRD nämlich, so weist jetzt die renommierte Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) nach, ist alles andere als kommunistischen Ursprungs.
Während Kürzelgegner lamentieren, jemand wie Adenauer »hätte diese Abkürzung, die uns von den Ostblockstaaten aufgezwungen wird, nie zugelassen« (Gehrmann). belegt das GfdS-Organ »Der Sprachdienst« zweifelsfrei. daß Bonner Bürokraten die Formel geschöpft haben -- vor gut einem Vierteljahrhundert, unter Konrad Adenauer.
Gebräuchlich und »in keiner Weise politisch anstößig« (GfdS) war die Abbreviation schon bald nach der Gründung des Bonner Staates im Jahre 1949; bereits im »Buch der Abkürzungen«. erschienen 1952, sind die Buchstaben verzeichnet, Und wie selbstverständlich taucht das BRD selbst mitten im Kalten Krieg in Franz Josef Straußens »Ministerialblatt des Bundesministers für Verteidigung (1958) ebenso auf wie im regierungsoffiziellen Handbuch »SBZ von A bis Z«. herausgegeben von Adenauers Gesamtdeutschem Minister Ernst Lemmer.
Auch die einschlägigen Wörterbücher und Enzyklopädien bezeugen derlei Sprachgebrauch: Bertelsmanns »Aktuelles Lexikon« (ab 1956) und das »Große Duden-Lexikon« (1964), »Der Neue Herder« (1965) und das »Bertelsmann-Lexikon« (1966), der »Rechtsehreibduden« (1967) und (ler »Neue Brockhaus« (1968). das »Ullstein-Lexiken der deutschen Sprache« (1969) und »Meyers Enzyklopädisches Lexikon« (1977) -- sie alle enthalten Zeilen wie »BRD -- Abk. für Bundesrepublik Deutschland«.
Während der sechziger, auch noch Anfang der siebziger Jahre breitete sich die Abkürzung ungestört aus. Sie taucht in zentralen Dienstvorschriften der Bundeswehr auf, im CSU-»Bayernkurier« und in Springers »Welt am Sonntag«. BRD findet sich in Schriftsätzen der Bayerischen Staatsregierung und in Büchern Bonner Politiker wie in den 1969 von Walter Scheel herausgegebenen »Perspektiven deutscher Politik«.
Just in der DDR jedoch wurde die Kurzform BRD in jenen Jahren sorgsam vermieden -- ebenso wie die Langform. Statt dessen verwendeten die DDR-Agitatoren damals durchweg die polemisch gemeinten Bezeichnungen »Westdeutschland« und »(west)deutsche Bundesrepublik«, um auszudrücken, daß der Bonner Staat -entgegen seiner gesamtdeutschen Zielsetzung -- nur ein deutscher »Separatstaat« sei.
»Erst 1970«. recherchierte das Sprachforscherblatt' »tritt »BRD' im »Neuen Deutschland' und in Erklärungen der DDR-Regierung systematisch auf; 1973 ist die Umstellung auf »BRD' abgeschlossen.«
Die Erklärung für diesen Wandel liege -- so die Sprachexperten -- auf der Hand: »Zweifellos« habe die Ost-Berliner Regierung damals »im Zuge der Normalisierung des Verhältnisses zwischen beiden deutschen Staaten die bisherigen polemischen Bezeichnungen für die Bundesrepublik Deutschland durch eine neutrale ersetzen« wollen.
Die vom Bonner Staat als Eigenname beanspruchte Kurzform »Deutschland« sei für die DDR »aus politischen Erwägungen nicht in Betracht« gekommen. Ebenso unzweckmäßig mußte aus Ost-Berliner Sicht die Verwendung des Kurznamens »Bundesrepublik« anmuten; denn eine Vielzahl anderer Staaten, von Österreich über Jugoslawien bis Nigeria, führt diese Bezeichnung ebenfalls in ihrem Namen.
Warum Ost-Berlin schließlich den DDR-Medien die ausschließliche Verwendung des Kürzels BRD und nicht der formellen Version »Bundesrepublik Deutschland« verordnete, »wissen wir nicht«, räumen die Sprachforscher ein. Möglicherweise sei diese Bezeichnung »des sprachlichen Parallelismus zu »DDR' wegen« bevorzugt worden oder aber um »,Deutschland' auf »D' zu reduzieren«.
Wie auch immer -- seit der DDR jene Abkürzung recht war, die den Bonnern selber jahrzehntelang billig gewesen war, galten die Lettern BRD in der Bundesrepublik plötzlich als »unerwünscht": »Nachdem »Deutschland' in der DDR zum Politikum geworden war«, schreibt der »Sprachdienst«, »wurde es »BRD' in der Bundesrepublik.«
Gegen die eingebürgerte Abkürzung zogen jäh jene Politiker zu Felde' die in einer anderen Auseinandersetzung um Worte damals gerade eine Niederlage hatten einstecken müssen: 1971 hob das Bundeskabinett ersatzlos Sprachregelungen aus den Jahren 1961 und 1965 auf, die bis dahin beispielsweise untersagt hatten, die »DDR« DDR zu nennen, zu sprachlichen Verrenkungen wie »sogenannt«, » Gebilde« und »Phänomen« geführt hatten und zunehmend als lächerlich empfunden worden waren.
Gleichwohl trauerten konservative Politiker und Publizisten der alten Sprachregelung in Sachen DDR nach -- Grund genug, in Sachen BRD flugs nach einer neuen zu rufen. Denn gerade unsinnige Richtlinien haben -- wie damals die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« kritisch anmerkte -- unschätzbare Vorzüge: Sie erleichtern es. »innerhalb des eigenen Staatsgebietes die Leute in Böcke und Schafe einzuteilen«, ermöglichen es, Abweichler als »deutschvergessen« und »ehrvergessen« zu diffamieren.
Die Verwendung des Kürzels BRD in den letzten Jahren könnte mithin als Lehrbeispiel dafür dienen, daß -- so die Zürcher »Weltwoche« -- »Sprachregelungen' keineswegs das Privileg diktatorischer und totalitärer Regimes« sind: Wenn selbsternannte Sprachhüter semantische Geßlerhüte aufrichten, um dem Volk auch noch so unsinnige Gesinnungsbeweise abzuverlangen, mag kaum einer den Gruß verweigern.
Nur wenige Politiker widersetzten sich dem Begehren der Sprachkämpfer. von dem alten, praktischen Kürzel BRD zu lassen, nur weil es nun auch die DDR-Offiziellen verwendeten: 1973 etwa erklärte der damalige Regierungssprecher Rüdiger von Wechmar auf eine CDU-Anfrage beherzt, BRD sei eine durchaus »korrekte Kurzbezeichnung«.
Später reagierten nur noch vereinzelt Prominente auf den gesamtdeutschen Kürzelkrampf mit Humor -- so Martin Neuffer, Intendant des Norddeutschen Rundfunks, der sich letztes Jahr fürs Dritte Programm zu der Frage interviewen ließ, wie NDR-Redakteure ihre Republik bezeichnen sollten.
REPORTER: Was sind Ihre Empfehlungen?
NEUFFER: Es kann natürlich immer nur Bundesrepublik Deutschland hei-Sen ... Sehen Sie, der Norddeutsche Rundfunk sendet am Tag drei Hörfunkprogramme und zwei Fernsehprogramme. Das Wort Bundesrepublik Deutschland kommt darin im Durchschnitt etwa 40mal vor. Der Zeitunterschied zwischen der Aussprache von BRD und Bundesrepublik Deutschland beträgt anderthalb Sekunden. Dies bedeutet auf den Tag gerechnet 40mal anderthalb Sekunden: eine volle Minute. Rechnen Sie dies aufs Jahr um, so haben Sie bei 365 Tagen eine Programmzeit von sechs Stunden und fünf Minuten und in Schaltjahren von sechs Stunden und sechs Minuten.
Sehen Sie, wenn wir diese Zeit nicht so füllen, wie sie jetzt gefüllt wird, dann müßten wir andere Programme für eine Sendezeit von sechs Stunden und fünf Minuten beziehungsweise sechs Stunden und sechs Minuten machen -- und das ist bei den derzeitigen Gebühren nicht möglich.
REPORTER: Noch einmal konkret: Wie sollen wir uns verhalten?
NEUFFER: Sie sprechen immer aus: Bundesrepublik Deutschland -- und nicht zu schnell
Das Gros der westdeutschen Politiker und Bürokraten ließ sich hingegen von den Kürzelgegnern ins Bockshorn jagen. Dabei waren deren Argumente durchweg dürftig.
Da behauptete der CDU-Abgeordnete Hans Stereken schlicht: »Angefangen hat das ganze mit der UdSSR: die Bezeichnung des alten Rußland sollte durch ein Monstrum von Namen ausgelöscht werden« -- gerade so, als hätten sich die USA noch nicht konstituiert.
Da behauptete die CDU in ihrem Pressedienst. das BRD werde deshalb so gern verwendet, weil es eine der »im kommunistischen Machtbereich so beliebten Buchstabenfolgen« sei -- gerade so. als hätten die Christdemokraten nie etwas gehört von Nato und KSZE, MRCA und DGB, von EG und IBM.
Daß über Staatsbezeichnungen so ideologisch wie unlogisch diskutiert wird, ist freilich eine gesamtdeutsche Erscheinung. Daß.., Namen nicht Schall und Rauch. sondern giftiger Kampfstoff in der psychologischen Kriegführung« ("Neues Deutschland") des jeweiligen Gegners sind, ist für Ost-Berliner Propagandisten ebenso ausgemacht wie für ihre Kontrahenten in der westlichen »Welt": »Wer über die Begriffe regiert«, glaubt deren Leitartikler Günter Zehm, »regiert bald auch über die Seelen der Menschen:«
So giften denn seit langem DDR-Agitatoren gegen das in internationalen Abkommen der Bundesrepublik zugesprochene Kennzeichen D auf Autos und vor Postleitzahlen. Vorübergehend verstümmelten Ost-Blätter gar die Abkürzung SPD zu SP -- ohne daß sie selber zugleich das D in ihrem Staatspartei-Kürzel SED strichen.
Und so wie Bonn sich jahrelang geweigert hat, die DDR bei ihrem Eigennamen zu nennen, versuchen DDR-Verbündete in internationalen Gremien beharrlich, den als alldeutsch-anmaßend empfundenen Titel der Bundesrepublik Deutschland (russisch: Federatiwnaja Republika Germania) zu verfälschen in Bundesrepublik Deutschlands (Federatiwnaja Republika Germanii).
Im Gegenzug bestehen Bonner Sprachkämpfer, vor allem in den Unionsparteien. darauf, das Wort Deutschland selbst dann als Synonym für Westdeutschland zu verwenden, wo Präzisierung not täte. Da muß sich in Sportreportagen »die deutsche Schwimmerin mit dem sechsten Platz begnügen', während »die DDR sich eine Silbermedaille holt«. Und da kämpft »das deutsche Boot bis zum letzten Meter, doch es reicht nur für den vierten Platz; die DDR kassiert das Silber«.
Noch immer widersetzen sich CDU-orientierte Sport-Funktionäre zudem der Absicht Willi Daumes, sein »Nationales Olympisches Komitee für Deutschland«. das in Wahrheit nur für Westdeutschland zuständig ist, umzubenennen in »Nationales Olympisches Komitee der Bundesrepublik Deutschland«.
Selbst die Wiesbadener Sprachtorseher mokieren sich über den »Bierernst«, der die gesamtdeutschen Querelen um Namen und Abkürzungen beherrscht. Sosehr sie indes die Legendenbildung um die Herkunft der Buchstaben BRD kritisieren, so wenig empfehlen sie dieses Kürzel für den »allgemeinsprachlichen« Gebrauch.
Denn, so das Blatt, »der öffentliche Sprachgebrauch sollte für jedermann verständlich sein und deshalb Abkürzungen vermeiden«. Daß die -- grammatisch ohnehin anfechtbare -- Abkürzung BRD (sprachlich korrekt wäre BD) in vielen Fällen gar nicht notwendig sei, belegen die Sprachkundler mit einer Analyse der westdeutschen Pressesprache, die, wie sie loben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ohne BRD auskommt*.
Im fachsprachlichen Umgang dagegen, etwa in politologischen und statistischen Arbeiten, in Lexika, auf Landkarten und Schaubildern. ist nach Ansicht der Sprachforscher eine »eindeutige Abkürzung« aus ökonomischen Gründen zuweilen durchaus vonnöten. Filbingers Vorschlag. statt BRD lieber GER oder D zu verwenden, löse dieses Problem jedoch nicht. »Man kann zwar«, so der »Sprachdienst«, »bei Tabellen, Anzeigetafeln u. ä. »GER' oder »D' verwenden, nicht aber im laufenden Text; »das Regierungssystem der BRD' ist sprachrichtig, »das Regierungssystem von GER' oder »das Regierungssystem des D' wohl kaum«.
Fazit der Sprachforscher: »Erkennt man die Zweckmäßigkeit einer Abkürzung für den Staatsnamen »Bundesrepublik Deutschland' an, so gibt es keine Alternative zu
Die meisten Westdeutschen scheinen das ähnlich zu sehen. Die vom (West-) »Deutschen Institut für Normung« vorgeschlagene Kurzform DEU gefiel letztes Jahr bei einer Umfrage nur sechs Prozent der Interviewten. Für GER stimmten 18 Prozent. Mit dem Kürzel BRD waren 50 Prozent der Befragten einverstanden.
* Der SPIEGEL bezeichnet nach einer Untersuchung des »Sprachdienstes die Bundesrepublik Deutschland überwiegend als Bundesrepublik (67 Prozent), ferner als »Deutschland« (25 Prozent). »Westdeutschland (3 Prozent). Bundesrepublik Deutschland« (2 Prozent). »Bonner Staat« (2 Prozent) und »Germanien« (1 Prozent). Abkürzungen wie »BR Deutschland und »BRD« wurden in den analysierten SPIEGEL-Ausgaben überbaupt nicht verwendet.