VERBRECHEN Zutiefst zerrüttet
Zwei Wochen nach dem Fund der Überreste von neun Neugeborenen im brandenburgischen Brieskow-Finkenheerd ist das familiäre Umfeld der beschuldigten Kindsmutter ins Zentrum der Ermittlungen gerückt. Diese Woche sollen vier Angehörige von Sabine H. aus Frankfurt (Oder) zeugenschaftlich von einem Ermittlungsrichter vernommen werden. Dadurch wollen die Fahnder ergründen, ob es der 39-Jährigen tatsächlich möglich gewesen sein könnte, die Geburten in der Zeit zwischen 1988 und 1999 vor ihrer Umwelt zu verbergen. In ersten Vernehmungen hatte ihr langjähriger Ehemann Oliver H. angegeben, nie etwas von den Schwangerschaften bemerkt zu haben. Der frühere Stasi-Unterleutnant zeichnete stattdessen das Bild einer zutiefst zerrütteten und von Oberflächlichkeit geprägten Beziehung: Nach der Wende hätten er und seine Frau kaum noch etwas zu reden gehabt. Die Ehe sei nur noch eine Art Maske gewesen. Sabine H. sei in den Neunzigern mehrmals zu Lehrgängen unterwegs gewesen, nur noch sporadisch sei es zu intimen Kontakten gekommen. Dabei habe Oliver H. angenommen, dass seine Frau verhüte. Dass sie mal ein bisschen dicker und dann wieder dünn gewesen sei, habe sich der heute Arbeitslose damit erklärt, dass seine Frau einfach abgenommen habe. Auch an den Balkonkästen, in denen die Leichname der Säuglinge vergraben gewesen sein sollen, sei ihm nie etwas aufgefallen. Nur ab und zu habe er die Blumen gegossen; darum habe sich gewöhnlich seine Frau gekümmert. Die Mutter der Beschuldigten sowie deren Schwester Christine bestritten bei der Polizei, die Schwangerschaften bemerkt zu haben. Christine war lediglich aufgefallen, dass Sabine manchmal ein sehr breites Gesicht hatte. Sie habe das auf deren Alkoholkonsum zurückgeführt. Derweil versuchen Kriminaltechniker mithilfe von aus Thüringen herbeigeschafftem Spezialgerät, DNA aus den Knochenfragmenten der toten Babys zu identifizieren, um Mutter und Vater der Kinder zu bestimmen. Ergebnislos blieb bis Ende vergangener Woche auch die Fahndung nach einer Zeugin, mit der Sabine H. 1991 einen Fortbildungslehrgang im niedersächsischen Goslar absolviert haben will. Die Beschuldigte hatte ausgesagt, dass sie dort heimlich ein Kind zur Welt gebracht, es im Kofferraum des Autos der Zeugin versteckt habe und so zurück in den Osten gefahren sei.