In der vergangenen Woche haben Sie gelernt, prägende Sätze aus Ihrer Kindheit zu identifizieren. Das ist ein wichtiger Schritt. Der nächste entscheidende Schritt ist nun, dass Sie diesen alten Stimmen und Sätzen die Macht nehmen. Denn oft sind sie hartnäckig. Dass die Sätze so fest verankert sind, hat einen Grund: In der Vergangenheit waren die Glaubenssätze für Sie wahrscheinlich wichtig und halfen dabei, sich im Elternhaus oder im Umgang mit Eltern, LehrerInnen oder Vorbildern zu orientieren. So kann für ein Kind der Satz »Ich kann niemandem vertrauen« sogar hilfreich und stimmig sein.
Wenn Sie als Kind an Aufgaben gescheitert sind und Ihnen dies von Eltern oder LehrerInnen auch so vermittelt wurde, dann konnten Sie als Kind gar nicht anders, als die Zuschreibung »unfähig« oder »leistungsschwach« zu übernehmen und sich auch genauso zu fühlen. Die Krux und gleichzeitig die Chance ist aber, dass seit der Kindheit viel Zeit vergangen ist. Sie haben inzwischen viel dazugelernt, viele neue Erfahrungen gemacht, anderes geleistet und schwierige Aufgaben gemeistert. Versuchen Sie deshalb, Ihre Glaubenssätze »upzudaten«, also auf den neuesten Stand zu bringen.
Dabei hilft Ihnen folgende Übung:
Übung: Suchen Sie Beweise
Welches war Ihr hartnäckigster Glaubenssatz? Nehmen wir mal an, es war »Ich schaffe das nicht« oder »Ich bin niemandem wirklich wichtig«. Sammeln Sie nun einige Argumente oder Fakten aus Ihrem Leben, die den Satz bestätigen (z.B. »Ich habe tatsächlich nicht das Studium geschafft, das ich machen wollte« oder »Ich kann nicht Radfahren, das könnten alle anderen«).
Sammeln Sie dann einige Argumente, die gegen Ihren Glaubenssatz sprechen. Denken Sie an Dinge, die Sie geschafft haben oder an Menschen, mit denen Sie eine gute Beziehung haben. Listen Sie hier alles auf, was gegen die alte Überzeugung spricht. Diese innere Liste stärkt sie. Denken Sie an diese Liste, wenn Sie alte Muster und Überzeugungen in Ihrem Denken und Handeln bemerken.
Wenn Ihnen diese Übung gefällt, können Sie alles, was Sie geschafft haben und was die alten Glaubenssätze entkräftet, auch auf einen Zettel schreiben. Diesen hängen Sie an einem gut sichtbaren Ort auf. So halten Sie sich den Beweis dafür, dass Dinge sich verändert haben, immer vor Augen.
Denken Sie aber auch daran, dass wir die Prägungen der Kindheit generell hinter uns lassen können. Wir sind ihnen nicht, wie Sie in Woche eins gesehen haben, hilflos ausgeliefert.
An Weihnachten pausiert dieses Coaching. Die nächste Folge erhalten Sie dann im neuen Jahr. Wir wünschen Ihnen ein schönes Fest!
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