Bürgermeister zu Eintrittsgeld "Wir wollen Venedig verteidigen"

Ein Tag Venedig ab drei Euro: Die italienische Lagunenstadt will demnächst eine Eintrittsgebühr von Touristen verlangen. Der Bürgermeister verteidigt die Maßnahme - er wolle Venedig wieder lebenswert machen.
Markusplatz in Venedig

Markusplatz in Venedig

Foto: Manuel Silvestri/ REUTERS

Auf der Rialtobrücke, vor dem Dogenpalast oder dem Markusdom wimmelt es nur so vor Touristen. Und das umso mehr, je wärmer die Sonnenstrahlen werden. "Niemand will so wie Venedig sein", betitelte zuletzt das spanische Portal "El Confidencial" einen Artikel zum Problem des Massentourismus.

Auch nach Ansicht des Bürgermeisters Luigi Brugnaro ist seine Stadt so sehr von dem Besucherandrang betroffen wie keine andere. "Ich würde gerne ein Vorbild auswählen, aber das Problem ist, dass es niemanden auf der Welt gibt, der diese Art von Situation hat", sagte Brugnaro in Rom. Dort stellte er am Donnerstag Details für ein geplantes Eintrittsgeld vor, das in einigen Monaten - ein genaues Datum gibt es noch nicht - Touristen zahlen sollen, die keine Unterkunft in Venedig gebucht haben.

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Dieses Jahr seien es zunächst drei Euro, sagte Brugnaro. 2020 soll der Preis auf sechs Euro steigen, in ruhigen Zeiten aber auch gesenkt oder bei stärkerem Andrang bis zehn Euro angehoben werden. Ausgenommen von der Zahlung sind Hotelgäste, die ohnehin eine Ortstaxe zahlen.

Eine Taxe für die Sauberkeit

Venedig sieht sich seit Jahren einem riesigen Andrang von Touristen konfrontiert. Immer wieder gibt es Ideen, wie er reduziert werden könnte. Brugnaro machte deutlich, dass es bei der neuen Maßnahme um etwas anderes gehe: Die Stadt solle auch weiterhin als Stadt wiedererkennbar sein und gepflegt werden, damit sie auch für kommende Generationen erlebbar sei.

"Wir wollen die Stadt verteidigen", sagte er. Er wolle sie wieder lebenswert machen, und zwar für alle: "Für die Familien und für diejenigen, die (die Stadt) aus aller Welt besuchen wollen." Brugnaro wollte Besucher auch ermutigen, nicht nur einen Abstecher in die Stadt zu machen. Man brauche einige Tage, um die Stadt zu verstehen, sagte er.

Die Kommune rechne damit, in diesem Jahr etwa drei Millionen Euro mit dem Eintrittsgeld einzunehmen. Die Reinigungskosten in der historischen Altstadt seien um 30 Millionen Euro höher als in anderen Städten - auch, weil die historische Altstadt täglich "per Hand gefegt" werde, sagte Brugnaro. Er will damit erreichen, dass die Kosten für die Reinigung der Stadt nicht nur auf den "Schultern der Bürger" lasten. Möglicherweise sei die Maßnahme auch etwas für andere europäische Städte, sagte er.

Brugnaro habe auch schon Anrufe aus mehreren Städten bekommen, wie das Ganze funktionieren soll. Denn wie für Amsterdam, Barcelona oder Dubrovnik ist die Beliebtheit für die Lagunenstadt Segen und Fluch zugleich: Die Touristen lassen Geld da - sorgen aber auch für Preissteigerungen, Dreck, Stau.

Bürgermeister Brugnaro muss sich aber die Frage gefallen lassen, was das Eintrittsgeld wirklich bezwecken kann. Zum Image der Stadt passt die neue Maßnahme allemal. Wenn man die beige- bis terracottafarbenen Hausfassaden mit den typischen Rundbogenfenstern vor dem glitzernden türkisfarbenen Wasser sieht, glaubt man sich schon jetzt im Museum.

dpa/abl
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