Produktionsstopp des A380 aus Vielfliegersicht "Das Ende ist absehbar, die Zeit tickt"

Airbus A380 der Fluggesellschaft Emirates
Foto: REMY GABALDA/ AFP
Christoph Lausberg, 30 Jahre, ist Ingenieur, lebt in Speyer und betreibt den Vielflieger-Blog Frankfurtflyer.de. Er sammelt pro Jahr etwa 450.000 Meilen - und reist somit fast 20-mal um die Welt. Meistens ist er geschäftlich unterwegs, doch immer wieder bucht er auch privat einen Flug mit einem A380. Lausberg sagt: "Der A380 ist mein absolutes Lieblingsflugzeug."Vielflieger-Blog Frankfurtflyer.de
SPIEGEL ONLINE: Herr Lausberg, was bedeutet es für Vielflieger wie Sie, aber auch für alle anderen Passagiere, dass Airbus die Produktion des A380 einstellt?
Christoph Lausberg: Das ist eine sehr traurige Nachricht. Es gab in den vergangenen Jahren bei den Passagierflugzeugen einen Kampf zwischen enormer Wirtschaftlichkeit und enormem Komfort. Der A380 stand als einer der wenigen für größtmöglichen Komfort. Es ist schade, dass er mittelfristig verschwinden wird.
SPIEGEL ONLINE: Was hat dieses Flugzeug so besonders gemacht?
Lausberg: Immer, wenn eine Airline einen neuen A380 bestellte, hatte ich die Hoffnung, es könnte eine Innovation damit einhergehen. Etwas, das das Reisen noch angenehmer macht. Mehr als bei jedem anderen Flugzeugtypen wurden hier schöne Gimmicks in der Kabine verbaut, seine Eigenschaften machten das Fliegen angenehmer als in allen anderen Flugzeugen. Natürlich vor allem in der Business Class und First Class, aber auch in der Economy Class.
SPIEGEL ONLINE: Welche waren das konkret?
Lausberg: Der A380 ist das mit Abstand ruhigste Flugzeug und das hat mich von Anfang an tief beeindruckt. Airbus hat damals unglaublich viel geforscht, wie sich die Lautstärke in der Kabine verringern lässt. Es gibt da zwei Faktoren: leisere Turbinen auf der einen Seite und den Schallschutz in der Kabine auf der anderen. Das permanente Surren der Triebwerke ist nicht so laut wie bei der Boeing 777. Und in den Innenkabinen wurden viel Dämmmaterial und besondere Vorhänge verbaut. Eine Flugbegleiterin hat mir in den ersten A380-Jahren mal gesagt: Das Problem an dem leisen Flugzeug sei nun, dass man das Schnarchen von Passagieren hört, die viele Reihen entfernt sitzen.
SPIEGEL ONLINE: Welche Vorzüge hat der A380 noch?
Lausberg: Viel Platz - und das wirkt sich psychologisch aus, man fühlt sich nicht so eingezwängt. Das Flugzeug ist einfach breiter als andere Jumbojets und bietet dadurch ein paar Zentimeter mehr Platz pro Fluggast. Das Gegenteil liegt heute im Trend. Dadurch, dass der A380 so groß und schwer ist, liegt er selbst bei Turbulenzen ruhig in der Luft - das ist auch Luxus.

Riesenflieger: Airbus A380 - vom Hoffnungsträger zum Ladenhüter
SPIEGEL ONLINE: Welches A380-Detail hat sie überrascht?
Lausberg: Korean Air hat vor einigen Jahren einen kleinen Laden in einen A380 eingebaut - einen Duty-Free-Shop. Es gibt da perfekt ausgeleuchtete Vitrinen, in denen Spirituosen oder Flacons präsentiert werden. Normalerweise verkaufen die Flugbegleiter Parfüms und Alkohol ja stehend im Gang. Aber was ist am A380 schon normal?
SPIEGEL ONLINE: Welche Annehmlichkeiten machen ihn zum Ausnahmeflieger?
Lausberg: Die Bar, die Fluggesellschaften wie Emirates, Etihad und Qatar Airways in ihre Exemplare haben einbauen lassen. Ein surreales Umfeld. Man kann sich da von den Flugbegleitern Champagner, Drinks und Mocktails, also alkoholfreie Cocktails mixen lassen - und mit anderen Fluggästen ins Gespräch kommen. Ich habe dort schon Geschäftspartner kennengelernt.
SPIEGEL ONLINE: Welchen Drink haben Sie zuletzt bestellt?
Lausberg: Einen Breakfast Martini. Er besteht aus Gin, Orangenlikör und Orangenmarmelade - und schmeckt ziemlich süß. Es war ein früher Flug nach Dubai, die Bar ist verführerisch. Insofern hat der A380 auch seine negativen Seiten.
Im Video: Airbus A380 - Take-Off eines Megaliners
SPIEGEL ONLINE: Die Lufthansa hat in ihre A380-Maschinen keine Bars einbauen lassen? Ist so ein Flug dann nur der halbe Spaß?
Lausberg: Es ist einfach eine Frage von Prioritäten. Dafür bietet die Lufthansa in ihren A380-Flugzeugen zwei riesige Badezimmer von je rund acht Quadratmetern Fläche. Die stehen einem Hotelbadezimmer in nichts nach. Es gibt sogar Stehtoiletten für die Männer - das hat sonst keine Airline. Eine Flugbegleiterin sagte mir mal, die Toiletten seien dadurch deutlich sauberer.
SPIEGEL ONLINE: Wie sonst kann man seine Zeit an Bord des A380 totschlagen?
Lausberg: Mit einer heißen Dusche. Ich fange immer breit an zu grinsen, wenn ich in 14.000 Meter Höhe das Wasser laufen lasse. Dieses Erlebnis ist allerdings nur den First-Class-Passagieren vorbehalten. Mir wurde mal gesagt, dass Emirates und Etihad für jeden der 14 Fluggäste in der Luxuskabine 100 Kilogramm Wasser extra laden - sowas geht nur in einem Flugzeug vom A380-Kaliber.
SPIEGEL ONLINE: Buchen Sie gezielt Flüge, auf denen der A380 eingesetzt wird?
Lausberg: Na klar. Es kann natürlich passieren, dass eine Airline den Plan mal ändert - das ist dann schon ärgerlich. Airbus hat mal in einer Umfrage herausgefunden, dass Kunden bereit sind, bis zu 100 Euro mehr Geld auszugeben, um mit einem A380 zu fliegen. In Zeiten von Low-Budget-Airlines und "Geiz ist geil" ist das schon erstaunlich.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie mal einen verrückten Urlaubsflug mit dem A380 gebucht?
Lausberg: Ja, für unsere Flitterwochen im vergangenen Jahr. Meine Frau Nicole und ich haben uns im Rahmen unserer Hochzeitsreise nach Koh Samui auf den Singapore-Airlines-Flug SQ856 eingebucht, um die neue Suite Class auszuprobieren. Das ist eine Weiterentwicklung der First Class, bei der die Passagiere sowas wie ein eigenes Apartment für sich an Bord haben - mit Sitz, richtigem Bett, Fernseher und etwas Freiraum, um sich die Beine zu vertreten. So eine Kabine ist gefühlt ein bisschen größer als ein Bahnabteil für sechs Fahrgäste.
SPIEGEL ONLINE: Wozu braucht man so viel Luxus auf einem vierstündigen Flug?
Lausberg: Ich bin flugzeugverrückt, mir gefällt das ganz einfach. Dieser Flug von Singapur nach Hongkong war nicht mal teuer.
SPIEGEL ONLINE: Wie viel haben Sie bezahlt?
Lausberg: Ich habe für die beiden Flüge 35.000 Vielfliegermeilen bezahlt und circa 20 Euro draufgelegt. Wer sich ein bisschen mit Meilensammeln beschäftigt, kommt sogar recht schnell auf so einen Kontostand - man kann ja Meilen nicht nur über Flüge sammeln, sondern auch beispielsweise über Zeitschriftenabos und Kreditkarten. Normalerweise kostet so ein Flug aber rund 6000 Dollar.
SPIEGEL ONLINE: Werden Sie nach der Ankündigung von Airbus nun verstärkt versuchen, Flüge mit dem A380 zu buchen?
Lausberg: Definitiv. Es gibt 15 Airlines, die den A380 in der Flotte haben. Mein Ziel ist es, mit jeder dieser Fluggesellschaften ein A380-Erlebnis zu haben. Dieses Jahr werde ich es schaffen, alle bis auf zwei abzudecken. Beruflich komme ich nie nach China, daher wird ein Flug mit China Southern Airlines eine Herausforderung. Ich muss wohl privat dahin reisen.
SPIEGEL ONLINE: Welche Reise steht noch an?
Lausberg: Ich möchte von Tokio nach Honolulu auf Hawaii fliegen. Die japanische Airline ANA wird im Mai den letzten A380-Neubau ausgeliefert bekommen.
SPIEGEL ONLINE: Erste Airlines denken bereits darüber nach, den A380 aus der Flotte zu nehmen.
Lausberg: Das stimmt. Singapore Airlines hat ihre ersten A380-Flugzeuge jetzt außer Dienst gestellt und diese durch werkneue Maschinen ersetzt. Das war aber planmäßig. Es handelte sich um die ersten Exemplare dieses Typs, die Airbus vor zwölf Jahren ausgeliefert hatte. Die waren einfach nicht ganz so leistungsfähig, wie die Flugzeuge aus einem späteren Produktionsjahr, sie haben zu viel Treibstoff verbraucht. Allerdings hat auch Qatar Airways gerade angekündigt, noch recht junge Exemplare in fünf Jahren aus der Flotte zu nehmen. Das Ende ist absehbar, die Zeit tickt.