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Eruption auf Island Vulkanasche-Wolke stoppt Flüge über Europa

Die Vulkaneruption auf Island hat gravierende Folgen für den Flugverkehr in ganz Europa - auch auf vielen Flughäfen in Deutschland fallen Flüge aus, über eine Teilsperrung des deutschen Luftraums ist aber noch nicht entschieden. Die Lufthansa warnte vor Panikmache.

Brüssel/Hamburg - Der isländische Eyjafjallajökull-Vulkan  lähmt den Flugverkehr in weiten Teilen Europas. Am Donnerstag wurden nach und nach alle Starts und Landungen in den skandinavischen Ländern und in Großbritannien einschließlich aller Londoner Flughäfen abgesagt. Auf der wichtigsten Drehscheibe des europäischen Flugverkehrs in Heathrow mussten Hunderttausende Passagiere mit der Absage ihrer Flüge rechnen.

Unklarheit herrschte über die Folgen für den deutschen Luftraum. In Brüssel kündigte die europäische Flugsicherungsbehörde Eurocontrol wegen der Aschewolke zunächst die Schließung von Teilen des deutschen Luftraums ab 14 Uhr an. Später hieß es aber von Eurocontrol, die Situation werde noch bewertet. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) und die Lufthansa teilten mit, eine Sperrung des deutschen Luftraumes sei ihnen nicht bekannt.

"Der deutsche Luftraum ist derzeit unbeeinträchtigt", sagte Ute Otterbein, Sprecherin der DFS am Donnerstag in Langen bei Frankfurt. Es werde am Nachmittag aber weitere Besprechungen geben.

Bei der Lufthansa war zwar von einer "ernsten Situation" für den Luftverkehr die Rede, vor Panikmache aber warnte ein Sprecher des Unternehmens im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Zwar würden derzeit Flüge von Deutschland nach Großbritannien und Nordskandinavien ausfallen. Auf der Nordatlantikroute Richtung USA und Kanada seien die Auswirkungen aber gering. "Die Flugzeuge umfliegen das betroffene Gebiet einfach und kommen ein paar Minuten später in New York an. Das ist kein Drama."

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Vulkanausbruch in Island: Asche behindert Flugverkehr

Foto: DPA / Icelandic Coast Guard

Mittel- bis langfristige Schwierigkeiten sieht der Konzern ebenfalls nicht. "Wir gehen davon aus, dass die Wolke des Hauptausstoßes, die jetzt Probleme macht, weiterzieht." Selbst wenn der Vulkan weiter aktiv bleibe, dürften sich die Beeinträchtigungen für den Luftverkehr in Grenzen halten.

Ein Sprecher der Fluggesellschaft SAS sagte indes, dass Verbote im Norden Europas "schlimmstenfalls über mehrere Tage gelten können".

Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin hat bisher nur wenige Flüge streichen müssen. Abgesagt wurden alle Flüge nach London, weil der dortige Flughafen gesperrt wurde, sagte eine Sprecherin von Air Berlin am Donnerstagmittag. Das betreffe nicht Berlin, weil es von hier keinen Direktflug in die britische Hauptstadt gebe. In Berlin selbst sei bis 12.30 Uhr nur der Flug nach Oslo und zurück gestrichen worden, weil Norwegen seinen Luftraum nach dem Vulkanausbruch komplett geschlossen habe.

Der Billigflieger Ryanair hat alle Flüge von und nach Nordeuropa und Großbritannien für Donnerstag und Freitag zur Disposition gestellt, wie Sprecherin Henrike Schmidt SPIEGEL ONLINE sagte, "das ist keine Situation, mit der wir täglich zu tun haben." Eine Umbuchung sei problemlos möglich, fügte sie hinzu und verwies auf die Website des Unternehmens. Man gehe aber davon aus, dass sich die Situation bis zum Wochenende wieder beruhigt habe.

Auch Oliver Aust von Easyjet sieht keinen Anlass für Panik. Allerdings habe die Staubwolke schon eine andere Qualität als Winterwetter, das mit Schnee und Nebel zeitweise auch für Störungen im Flugverkehr sorge. "In solchen Fällen können wir in der Regel auf einen nahegelegenen Flughafen ausweichen. Das geht jetzt natürlich nicht." Fluggäste sollten sich auf jeden Fall erkundigen, bevor sie zum Flughafen führen.

Luftraumsperre in Großbritannien ab 13 Uhr

Am Frankfurter Flughafen sind wegen der Luftraumsperrungen nach dem Vulkanausbruch in Island bis jetzt 30 Starts und Landungen ausgefallen. Die Zahl werde im Tagesverlauf voraussichtlich weiter steigen, sagte ein Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport. Die Ausfälle würden allerdings durch Landungen umgeleiteter Flugzeuge mehr als kompensiert, die in Richtung Großbritannien oder Skandinavien unterwegs gewesen seien und dort wegen der Luftraumsperrung nicht hätten landen dürfen. Bei den Flugzeugen handle es sich vor allem um große Langstreckenmaschinen.

Schon am Vormittag waren Flugstopps für Norwegen und ganz Großbritannien bekanntgegeben, die Sperre in Großbritannien gilt seit 13 Uhr bis 18 Uhr. Auch die finnischen Behörden meldeten Beeinträchtigungen wegen der Asche auf Strecken über Wasser zwischen Norwegen, Nordschweden, Nordfinnland und Großbritannien. Der dänische Luftraum wird ab 18 Uhr geschlossen, teilte das zuständige Unternehmen Naviair mit. Für den Nordwesten des Landes gelte die Sperrung bereits ab dem Mittag. Die Flugverbotszone werde dann schrittweise ausgedehnt, bis sie um 18 Uhr für das gesamte Land gelte.

In Frankreich sorgte der Vulkanausbruch für Einschränkungen im Flugverkehr. Am Flughafen Charles de Gaulle in Paris wurden alle Flüge nach Island, Großbritannien, Schweden, Dänemark und Norwegen gestrichen, wie der Flughafenbetreiber ADP am Donnerstag mitteilte.

Furcht vor weiteren Vulkanausbrüchen

Der Eyjafjallajökull war am Mittwoch zum zweiten Mal binnen vier Wochen ausgebrochen. Dampf und Rauch stiegen kilometerweit in die Höhe. Vulkanasche stelle eine bedeutende Bedrohung für die Sicherheit von Flugzeugen dar, erklärte die britische Flugsicherung.

Auf Island mussten 800 Anwohner in Sicherheit gebracht werden. Die Eruption des Eyjafjallajökulls unter den rund 200 Meter dicken Gletschermassen ließ Eis tauen; schwarzer Rauch und weißer Dampf stiegen über dem Krater auf. Das Schmelzwasser flutete die Täler. Die Wassermassen drohten, eine Schnellstraße und mehrere Brücken zu beschädigen. Um die Fluten abzuleiten und Druck abzubauen, seien an mehreren Stellen Durchbrüche durch den Straßendamm gegraben worden. Aus drei noch am Morgen sichtbaren Löchern in der Eisdecke des Gletschers habe sich ein durchgehender, zwei Kilometer langer Riss gebildet, sagte ein Behördenvertreter.

Am 21. März hatte es zuletzt größere Eruptionen unter dem Eyjafjallajökull-Gletscher gegeben, ohne dass Menschen zu Schaden kamen. Er war erst am Montag erloschen, wie der staatliche Rundfunk berichtete.

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Vulkanausbruch auf Island: Feuer im Eis

Foto: INGOLFUR JULIUSSON/ Reuters

Wie lang der neuerliche Ausbruch andauern wird, lässt sich nicht vorhersagen. Örtliche Geologen fürchten, die Vulkanaktivitäten könnten den nahegelegenen Vulkan Katla wachrütteln. Katla liegt unter einer dicken Eisschicht. Würde hier ein Ausbruch stattfinden, drohten starke Überschwemmungen und explosionsartige Stöße.

itz/abl/dpa/dpa-AFX/AFP/Reuters
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