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Briefe

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
aus DER SPIEGEL 17/2005

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Nr. 15/2005, Bildung: Lehrpläne für Kita-Kinder

Sehr erschüttert haben mich die Zahlen der OECD für öffentliche Ausgaben pro Kind. Dass Deutschland wenig Geld in die Bildung seiner jungen Bundesbürger steckt, war mir schon klar, aber dass wir europaweit am Ende rangieren, überraschte mich sehr. Dann darf man sich nicht wundern, wenn es sowohl an Fachleuten in der Industrie als auch an wettbewerbsfähigen Neuheiten am Weltmarkt mangelt. Statt zu fördern, wird gefordert: Studiengebühren, Büchergeld und so weiter. Immer weniger Paare entscheiden sich für Kinder. Also warum sich um eine Minderheit, die nicht einmal wählen darf, kümmern, wo man doch mit einer Feinstaubdiskussion viel besser Wähler beunruhigen kann?

LICHTENFELS (BAYERN) MARTINA LUTTER

Ihr Artikel spricht allen ErzieherInnen aus der Seele. Viele junge ErzieherInnen, die mehr erreichen wollen, bleiben in der Regel nicht lange im Beruf - zu frustrierend ist die Situation. Aus unserem ambitionierten Jahrgang 2001 sind nur noch wenige als ErzieherInnen tätig. Solange Ausbildung (in anderen europäischen Ländern übrigens immer universitär) und Bezahlung auf diesem Niveau bleiben, werden sich auch Ansehen und Leistungsanerkennung unseres Berufs in der Gesellschaft nicht verändern.

HAMBURG KAI STÜWE

Kinder sind keine Objekte, denen wir die Bildung eintrichtern können. Kinder sind eigenständige Wesen, denen wir ihr Umfeld so gestalten müssen, dass sie sich bilden können. Bildung braucht Bedingungen. Nur leider kostet das Geld, Geld, das offenbar fehlt oder versickert. Stattdessen steigen die Gruppengrößen. An alle Verantwortlichen richte ich den Appell: Lasst den Worten endlich Taten folgen!

WESTERKAPPELN (NRDRH.-WESTF.) ELKE URSINUS

Sie haben ziemlich genau das Bild zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Arbeit einer Erzieherin beschrieben. Aber eines vermisse ich komplett - und das ist nicht untypisch: In unserer Frankfurter Kita geht es zuallererst um die soziale und kulturelle Integration der 80 Prozent Kinder mit nicht-deutschem familiärem Hintergrund; das heißt, zuallererst muss die Erzieherin den Kindern ihre erste Fremdsprache - Deutsch - beibringen. Aber dies ist ja unerheblich im Zuwandererland Deutschland. Und dass ausgerechnet in Einrichtungen mit herausragenden Bedingungen »Modelle« erprobt werden, spricht für die ganze Scheinheiligkeit und Verlogenheit der aktuellen Bildungsdebatte.

OBERURSEL (HESSEN) EVA ZILLIKEN

Kindergärten haben seit je den Auftrag, die ihnen anvertrauten Kinder in allen Lebensbereichen zu fördern. Bei jeder - mittlerweile belächelten - Bastelarbeit haben fähige ErzieherInnen die Möglichkeit, den Kindern mehr zu vermitteln als den Umgang mit Schere und Papier. Tatsache ist, dass soziale Kompetenz und emotionale Ausgeglichenheit, die psychische Stabilität, zunehmend verloren gehen. Genau die ist aber Voraussetzung, um überhaupt den Zugang zu Spaß am Lernen zu ermöglichen. Auch der Mangel an liebe- und respektvoller Erziehung im Elternhaus sowie in vielen Institutionen für Kinder muss behoben werden. Sicher wird dies nicht die Bildungsmisere beheben, aber deutlich entschärfen. Denn: Nur glückliche Kinder lernen gut!

GERMERING (BAYERN) ANDREA FROMM-KENNERKNECHT

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