Marode Bauwerke Eisenbahnbundesamt stellt Sicherheitsmängel an Brücken fest

Bauarbeiten an der Müngstener Brücke im Juli 2012: "Unmittelbare Sicherheitsmängel"
Foto: Caroline Seidel/ picture alliance / dpaHamburg - Sie sind oft über hundert Jahre alt, teilweise wahre Sehenswürdigkeiten - und einige auch marode: Die Deutsche Bahn hat ein milliardenschweres Problem mit ihren Brücken. Bei einem Viertel aller Überführungen stellte das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) "unmittelbare Sicherheitsmängel" fest. Das ergab ein Prüfbericht der Behörde, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.
Ausgelöst hatte die Sonderprüfung die Bahn selbst, da sie vom Bund eine massive Aufstockung der Mittel für Ersatzinvestitionen verlangt. Als Begründung wird unter anderem der Zustand ihrer insgesamt 27.000 Brücken aufgeführt.
Das Eisenbahn-Bundesamt untersuchte daraufhin in einer Schwerpunktprüfung 256 Bauwerke direkt. Neben den Sicherheitsmängeln bezogen auf Stand-, Betriebs- oder Verkehrssicherheit wurden auch Akten zu den Anlagen geprüft, die ebenfalls in vielen Fällen lücken- oder fehlerhaft waren.
Obwohl DB Netz ein eigenes Sicherheitsmanagementsystem habe, seien "Mängel insbesondere in der Umsetzung der vorgegebenen Prozessabläufe festzustellen", kritisiert die Behörde. "Diese Aufsichtsergebnisse zeigen, dass die Eisenbahnaufsicht durch das EBA unverzichtbar ist."
Die Bahn-Tochter DB Netz bestätigte in einem Schreiben an das Verkehrsministerium die Mängel an den meisten untersuchten Brücken, betonte jedoch, dass "in keinem Fall eine akute Gefährdung des Eisenbahnbetriebs" vorhanden sei.
Investitionen in Schienen statt in Brücken
Die Bahn erhält bislang jährlich 2,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln für Investitionen in das Netz inklusive der Brücken. Nach Angaben des Verkehrsministeriums seien davon fast 500 Millionen Euro für die Brücken berechnet worden. Dazu kommen 250 Millionen Euro für die regelmäßige Wartung, die das Unternehmen selbst tragen muss.
Die Bahn hatte dem Ministerium zufolge in den vergangenen drei Jahren aber jeweils immer weniger als 400 Millionen Euro eingesetzt. "Diese für die Substanzerhaltung erforderlichen Beträge wurden mithin in den vergangenen Jahren von der DB Netz AG insbesondere bei der Instandhaltung massiv unterschritten", heißt es in einem Schreiben des Verkehrsressorts, das an die Bahn ging und das SPIEGEL ONLINE vorliegt.
Doch das will die Bahn so nicht stehen lassen. Vom Bund seien keine Investitionshöhen für einzelne Infrastrukturbereiche wie beispielsweise Oberbau, Brücken oder Tunnel definiert worden, sagte ein Sprecher von DB Netz SPIEGEL ONLINE. "Wir haben die Mittel so eingesetzt, dass wir die vereinbarten Qualitätsstandards erfüllen können."
Aus Sicht des Verkehrsministeriums handelt es sich dabei um eine "massive Übererfüllung der bisherigen Qualitätsziele", aber eher beim "theoretischen Fahrzeitverlust" oder dem sogenannten Oberbau - darunter fallen Schienen, Schotter und Schwellen. Anstelle sich um die Brücken zu kümmern, habe die Bahn in unternehmerischer Eigenverantwortung andere Prioritäten gesetzt.
"Es ist dreist von der Bahn, zusätzliches Geld zu fordern"
Die Bahn hat nach eigenen Angaben in den vergangenen zwei Jahren jeweils 1,4 Milliarden Euro aus eigenen Mitteln in die Instandhaltung des Streckennetzes investiert. Gefordert gewesen sei eigentlich nur eine Milliarde Euro.
"Fakt ist, dass der Aufwand für die Brückenerneuerung in den nächsten Jahren zusätzliche Mittel in Millionenhöhe erfordern wird", sagte der Konzernsprecher. Dieses Thema sei Bestandteil der derzeit laufenden Verhandlungen zur Folgevereinbarung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) mit dem Bund.
Die Bahn verlangt vom Bund künftig 1,5 Milliarden Euro jährlich mehr für das Netz. Zudem soll in den kommenden beiden Jahren rund eine Milliarde Euro des Bundes für den Strecken-Neubau in das bestehende Netz investiert werden. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Toni Hofreiter, zeigte sich empört: "Es ist dreist von der Bahn, jetzt zusätzliches Geld zu fordern, wo sie jahrelang bei der Instandhaltung der Brücken geschlampt hat", sagte der Grünen-Politiker.
Das Bundesverkehrsministerium will in Zukunft genauer festlegen, wie viel Geld pro Jahr für Eisenbahnüberführungen ausgegeben werden soll. In dem Schreiben an die Bahn heißt es: Bei Brücken wolle man künftig Teilbudgets vorgeben, deren Einhaltung vom Infrastrukturwirtschaftsprüfer des Bundes geprüft werden könnten.