EuGH Airline muss Passagiere bei Technik-Problemen entschädigen
Luxemburg/Brüssel - Fluggäste haben grundsätzlich einen Anspruch auf Entschädigung, wenn eine Maschine wegen Motorschadens am Boden bleibt. Das hat der Europäische Gerichtshof am Montag im Rechtsstreit zwischen einer Österreicherin und der italienischen Fluggesellschaft Alitalia entschieden.
Die Frau hatte auf eine Ausgleichszahlung von 250 Euro geklagt, weil Alitalia einen Flug von Wien nach Rom mit Anschluss nach Brindisi erst fünf Minuten vor der geplanten Abflugzeit annulliert hatte. Mit dem angebotenen Ausweichflug erreichten die Frau und ihre Familie ihr Ziel erst fast vier Stunden verspätet. Die geforderte Entschädigung verweigerte Alitalia unter Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände"; erst am Vorabend sei an der Maschine ein schwerer Turbinenschaden festgestellt worden.
Die obersten EU-Richter gaben der Kundin Recht: Angesichts der hohen Komplexität von Flugzeugen seien technische Probleme für die Fluggesellschaften nicht außergewöhnlich, sondern Alltag, befanden die Luxemburger Richter, und seien daher keine "außergewöhnlichen Umstände". Falls eine Fluggesellschaft sich darauf berufe, müsse sie nachweisen, dass sie eine Annullierung des Fluges auch unter Einsatz sämtlicher Mittel nicht hätte abwenden können. Auch die ohnehin gesetzlich vorgeschriebene regelmäßige Wartung des Flugzeugs könne die Unternehmen nicht von ihrer Entschädigungspflicht befreien.
Seit Jahren strittige Frage
Technische Probleme können laut EuGH nur dann als "außergewöhnliche Umstände" gewertet werden, wenn die Ursache nicht im normalen Geschäft der Airline zu suchen ist. Das könnte etwa ein Rückruf des Flugzeugherstellers sein, erläuterte der EuGH. Auch Schäden als Folge eines Sabotageakts oder eines Terroranschlags fielen unter diese Kategorie.
Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Düsseldorf hat der EuGH mit seinem Urteil daher "eine praktisch sehr bedeutsame Frage" verbraucherfreundlich geklärt. Fast immer würden Ausfälle von den Fluggesellschaften mit technischen Problemen begründet, sagte die Expertin für Reiserecht Beate Wagner.
Wenn ein Flug kurzfristig gestrichen wird, können die Passagiere nach einer EU-Verordnung von 2004 wählen, ob sie einen anderen Flug nutzen oder ihr Geld zurück haben wollen. Zusätzlich müssen die Fluggesellschaften eine sogenannte Ausgleichsleistung von 200 bis 600 Euro je nach Entfernung bezahlen.
Dieses Recht der Verbraucher auf Entschädigung entfällt aber, sofern die Annullierung auf "außergewöhnliche Umstände" zurückgeht. Seit Jahren war nun streitig, ob technische Probleme als "außergewöhnlich" gelten.
EuGH, Rechtssache C-549/07