BGH-Urteil zu Ferienwohnungen Recht auf Mietminderung bei Touristenlärm

Falckensteinstraße in Berlin: Gefühlte "Ballermann"-Zone
Foto: dapdKarlsruhe - Gute Nachrichten für unter Touristenlärm leidende Berliner: Mieter können bei übermäßiger Ruhestörung durch Ferienwohnungen die Miete mindern. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom Mittwoch berechtigt allein die Tatsache der Vermietung an Feriengäste zwar noch keine Mietkürzung. Regelmäßige Störungen durch Lärm und Schmutz könnten aber zu einem erheblichen Mangel der Mietwohnung führen.
Im konkreten Fall hatte Daniel Dagan, ein Anwohner aus Berlin-Mitte, die Miete für seine 100-Quadratmeter-Wohnung um durchschnittlich 200 Euro im Monat gekürzt. Die Eigentümergesellschaft vermietet Appartements in dem Hauskomplex an Touristen. Gäste der Ferienwohnungen klingelten regelmäßig nachts, außerdem feierten die Touristen lautstark und ließen Müll im Treppenhaus zurück.
Das Landgericht Berlin hatte die Mietminderung um 20 Prozent für rechtswidrig erklärt, übermäßige Störungen seien nicht ausreichend belegt worden. Die Wohnungskündigung und Räumungsklage der Vermietergesellschaft wurde für rechtmäßig erklärt.
Der Mietsenat des BGH hob das Urteil jetzt auf und wies den Fall an das Landgericht Berlin zurück. Obwohl es sich um eine große Wohnanlage handele, gingen die Störungen "über das kaum zu vermeidende Maß weit hinaus". Das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die vom Mieter geforderte Darlegung der Beeinträchtigungen verkannt, lautete die Begründung.
12.000 Ferienwohnungen in Berlin
"Das Urteil bedeutet auch für viele andere Anwohner Rückenwind, die ihre Miete ebenfalls deswegen gemindert hatten", sagt Daniel Dagan. Allerdings seien die Probleme mit den lauten Touristen damit nicht erledigt. "Hier sind Politik und Verwaltung gefordert."
In Berlin gibt es nach Schätzungen 12.000 Ferienwohnungen. Laut einer Umfrage haben bereits 95 Prozent der normalen Anwohner negative Erfahrungen mit den unliebsamen Gästen gemacht. Ähnlich Probleme gibt es auch in anderen deutschen Großstädten wie Hamburg und München. Kritiker bemängeln zudem, dass durch die vielen Ferienwohnungen Wohnraum für die Städter verloren gehe.
Politik und Verwaltung wissen zwar um das Problem mit den hotelähnlichen Angeboten. Allerdings sind sie meist machtlos. So fehlen etwa Rechtsgrundlagen, um die Ferienwohnungsflut einzudämmen. "Konkrete Auswirkungen auf die Situation sehen wir nicht", sagte Daniela Augenstein von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. "Wir prüfen aber, ob sich Aspekte für unser Anliegen ableiten lassen." Der Senat prüft eine Verordnung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Eine solche war 2002 gekippt worden.
Mit dem aktuellen Urteil machen es Richter den Anwohnern künftig leichter, eine Mietminderung durchzusetzen: Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist es demnach nicht nötig, dass Mieter ein ausführliches Störungsprotokoll vorlegen.
Aktenzeichen: Bundesgerichtshof VIII ZR 155/11