Bahn-Mängel Hitzeschock ab 32 Grad

Bahn-Reisender in Düsseldorf: Schon ab 32 Grad "Gefahr der Überlastung der Kälteanlage"
Foto: Martin Gerten/ picture alliance / dpaBerlin - Erst vor wenigen Tagen hatte die Bahn noch von Einzelfällen gesprochen - doch inzwischen wird immer klarer: Die Ausfälle der Klimaanlagen kommen häufiger vor und sind wohl systematischer Natur. So sollen die Aggregate in Fernzügen nur auf Temperaturen bis 32 Grad Celsius ausgelegt sein, schreibt die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf ein Schreiben des Bahnvorstands an das Eisenbahnbundesamt. Danach sei ein Abkühlen bei höheren Temperaturen als 32 Grad "nicht gewährleistet".
Auch eine Handlungsanweisung der Bahn an alle Zugchefs und Zugbegleiter, die der "Bild" vorliegt, liest sich ähnlich. Unter der Überschrift "Vorbeugende Maßnahmen zur Abwendung von Ausfällen" steht demnach: "Weiterhin gilt, dass bei zu erwartenden Außentemperaturen von mehr als 32 Grad bereits vorausschauend (in der Regel vormittags) die Sollwertgeber für Raumtemperatur in Stellung 'warm' gestellt werden müssen... . Hierdurch wird die Gefahr der Überlastung der Kälteanlage stark reduziert."
Angesichts der offensichtlichen Mängel warnt der Präsident des Eisenbahnamts, Gerald Hörster, vor einer Verletzung der gesetzlichen "Sicherheitsverpflichtung". "Die Vorfälle geben hinreichenden Anlass zu der Annahme, dass nicht gewährleistet werden konnte, dass die Risiken für die Fahrgäste auf ein verantwortbares und rechtlich zulässiges Maß beschränkt geblieben sind", zitierte ihn die "HAZ".
In den vergangenen Tagen war bei mehreren ICE-Zügen die Klimaanlageausgefallen. In einigen Waggons stiegen die Temperaturen auf mehr als 50 Grad Celsius. Viele Reisende erlitten einen Hitzeschock.
SPD will Hitzepannen im Bundestag klären lassen
Am Mittwoch kam es erneut zu Ausfällen in zwei Fernzügen. Ein Sprecher der Bahn bestätigte in der Nacht zum Donnerstag einen entsprechenden Bericht des "Westfalen-Blatts". Man sei in der gegenwärtigen Situation sehr vorsichtig, sagte er. Die Passagiere seien in andere Züge gesetzt worden und hätten alle "ihr Ziel erreicht".
Demnach war ein IC auf der Strecke Berlin-Amsterdam/Schipol wegen einer defekten Klimaanlage gestoppt und die Reisenden auf andere Züge verteilt worden. Zudem wurde ein ICE zwischen München und Lübeck wegen Hitzeproblemen geräumt. Inzwischen summiert sich die Zahl der Ausfälle nach Angaben der Bahn seit dem vergangenen Samstag auf 40.
Dem "Westfalen-Blatt" zufolge ging inzwischen eine erste Strafanzeige von hitzegeschädigten Reisenden bei der Bundespolizei Münster ein. Da sich der Vorfall in Berlin ereignet habe, sei die Anzeige an die Bundespolizei Berlin weitergeleitet worden. Insgesamt sind bei der Bundespolizei in Münster nach dem ICE-Hitzeunfall in Bielefeld schon 66 Beschwerden von Reisenden über unhaltbare Zustände in Fernzügen eingegangen. Da sich aus den Beschwerden keine Straftatbestände ergeben hätten, seien die Schreiben an die Bahn weitergeleitet worden, sagte Oberkommissar Rainer Kerstiens der Zeitung.
Nun will die Politik Konsequenzen ziehen: Die SPD plant, den Bundestag in die Untersuchung der Pannen einzuschalten. "Wir wollen wissen, ob die Bahn zu Lasten der Sicherheit gespart hat, welchen Zusammenhang es zu den Hitzeproblemen gibt und wer dafür die Verantwortung trägt", sagte der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Florian Pronold der "Bild". Es brauche deshalb jetzt "eine umfassende parlamentarische Untersuchung", bei der auch die Rolle des Bundes als Eigentümer geklärt werden müsse.