Wer hat den Schwarzen Peter?
Der immer wieder in der Verwaltung verwendete Begriff der »gerichtsverwertbaren Erkenntnisse« stammt aus dem Vokabular der geheimen Nachrichtendienste und weist darauf hin, daß es auch andere Erkenntnisse gibt. Es sollte daher nur noch von »beweisbaren Tatsachen« gesprochen werden, die notfalls ein Gericht nachprüfen kann.
Das Gespräch mit Filbinger befaßt sich leider mit der eigentlichen Problematik des Themas »Radikale und öffentlicher Dienst« nur am Rande. Den Ämtern für Verfassungsschutz ist in diesem Zusammenhang eine Rolle aufgezwungen
worden, die ihnen nach der Verfassung und den Gesetzen primär nicht obliegt, nämlich die Weitergabe von sogenannten Sekundärinformationen, das sind Daten über Einzelpersonen für Stellen außerhalb des geschützten Geheimbereichs der Nachrichtendienste.
Die Ausnahme scheint zur Regel geworden zu sein; denn die Primärinformationen bilden die Unterlage für die ständige Erstattung von Lageanalysen über Bestrebungen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährden.
Die Frage des SPIEGEL: Wer ist ein Verfassungsfeind? zielt auf die Kernproblematik: Nach welchen konkreten, überprüfbaren Kriterien richtei sich diese schwierige Feststellung und wer ist dafür verantwortlich? über die Weitergabe dieser Informationen gibt es bisher keine ausreichenden, praktikablen Rechtsvorschriften. Der Schwarze Peter wandert zu den anfragenden Einstellungsbehörden, deren Personal-Sachbearbeiter oft in der Auswertung des nachrichtendienstlichen Materials überfordert sind denen auch die notwendige Sachkenntnis in der Beurteilung politischer Sachverhalte Schwierigkeiten bereitet. So geht der Schwarze Peter im Konfliktfalle an die Ämter für Verfassungsschutz wieder zurück
Ein unrühmlicher Kreislauf, der für das Ansehen unserer rechtsstaatlichen Demokratie wenig förderlich ist.
Wiesbaden
DR. JUR. H. JOACHIM SCHWAGERL * Lehrbeauftragter für Probleme des Verfassungsschutzes an der Technischen Hochschule Darmstadt
* Schwagerl, Regierungsdirektor. Seit 1968 Referent für öffentlichen Verfassungsschutz im hessischen Innenministerium.