Zwei Flüchtlingshelfer retteten Menschen das Leben – jetzt sitzen sie dafür in Haft

Dieser Beitrag wurde am 03.09.2018 auf bento.de veröffentlicht.
Vor drei Jahren rettete Sarah Mardini 18 Menschen das Leben. Sie wurde mit dem Bambi in der Kategorie "stille Helden" geehrt. Nun sitzt sie dafür in Haft. Zusammen mit ihrem deutschen Kollegen Sean Binder wurde sie in der vergangenen Woche auf Lesbos festgenommen. Der Vorwurf: Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung.
Was ist passiert?
Mardini und Binder setzen sich gemeinsam in der Nichtregierungsorganisation "Emergency Response Center International" (ERCI) ein, um Flüchtlinge vor der griechischen Insel Lesbos zu helfen. Nach einem Einsatz sind sie nun aber verhaftet worden.

Was wird ihnen vorgeworfen?
Die griechische Polizei nennt das ERCI eine "kriminelle Vereinigung, die mindestens seit 2015 schon aktiv ist" (SPIEGEL ONLINE). Die Vorwürfe sind vielfältig. Die Gruppe habe "organisierten Schmuggelnetzwerken direkte Hilfe geleistet", heißt es etwa. Ziel sei es, Profit durch Geld- und Sachspenden zu machen. Dabei sollen sie beispielsweise die Funkgeräte der griechischen Küstenwache und der EU-Grenzagentur "Frontex" abgehört haben, um vertrauliche Informationen über Migraten aus der Türkei zu erhalten.
#Sahrah und #Seán werden in Griechenland gefangen gehalten, weil sie auf #Lesbos Flüchtlinge gerettet haben. Auf diesen Fall muss jetzt Aufmerksamkeit gelenkt werden: #FreeSahrahAndSean
— Claus-Peter Reisch (@ClausReisch) September 3, 2018
Ich meine, wo kommen wir denn hin, wenn Helfer eingesperrt werden? pic.twitter.com/GJpOIV55MZ
Was ist an den Vorwürfen dran?
Das ist zur Zeit noch unklar. Ein Verfahren laufe gegen insgesamt 30 Mittäter, so die Polizei. Lokale Quellen zeichnen ein anderes Bild vom ERCI. Die Gruppe sei einer der ersten Hilfsorganisationen auf Lesbos gewesen. Sie hätten Frontex bei Einsätzen unterstützt und Hilfsleistungen in Moria angeboten, dem größten Flüchtlingslager auf der Insel.
Wie geht es jetzt weiter?
Vorerst werden Mardini und Binder nicht aus der Haft entlassen. Bis zu einem Gerichtstermin kann es Monate dauern. Wegen der Schwere der Anklagepunkte wird es auf jeden Fall zu einem Prozess kommen. Sollten sie schuldig gesprochen werden, müssten sie für Jahre ins Gefängnis. Ihr Anwalt hat einen Antrag gestellt, um die beiden zumindest für die Dauer des Verfahrens auf freien Fuß zu setzen. Die Entscheidung wird allerdings nicht vor Ende nächster Woche erwartet.
Welche Reaktionen gibt es?
Viele Menschen reagierten verständnislos auf die Inhaftierung der beiden Aktivisten. Unter dem Hashtag #freesarahandsean rufen nun viele Nutzer auf Twitter und Facebook dazu auf, den Fall in die breitere Öffentlichkeit zu tragen und die griechische Polizei zur Freilassung zu bewegen.