Wozu ein Flugzeugträger?
Chinas Kommunisten möchten ihren Besitz, die Volksrepublik, am liebsten als militärische Supermacht sehen. »Nur mit einer starken Armee«, drohte Partei- und Staatschef Jiang Zemin unlängst, »kann die Modernisierung garantiert werden.«
Drei Millionen Soldaten haben die Pekinger Altgenossen unter Waffen, die größte Streitmacht der Welt. Nun werden Marine und Luftwaffe großmächtig ausgebaut, um die Meere zwischen Yokohama und Madras kontrollieren zu können.
Peking ist entschlossen, das Machtvakuum zu füllen, das in Asien seit dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Rückzug der USA von den Philippinen entstanden ist. Seit 1988 hat China seine Militärausgaben real um über 60 Prozent gesteigert.
Aus einer Geheimstudie, die dem SPIEGEL vorliegt, geht hervor, daß sich die Genossen sogar für einen Atomkrieg wappnen. In der Abhandlung »Logistik für den militärischen Materialschutz im Falle eines Atomangriffs« wird die Überlebenschance für China nach einem Nuklearschlag durchgerechnet. Resultat: Es geht.
Mao war einst zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt; er wäre bereit gewesen, die Hälfte seines Volkes im Atomkrieg zu opfern. Die Regierung weist Großmachtgelüste von sich: »Wir sind ein friedliebendes Land.« Die Fakten sprechen dagegen.
Vom gewandelten, auf Devisen versessenen Rußland hat China voriges Jahr Kriegsgerät für 1,8 Milliarden Dollar erworben, darunter 26 Suchoi-27-Kampfflugzeuge, die in der Luft betankt werden können; 49 weitere Maschinen dieses Typs sind bestellt. Für den Schutz der Hauptstadt und des geplanten Jangtse-Staudamms kauften die Chinesen das Luftabwehrsystem SA-10. Peking und Moskau haben außerdem den Bau eines neuen Kampfflugzeugs vereinbart. Vorige Woche besuchte der russische Verteidigungsminister Pawel Gratschow die Volksrepublik, um »die militärische Zusammenarbeit voranzutreiben«.
In Tunneln, die in der Provinz Shandong in die Berge getrieben wurden, montiert die Marine Raketenschnellboote _(* In einem unterirdischen ) _(Rüstungsbetrieb der Provinz Shandong. ) vom russischen Typ OSA.
Etwa 500 Experten aus dem früheren Ostblock haben in der Volksrepublik Unterschlupf gefunden. Derweil forschen 400 chinesische Militärexperten allein in Rußland an der Entwicklung neuen Militärgeräts.
Das besondere Augenmerk der roten Generäle gilt der Beschaffung eines Flugzeugträgers. Das bestätigen Geheimberichte des früheren Vizevorsitzenden der ZK-Militärkommission, Yang Shangkun, und des früheren Logistikchefs der »Volksbefreiungsarmee«, Zhao Nanqi. Den Kauf eines Flugzeugträgers aus ehemaligen Sowjetbeständen hat die ZK-Militärkommission bereits genehmigt.
Im April letzten Jahres verabschiedete der Volkskongreß ein Gesetz, das die ölreiche Südchinesische See zum Inlandsgewässer bestimmt. Spätestens von 1995 an wird China zu einem großen Erdölimporteur. Mit einem Träger läßt sich der eigene Nachschub sichern - »aber auch der von anderen Ländern abschneiden«, so der taiwanische Rüstungsexperte Lin Yufang.
Nicht nur Taiwan, auch Vietnam, Brunei, Malaysia und die Philippinen fühlen sich von den Expansionsgelüsten, die bis zu den Paracel-Inseln im Südchinesischen Meer reichen, bedroht.
Den ersten Kriegshafen auf der Route zum Persischen Golf könnte China bald erhalten. Im Gegenzug für Waffenlieferungen baut Burmas Militärjunta bei Rangun und auf einer vorgelagerten Insel Beobachtungsstationen für chinesische Militärs.
»Wir müssen unsere Flottenbesuche in Südostasien verstärken«, kündigte General Zhao Nanqi in seinem Geheimschreiben an. »Der Indische Ozean darf nicht mehr nur das Meer der Inder sein.«
* In einem unterirdischen Rüstungsbetrieb der Provinz Shandong.