Wie Terroristen an Ausweise kommen
Obwohl die Innenminister der Bundesländer schon vor mehr als einem Jahr strenge Auflagen für die Aufbewahrung von Ausweisen und Kfz-Papieren beschlossen haben, können sich Terroristen nach wie vor bei Stadtverwaltungen und in Landratsämtern bedienen.
Wie das Wiesbadener Bundeskriminalamt (BKA) jetzt intern aufführte. wurden von August 1977 bis zum Juni dieses Jahres bei elf Einbrüchen 350 Blankovordrucke für Bundespersonalausweise und 177 Reisepässe gestohlen. Die meisten der Dokumente, so vermuten BKA-Experten, gingen an terroristische Gewalttäter.
Daneben fielen Dokumenten-Dieben 70 Personalausweise, zwölf Reisepässe und sieben Kfz-Scheine in die Hände, bei denen nur noch Bild und Stempel fehlten -- ansonsten waren sie gebrauchsfertig ausgefüllt.
Vor allem Beamte in Klein- und Mittelstädten versorgten durch ihre Fahrlässigkeit Terroristen mit Papieren. Von ihren Schreibtischen verschwanden nicht nur Dienstsiegel, Stempel und Prägezangen, sie machten es den Räubern auch sonst sehr leicht.
Mal ließen sie in Tresoren oder Stahlschränken die Schlüssel stecken. mal lagen die wertvollen Papiere in unverschlossenen Schreibtischschuhladen. Offene oder ungesicherte Fenster animierten geradezu in einigen Fällen zum Einstieg.
»Was nützen immer engmaschigere Gesetze«, klagt der SPD-Sicherheitsexperte Heinz Pensky, »wenn die einfachsten Sicherheitsbestimmungen derart mißachtet werden.« In einem Brief an den Düsseldorfer FDP-Minister Burkhard Hirsch, derzeit Vorsitzender der Länderinnenminister-Konferenz, forderte der SPD-Bundestagsabgeordnete« die lasche Praxis unverzüglich abzustellen.
Die Innenminister fühlen sich freilich von Penskys Ansinnen überfordert. In manchen Bundesländern unterstehen ihnen die Paßbehörden nicht, in anderen haben selbst harte Disziplinarmaßnahmen gegen unvorsichtige Bedienstete weiteres Schludern nicht verhindern können.
»Wir müssen wohl«, kommentiert ein Spitzenbeamter aus dem Bonner Innenministerium den sorglosen Umgang mit Dokumenten, »vor jedes Paßamt einen Grenzschutzwächter stellen.«