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Kreuzfahrt-Häfen: Sauberer Strom aus dem Blockheizkraft

Foto: Aida Cruises

Flüssigerdgas-Kraftwerke Kreuzfahrtreeder wollen sauberen Strom in Häfen

Aida Cruises will eine schnelle Lösung in Sachen umweltfreundlichere Stromversorgung ihrer Schiffe in Häfen. Wie Konkurrent TUI Cruises setzt die Rostocker Reederei auf neue schwimmende Blockheizkraftwerke. Der Erste im Wettlauf würde eine weltweite Premiere feiern.

Hamburg - Wenn im Sommer kommenden Jahres das Kreuzfahrtschiff "Aida Sol" in den Hamburger Hafen rauscht, wird etwas anders sein als sonst bei ihren regelmäßigen Besuchen der Hansestadt. In der Hafencity am Grasbrookkai wartet auf den Ozeanriesen eine weiße Schute mit Aida-Logo und futuristisch geschlängelten Rohren auf dem Dach: ein schwimmendes Blockheizkraftwerk mit Containern voller Flüssigerdgas (LNG) an Bord, das das Schiff während der Liegezeit mit Strom versorgt.

So planen das jedenfalls die Reederei Aida Cruises und die Schiffsantriebsspezialisten Becker Marine Systems, wie beide Unternehmen am Dienstag in Hamburg bekannt gaben. Eine solche LNG-Hybrid-Barge wäre eine Lösung für das Problem, das Hafenstädte wie Hamburg mit ihren schwimmenden Stargästen haben: Da auch am Kai der Hotelbetrieb von "Aida Sol", "Mein Schiff" und Co. weitergehen muss, laufen ihre Hilfsdieselmotoren weiter - und produzieren aus Marinediesel giftige Abgase, was Anwohner nervt und Umweltschützer auf die Palme bringt. Mit sauberem Strom von der Barge statt aus dem Maschinenraum sinke laut Aida die CO2-Freisetzung um ein Drittel, die Stickoxid-Emission um vier Fünftel und Schwefeloxide, Feinstaub und Ruß würden gar nicht mehr ausgestoßen.

Der Politik eine Nase voraus

Sollte die Rostocker Reederei ihre Pläne für einen Prototypen innerhalb eines Jahres realisieren, könnten sie eine weltweite Premiere feiern: Mit der "Aida Sol" würde zum ersten Mal ein Kreuzfahrtschiff über einer mobiles Kraftwerk im Hafen mit Strom versorgt. Fünf Blockheizkraftwerksmotoren und fünf Generatoren werden das LNG, das in mobilen Containern geladen wird, in elektrische Energie umwandeln, armdicke Kabel leiteten den Strom nach Bedarf - im Schnitt sechs Megawatt - zur Steckdose im Schiff. Immerhin sechs der neun Aida-Schiffe sind dafür schon vorausgerüstet. Doch noch kann ihnen die Hamburger Konkurrenz TUI Cruises zuvorkommen. Die wesentlich kleinere Reederei mit zurzeit zwei Schiffen hat bereits im März eine Absichtserklärung mit der Eckelmann-Gruppe unterzeichnet.

Auch deren sogenannte E-Power Barge mit einem festen LNG-Tank soll kommendes Jahr fertig werden, wenn möglich zum Start der Kreuzfahrtsaison im Frühjahr, wie Vanessa Fedorczuk, Projektleiterin bei Eckelmann, sagt. Die Kosten sollen unter 15 Millionen Euro betragen. Allerdings fehlen bisher die nötigen Genehmigungen - die auch noch für das Aida-Projekt beantragt werden müssen - und die gesicherte Versorgung mit dem Flüssigerdgas. Denn nicht nur die mobilen Heizkraftwerke wären neu in Hamburg, auch LNG-Bunkerstationen sind noch im Projektstatus.

Mit solchen Flüssigerdgas-Barges würden Aida und TUI Cruises aber auch ein anderes Problem elegant umgehen und der Politik eine Nase voraus sein: Trotz jahrelanger Planerei und 25 Prozent mehr Kreuzfahrtschiff-Anläufen in diesem Jahr hat es die Hansestadt Hamburg noch nicht geschafft, Seeschiffen Landstrom - also Strom aus der Steckdose am Kai - anzubieten, wie es etwa in Göteborg, Oslo oder Los Angeles schon gelingt. "Eine wasserseitige Versorgung scheint uns die pragmatischere und schnellere Lösung zu sein - und hoffentlich die günstigere", sagt Aida-Chef Michael Ungerer.

Eine Einschätzung, die eventuell auch die Bürgerschaft teilen wird - wenn sie ab Ende August über die alternative Stromversorgung von der Wasserseite oder der Landseite entscheidet, wie die Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, Susanne Meinecke ankündigt. Das Konzept einer festen Landstromanlage könnte sogar ganz verworfen werden, eine "emissionsarme Stromversorgung werde es aber auf alle Fälle geben". Die Pläne der Reedereien würden von der Behörde begrüßt.

Investition ins Image

Ob Landstrom oder LNG-Barge - beide Varianten sind für die Kreuzfahrtreedereien teurer, als ihre Hilfsmotoren mit Schiffsdiesel laufen zu lassen. Doppelt so viel ist es bei der Schute, sagt Aida-Mann Ungerer, auch wenn rund 1,2 Tonnen Diesel pro Stunde eingespart würden. "Das lassen wir uns den Umweltschutz kosten", sagt er, "wir leben ja von sauberen Meeren." "Ein Bekenntnis zum Umweltschutz", kommentiert auch TUI Cruises. Die Unternehmen, die ihre "Traumurlaube auf See" verkaufen müssen, investieren in nachhaltige Techniken - und damit in ihr Image.

Für die Betreiber der mobilen Blockheizkraftwerke jedoch muss sich ihre Investition auch wirtschaftlich lohnen - durch die Kreuzfahrtschiffe ihrer Kooperationspartner allein würden ihre Prototypen nicht ausgelastet. Und so könnte die Hansestadt zu einer zusätzlichen, umweltfreundlichen Stromquelle kommen: Die LNG-Hybrid-Barge soll an schiffsfreien Tagen - vor allem im Winter - Strom und Wärme an das Energieunternehmen Eon Hanse Wärme liefern. Und Eckelmann hat für seine E-Power-Barge unter anderem bereits eine Interessensbekundung der Reederei Hapag Lloyd auf dem Tisch, die ihre zum Teil bereits für Landstrom ausgerüsteten Containerschiffen auch in Hamburg ans Kabel legen wollen.

Für Becker Marine Systems ist die Hansestadt an der Elbe erst der Anfang: "Wir haben uns Hamburg für unser Projekt ausgesucht, und nicht Hamburg uns", sagt Dirk Lehmann, Geschäftsführer des Ingenieurbüros. Gespräche mit anderen Häfen liefen bereits. Sei der Prototyp erst mal gebaut, lasse sich das System schnell replizieren und sei überall einsetzbar.

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