"DM" Wie gehabt
Sechs Monate lang war das Blatt tot.
Am Donnerstag nächster Woche wird es wiederauferstehen. Titel-Zeile: »DM ist wieder da«.
Mit geliehenem Geld bescheren die Frankfurter »Pardon«- und »Schmunzelbücher« - Verleger Erich Bärmeier, 38, und Hans Nikel, 36, Westdeutschlands Konsumenten aufs neue jene »Erste Zeitschrift mit Warentests«, die im Frühjahr wegen eines spektakulären Millionenkonkurses ihres Stuttgarter Verlegers Waldemar Schweitzer, 40, verendet war (SPIEGEL 32/1966).
Auch die neue »DM« (Startauflage: 300 000) wird alle 14 Tage für 1,50 Mark pro Heft Tips fürs Geldverdienen, -anlegen und -ausgeben vermitteln sowie Waren (in Nummer 1: Kaffeemaschinen und Make-up) testen - wie gehabt.
Bärmeier und Nikel (Verlagssignet: B + N) erweckten die Zeitschrift, weil sie glauben, eine neu aufpolierte »DM« habe »gute Marktchancen«, lasse sich »rentabel machen« und könne ohne »unsauberen Clinch mit der Industrie« und ohne den »DM«-üblichen Rattenschwanz von Prozessen auskommen.
Die beiden Frankfurter Jung-Unternehmer, die von Schweitzers 2,3 Millionen-Gläubiger Herget ("DM« - und »Pardon«-Druckerei) kaufwillig gestimmt worden waren, fühlen sich überdies als Konsumenten-Apostel einschlägig qualifiziert: Im Jahre 1951 hatten Bärmeier und Nikel schon einmal eine Art Verbraucherzeitschrift produziert - einen keinen »Preisbeobachter« für Frankfurt und Umgebung. Das Heftchen ging nach wenigen Monaten wieder ein. Schlußsaldo: 4,80 Mark Überschuß. Wenig später mauserten sich die Ex-Journalisten jedoch zu Wunderknaben der Verlagsbranche: »B + N« setzten seit 1954 mehrere Millionen Karikaturenbände ab, brachten seit 1962 (Bärmeier: »Gegen die Voraussagen aller Fachleute") ihr satirisches Monatsblatt »Pardon« auf 130 000 verkaufte Exemplare und werden dieses Jahr nahezu vier Millionen Mark Umsatz machen.
Wiewohl laut Bärmeier »gut mit Eigenkapital ausgestattet«, mußten sie für die neue »DM« (Kauf- und Startkosten: rund eine Million Mark) hohe Kredite in Anspruch nehmen - von der gewerkschaftsnahen »Bank für Gemeinwirtschaft«. Spekulationen, wonach die »DM« deshalb besonders gewerkschafts- und konsumvereinsfreundlich sein müsse, nennt Verleger Bärmeier »völlig abwegig«. Denn: »Wir arbeiten mit einer Bank wie mit einer Druckerei, nicht wie mit Hintermännern.« Und: »Die neue ,DM' würde auch schreiben, der GEG-Kaffee schmeckt schlecht, wenn er schlecht schmeckt*.«
Die neuen »DM«-Gebieter wollen um »klare, aber faire Testurteile« bemüht sein. Dazu verhelfen soll ihnen das alte »DM-Testinstitut« in Fellbach bei Stuttgart, das »B + N« einschließlich »DM« -Titel, -Rechte, -Abonnenten und -Archiv für 320 000 Mark aus Schweitzers Konkursmasse fischten.
Sie besetzten das Institut mittlerweile mit 25 Testern, wandelten das
»DM« -Anhängsel in ein selbständiges »Institut für Warenprüfung GmbH« (Kapital: 200 000 Mark) um und nahmen als geschäftsführenden Leiter einen dritten Partner in die Gesellschaft auf: den Stuttgarter Fachzeitschriften- und Zeitungs-Verlagskaufmann Hans 0. Keller, der als Vizepräsident des bundesdeutschen Marketing- und Verkaufsleiterclubs über gute Beziehungen zu Industrie und Werbewirtschaft verfügt. Über diesen Kanal sollen dem Fellbacher Institut (Nikel: »Es arbeitet absolut wissenschaftlich, ohne jede Manipulation") auch Fremdaufträge beschafft werden. Außerdem sucht das Institut weitere Teilhaber - wie einst Schweitzer für seinen siech gewordenen Verlag.
Die neuen Verleger sehen die »DM« -Zukunft so rosig, daß sie sich mit einem beträchtlichen Mietvorschuß in ein StuttgarterVorstadtkino einkauften, das mangels Kunden derzeit zum Bürohaus umgebaut wird. Dort sitzen schon zehn Redakteure; jeder zweite kommt von der alten »DM«.
Auf einen längeren Aufenthalt in Stuttgart richtet sich auch der bisherige
»Pardon«-Redaktionsleiter Rolf Lamprecht, 36, ein. Er wurde als »Redaktionsdirektor« und verlängerter Arm des Frankfurter Verlags zum »DM«-Produktions- und Druckort versetzt.
Ob die Zeitschrift auch in Zukunft den Titel »DM« behalten wird, ist freilich ungewiß. Denn Waldemar Schweitzer hält ihn für sein persönliches Eigentum und den Verkauf durch den Konkursverwalter an »B + N« für unrechtmäßig. Die neuen »DM«-Herren halten daher vorsichtshalber »einen Ersatztitel in Reserve«.
Bärmeier: »Welchen, sag' ich aber nicht.«
* GEG - Großeinkaufsgesellschaft deutscher
Konsumgenossenschaften, die Produktions- und Handelszentrale für 7500 Läden.
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Neue »DM«
... Tips aus dem Vorstadtkino