
Zum Abschluss dieses Coachings geht es nun ganz grundsätzlich darum, welche Haltung Sie überhaupt einnehmen können, wenn Sie auf andere Menschen schauen. Denn die allermeisten Fehleinschätzungen, so zeigen unzählige Studien, entstehen im Grunde, weil Menschen ihr Bauchgefühl, ihre Intuition und ihre Erfahrung überschätzen und so auf eigene Vorurteile, Wahrnehmungsverzerrungen und Einschätzungsfehler hereinfallen. Deshalb finden Sie hier eine spielerische Übung, die Ihnen helfen kann, eine offenere Sichtweise einzunehmen:
Übung: Neugier genügt
Trainieren Sie ganz gezielt, andere mit weniger Vorurteilen oder dem blitzschnell entstehenden "Bauchgefühl" zu begegnen: Wann immer Sie in dieser Woche Menschen treffen, die Sie noch nicht kennen - ob im Zug, im Job oder der Freizeit – versuchen Sie ganz bewusst, nicht zu urteilen, sondern einfach zu beobachten, wie der andere spricht, was er macht, wie er auf Sie wirkt, und gehen Sie auf die Person zu. Schließen Sie noch keine Wetten ab, wie der andere tickt, lassen Sie sich überraschen, wie sich der Kontakt entwickelt. Denn je mehr Zeit man sich lässt für die Einschätzung anderer, desto offener wird man für weitere, differenzierende Eindrücke. Dann fallen einem nach und nach Besonderheiten, Widersprüche, Ticks, Eigenheiten oder auch Einstellungen auf, die einem selbst nah sind.
Probieren Sie, so lange wie möglich in einer offenen Haltung zu bleiben. Meist weiß man danach mehr über ein Gegenüber, als wenn man sofort ein Urteil fällt. Wichtig: Wenn Offenheit Ihnen nicht so sehr liegt, weil Sie möglicherweise sehr introvertiert sind, probieren Sie es mit Ausdauer und Zeit. Beurteilen Sie einen anderen nie nach dem ersten Treffen oder gar nach dem ersten Eindruck, sondern lassen Sie sich mehrere Treffen Zeit und fügen Sie nach und nach ein Bild zusammen.
Zum Abschluss haben wir eine Liste mit allen Übungen und Aufgaben zusammengestellt, die Sie in diesem Coaching ausprobieren konnten. Lesen Sie diese Liste in Ruhe durch und suchen Sie sich einen Tipp oder eine Übung aus, die für Sie besonders hilfreich oder einleuchtend war. Sie haben gelernt:
Sich selbst und Ihre eigenen Gefühle besser wahrzunehmen
Besser zu verstehen, wann die eigene Laune oder eine Situation Ihr eigenes Urteil verzerrt und ungut beeinflusst
Wie man Mimik, Gestik, Sprache und Haltung anderer beobachtet und daraus (vorsichtige) Schlüsse über eine Person zieht
Emotionale, sachliche und meinungsstarke Sprachstile voneinander zu unterscheiden und einzuordnen
Empathisch zu sein - indem man die Körperhaltung anderer einnimmt
Empathisch zu sein – indem man die Perspektive wechselt und aus der Position anderer die Welt betrachtet
Wie man Blender erkennt
Wie man schwierige Zeitgenossen erkennt
Wie man aus eigenen Fehleinschätzungen lernt und ungute Beziehungs-Muster erkennt
Wie man offen und neugierig bleibt
Haben Sie einen Ansatz gefunden, der Ihnen liegt und den Sie gern über das Coaching hinaus weiterführen wollen? Schön! Dann überlegen Sie sich, wie lange Sie das machen wollen. Ein Zeitraum von etwa zwei Monaten würde sich anbieten, um den bewussten Blick bei der Begegnung mit anderen noch mehr einzuüben. Oft hilft nämlich allein eine etwas erhöhte Aufmerksamkeit und Bewusstheit, um andere nicht vorschnell, blind und damit falsch einzuschätzen.
Wir wünschen Ihnen auch weiterhin viel Freude mit den Menschen, denen Sie begegnen!
Dr. Gitta Jacob und das Team von SPIEGEL WISSEN
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