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»WIR REPRÄSENTIEREN DAS LETZTE«

aus DER SPIEGEL 18/1964

Professor Dr. Otto von Gierke am 18. September 1914:

Die Vorstellung von der ausschließlichen Berechtigung der eigenen Kultur, die Engländern und Franzosen im Blute liegt, ist uns fremd. Aber wir sind uns des unvergleichlichen Wertes der deutschen Kultur bewußt geworden und wollen sie in Zukunft vor Verfälschung durch minderwertige Einfuhr bewahren. Niemandem drängen wir sie auf. Wir glauben aber, daß sie durch ihre innere Größe sich überall die Geltung verschaffen wird, die ihr gebührt. Denn wir sind stolz auf sie und wissen, was sie für die Menschheit bedeutet. Als unser Vaterland zerschmettert am Boden lag, feierte hier in Berlin vor länger als hundert Jahren (1808) Johann Gottlieb Fichte in seinen unvergeßlichen Reden an die deutsche Nation das deutsche Volk als das einzige Volk Europas, das seine ursprüngliche Echtheit und darum die geistige Bildungsfähigkeit gewahrt habe, und fand den Übergang von seiner ehemaligen weltbürgerlichen Gesinnung zur flammenden nationalen Begeisterung in dem Gedanken, daß eben dieses Volk zum Träger der Weltkultur berufen und deshalb der Menschheit gegenüber verpflichtet sei, sich selbst zu erhalten. Und ein halbes Jahrhundert später (1861) inmitten der Dämmerung, die unserer großen Zeit voraufging, schloß Emanuel Geibel sein schönes Gedicht »Deutschlands Beruf« mit den prophetischen Verszeilen: Und es mag am deutschen Wesen Einmal noch die Weit genesen.

So denken auch wir! Und so möge es geschehen! -

Professor Dr. Adolf Lasson am 25. September 1914:

Deutschland ist das Land der Mitte, deutsche Kultur nimmt eine zentrale Stellung ein. Die ganze europäische Kultur, die doch die eigentlich allgemein menschliche Kultur ist, sammelt sich wie in einem Brennpunkte auf diesem deutschen Boden und im Herzen des deutschen Volkes. Es wäre töricht, über diesen Punkt sich mit Bescheidenheit und Zurückhaltung äußern zu wollen. Wir Deutschen repräsentieren das Letzte und Höchste, was europäische Kultur überhaupt hervorgebracht hat; darauf beruht die Stärke und die Fülle unseres Selbstgefühls.

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