Rußlandhilfe Wo sind die Kondome?
Der Bundesrechnungshof (BRH) wirft dem Bonner Innenministerium in mehreren Berichten Schlampereien bei der Hilfe für Rußlanddeutsche vor.
Das Ministerium hatte 1991 dem Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) mehrere Hilfsprojekte, etwa im russischen Wolgagebiet, anvertraut. Der VDA war aber offenbar mit den Projekten überfordert, das Ministerium wiederum versagte bei der Kontrolle.
29,1 Millionen Mark bekam der VDA im Dezember 1991 überwiesen, um damit eine »Soforthilfe für die Bevölkerung in den Verwaltungsgebieten Saratow und Wolgograd« zu organisieren. Dabei, so kritisiert der Bundesrechnungshof, wurde gegen das Haushaltsrecht verstoßen, etwa indem der Verein für das Deutschtum das Millionen-Geschäft ohne die erforderliche »Ausschreibung durch freihändige Vergabe« abwickelte.
Auch die merkwürdige Einkaufspraxis stieß dem Rechnungshof auf: Geplant war eine »Winterhilfe«, um die Rußlanddeutschen auch im Winter 1991/1992 in ihrer kalten Heimat an der Wolga zu halten; warme Schuhe und Bekleidung wurden jedoch erst im folgenden Winter angeschafft.
Zudem gab es nicht für alles, was der VDA in Bonn abrechnete, ordentliche Belege. So blieb den Prüfern schleierhaft, wo zwei Millionen Kondome geblieben sind, die der VDA für 202 000 Mark beschafft hatte. Ein Vereinssprecher teilte nun mit, die Kondome seien im russischen Saratow gelandet, fehlende Belege seien mittlerweile nachgereicht worden oder würden folgen.
In einem weiteren Bericht kritisieren die Rechnungsprüfer überdies die Wirtschaftsförderung für Rußlanddeutsche, die ebenfalls über den VDA abgewickelt wurde. Von insgesamt 34,6 Millionen Mark, mit denen etwa Bäckereien und Metzgereien aufgebaut werden sollten, hält der BRH nur gut 25 Millionen Mark für »unstreitig zuwendungsfähig«.
Der VDA habe sich »nicht als vertrauenswürdiger Partner erwiesen«, schreiben die Prüfer. Sie halten dem Innenministerium und dem Aussiedlerbeauftragten der Bundesregierung, Horst Waffenschmidt, vor, sie hätten sich zu lange auf den inkompetenten Verein verlassen.