

Wally Koval aus New York liebt zwei Dinge. Erstens: Reisen. Und zweitens: die Filme von Wes Anderson, die vor allem ihre Ästhetik so besonders macht. Perfekte Symmetrie, Pastellfarben, nostalgische Details. Jedes Standbild ein Kunstwerk für sich. Zu den bekanntesten Filmen des 51-jährigen US-Regisseurs und -Filmproduzenten gehören »The Royal Tenenbaums« oder »Grand Budapest Hotel«.
In dem Bildband »Accidentally Wes Anderson«, zusammengetragen von Koval, kommt beides zusammen. Fotos von mehr als 200 Orten auf der ganzen Welt sind darin zu sehen, die alle so aussehen, als könnte dort der nächste Film von Wes Andersen spielen. Ein Waffelstand in Kroatien ist darunter und eine nordkoreanische U-Bahn-Station. Alte Jagdschlösser, bonbonrosa Hotels, Seilbahnen, Züge, Leuchttürme.
Orte, an die man sich sofort hinsehnt, sind dabei; Orte, die man vielleicht nie sehen wird, und Orte, die man womöglich schon oft gesehen hat, aber eben noch nicht so. Für Koval, der im US-Bundesstaat Delaware aufgewachsen ist, ist ein solcher Ort das Grand Opera House in Wilmington, das er schon als Kind auf Schulausflügen besucht hat.
»Ich würde mir wünschen«, schreibt er, »dass dieses Buch nicht nur als Inspiration für die nächste Reise dient, sondern auch Lust darauf macht, die eigene Umgebung mit neuen Augen zu betrachten. Es gibt immer etwas Faszinierendes zu erkunden, wenn man nur danach sucht.«
Die Fotos stammen von unterschiedlichen Menschen auf der ganzen Welt. Koval teilt die Entdeckungen auf der Homepage »Accidentally Wes Anderson« und der dazugehörigen Instagram-Seite, die inzwischen 1,4 Millionen Follower hat.
Wes Anderson selbst schreibt übrigens im Vorwort, er wolle eines Tages an alle dieser Orte reisen. Vor allem an den historischen Waffelstand in Kroatien.
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Wie aus einem Wes-Anderson-Film: 110 Meter unter der Erde liegt diese U-Bahn-Station in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang.
Das Metronetz wurde in den Siebzigern mit der Hilfe chinesischer Ingenieure gebaut. Die Haltestellen tragen als Namen Begriffe, die in der Propaganda Nordkoreas eine wichtige Rolle spielen wie »Einheit« oder »Sieg«.
Die Station auf diesem Foto von Dave Kulesza zeigt die Station Kaeson. Das bedeutet »Triumph«.
In Chamonix steht das Casino Mont Blanc, ursprünglich ein Luxushotel, in dem schon Napoleon III. residierte.
Der Ort wirkt, als ob der US-Regisseur ihn als Filmschauplatz ausgewählt hätte – und ist daher auch im Bildband »Accidentally Wes Anderson« enthalten. Der Autor Wally Koval ist ein Fan und versammelt auf einer Website Fotos solcher Orte.
Auf der neuseeländischen Halbinsel Awhitu steht die Kohekohe-Kirche, die 1886 gebaut worden war. Bis 1976 fanden dort Gottesdienste statt. Dann stand sie einige Jahrzehnte leer, dann kauften sie zwei Lehrer, die sie renovierten – vor einem Monat stand sie wieder zum Verkauf.
60 Jahre lang hatten die Pariser Künstler und die Mitglieder einen Lieblingsort zum Baden im Sommer und Schlittschuhlaufen im Winter: das Piscine Molitor.
Ein avantgardistisches Art-déco-Gebäude, das an einen Ozeandampfer erinnern sollte und 1929 gebaut worden war.
Doch in den Achtzigern verblasste der Glanz, 1989 wurde das Schwimmbad geschlossen und erst 2007 nach einer Renovierung wiedereröffnet. Als Luxushotel.
Die Weltwirtschaftskrise, die mit dem New Yorker Börsencrash im Jahr 1929 begann, hinterließ auch in Chicago ihre Spuren: dort musste 1931 eine der monumentalsten Finanzinstitutionen schließen – die Stoney Island Trust and Savings Bank. Das klassische Gebäude begann zu verfallen. Loch im Dach. Wasserschäden im Keller. Die Wände marode, die Fenster kaputt.
Bis der Künstler Theaster Gates das Gebäude 2012 für einen symbolischen Dollar von der Stadt kaufte, aus dem Marmor im Inneren des Gebäudes Kunstwerke schuf, diese auf der Art Basel verkaufte, das Gebäude renovierte und in ein Kulturzentrum umgestaltete.
2015 fand die Neueröffnung der historischen Bank statt – unter dem Namen Stoney Island Arts Bank. Eine Bank der Kunst. In dem Gebäude finden sich nun unter anderem Bibliotheken, wie auf diesem Bild zu sehen.
In der Prager Neustadt steht dieses Hotel, das wunderlicherweise den Namen Hotel Opera trägt, obwohl es sich nicht einmal in der Nähe der Oper befindet.
Eines der größten Naturschutzgebiete der Welt ist der Glacier-Bay-Nationalpark in Alaska.
Hier lebt zum Beispiel eine seltene Unterart des Schwarzbären mit silberblauem oder grauem Pelz. Und darüber hinaus beherbergt der Nationalpark das Telefon mit der schönsten Aussicht der Welt, auch wenn das die Biologen vermutlich weniger interessiert.
64 Kilometer nördlich von San Diego liegt die Stadt Oceanside, die Mitte des 19. Jahrhunderts als Urlaubsort geplant worden war. Es dauerte damals nicht lange, bis überall in dem Ort Ferienhäuser und Touristenunterkünfte entstanden. Wie diese rosa Häuschen, die 1928 gebaut wurden und als Roberts Cottages bekannt sind, obwohl sie natürlich längst Investoren mit anderen Namen gehören. Auch heute noch kann man die Ferienhäuser direkt am Strand mieten, für etwa 1900 US-Dollar pro Woche.
Anfang des letzten Jahrhunderts spielten die Kinos in Mumbais Kulturleben eine große Rolle. Säle mit tausend Plätzen waren regelmäßig ausverkauft, bei Filmpremieren ritten die Hauptdarsteller auf Pferden vor, und viele der Kinobetreiber lebten für ihre Liebe zum Film.
Inzwischen sind einige der historischen Kinos geschlossen, in anderen laufen Pornos oder alte Bollywood-Klassiker. Und wiederum andere wurden zu Wohnhäusern umgebaut wie das Novelty Cinema.
Auch ein paar Orte aus Deutschland finden sich in dem Bildband. Zum Beispiel die Bastei aus Köln, der Friedrich-Jahn-Sportpark in Berlin. Oder das Schloss Moritzburg in Sachsen, das um 1542 von Herzog Moritz als Jagdschloss erbaut wurde und auf einer künstlichen Insel mit Leuchtturm, Kapelle und Wildreservat steht.
Heute befindet sich in dem Schloss ein Barockmuseum. In dem ehemaligen Speisesaal, den Yura Ukhorskij hier fotografiert hat, hängt ein Teil der Geweihsammlung an den Wänden.
Und obwohl das Schloss so aussieht, war es noch in keinem Film von Wes Anderson zu sehen. Dafür in dem Klassiker »Drei Nüsse für Aschenbrödel« – und das ist ja auch nicht schlecht.
Wally Koval: »Accidentally Wes Anderson. Orte wie aus Grand Budapest Hotel und anderen Filmen des Regisseurs.« Dumont; 2020. 368 Seiten; 28 Euro.
Wie aus einem Wes-Anderson-Film: 110 Meter unter der Erde liegt diese U-Bahn-Station in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang.
Das Metronetz wurde in den Siebzigern mit der Hilfe chinesischer Ingenieure gebaut. Die Haltestellen tragen als Namen Begriffe, die in der Propaganda Nordkoreas eine wichtige Rolle spielen wie »Einheit« oder »Sieg«.
Die Station auf diesem Foto von Dave Kulesza zeigt die Station Kaeson. Das bedeutet »Triumph«.
Foto: Dave KuleszaIn Chamonix steht das Casino Mont Blanc, ursprünglich ein Luxushotel, in dem schon Napoleon III. residierte.
Der Ort wirkt, als ob der US-Regisseur ihn als Filmschauplatz ausgewählt hätte – und ist daher auch im Bildband »Accidentally Wes Anderson« enthalten. Der Autor Wally Koval ist ein Fan und versammelt auf einer Website Fotos solcher Orte.
Foto: Ramon Portelli60 Jahre lang hatten die Pariser Künstler und die Mitglieder einen Lieblingsort zum Baden im Sommer und Schlittschuhlaufen im Winter: das Piscine Molitor.
Ein avantgardistisches Art-déco-Gebäude, das an einen Ozeandampfer erinnern sollte und 1929 gebaut worden war.
Doch in den Achtzigern verblasste der Glanz, 1989 wurde das Schwimmbad geschlossen und erst 2007 nach einer Renovierung wiedereröffnet. Als Luxushotel.
Foto: PiergabDie Weltwirtschaftskrise, die mit dem New Yorker Börsencrash im Jahr 1929 begann, hinterließ auch in Chicago ihre Spuren: dort musste 1931 eine der monumentalsten Finanzinstitutionen schließen – die Stoney Island Trust and Savings Bank. Das klassische Gebäude begann zu verfallen. Loch im Dach. Wasserschäden im Keller. Die Wände marode, die Fenster kaputt.
Bis der Künstler Theaster Gates das Gebäude 2012 für einen symbolischen Dollar von der Stadt kaufte, aus dem Marmor im Inneren des Gebäudes Kunstwerke schuf, diese auf der Art Basel verkaufte, das Gebäude renovierte und in ein Kulturzentrum umgestaltete.
2015 fand die Neueröffnung der historischen Bank statt – unter dem Namen Stoney Island Arts Bank. Eine Bank der Kunst. In dem Gebäude finden sich nun unter anderem Bibliotheken, wie auf diesem Bild zu sehen.
Foto: Steve Hall / @ Hedrich Blessing PhotographersEines der größten Naturschutzgebiete der Welt ist der Glacier-Bay-Nationalpark in Alaska.
Hier lebt zum Beispiel eine seltene Unterart des Schwarzbären mit silberblauem oder grauem Pelz. Und darüber hinaus beherbergt der Nationalpark das Telefon mit der schönsten Aussicht der Welt, auch wenn das die Biologen vermutlich weniger interessiert.
Foto: Alice Brooker64 Kilometer nördlich von San Diego liegt die Stadt Oceanside, die Mitte des 19. Jahrhunderts als Urlaubsort geplant worden war. Es dauerte damals nicht lange, bis überall in dem Ort Ferienhäuser und Touristenunterkünfte entstanden. Wie diese rosa Häuschen, die 1928 gebaut wurden und als Roberts Cottages bekannt sind, obwohl sie natürlich längst Investoren mit anderen Namen gehören. Auch heute noch kann man die Ferienhäuser direkt am Strand mieten, für etwa 1900 US-Dollar pro Woche.
Foto: Paul FuentesAnfang des letzten Jahrhunderts spielten die Kinos in Mumbais Kulturleben eine große Rolle. Säle mit tausend Plätzen waren regelmäßig ausverkauft, bei Filmpremieren ritten die Hauptdarsteller auf Pferden vor, und viele der Kinobetreiber lebten für ihre Liebe zum Film.
Inzwischen sind einige der historischen Kinos geschlossen, in anderen laufen Pornos oder alte Bollywood-Klassiker. Und wiederum andere wurden zu Wohnhäusern umgebaut wie das Novelty Cinema.
Foto: Kluber ShahAuch ein paar Orte aus Deutschland finden sich in dem Bildband. Zum Beispiel die Bastei aus Köln, der Friedrich-Jahn-Sportpark in Berlin. Oder das Schloss Moritzburg in Sachsen, das um 1542 von Herzog Moritz als Jagdschloss erbaut wurde und auf einer künstlichen Insel mit Leuchtturm, Kapelle und Wildreservat steht.
Heute befindet sich in dem Schloss ein Barockmuseum. In dem ehemaligen Speisesaal, den Yura Ukhorskij hier fotografiert hat, hängt ein Teil der Geweihsammlung an den Wänden.
Und obwohl das Schloss so aussieht, war es noch in keinem Film von Wes Anderson zu sehen. Dafür in dem Klassiker »Drei Nüsse für Aschenbrödel« – und das ist ja auch nicht schlecht.
Foto: Yura UkhorskijMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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