Berliner Flughafen-Blamage Klemmende Türen, trockene Sprinkler, laute Flieger

Party abgesagt, Umzugsleute abbestellt, Betriebsbeginn verschoben: Einen Tag nach Bekanntwerden der Flughafenpanne von Berlin rückt die Frage nach Ursachen und Verantwortlichen für die Blamage in den Mittelpunkt. Schon beginnen die Beteiligten mit Schuldzuweisungen.
Bauarbeiten am neuen BER-Terminal: Probleme an jeder Ecke

Bauarbeiten am neuen BER-Terminal: Probleme an jeder Ecke

Foto: Adam Berry/ Getty Images

Berlin/Schönefeld - Ein wenig wirkt Rainer Schwarz wie einer, der das Ganze nicht verdient hat. Am Dienstag trat der Chef der Betreibergesellschaft des neuen Hauptstadtflughafens mit hängenden Schultern vor die Presse, um einzugestehen, dass die Zeit bis zum 3. Juni nicht reicht, um das Monumentalbauwerk fertigzustellen. Auch am heutigen Mittwoch vor dem Verkehrsausschuss des Bundestags war wenig vom zupackenden, entschlossenen Wesen zu erkennen, das den Flughafenmanager sonst auszeichnet.

Doch mit dem Begriff Resignation ist die Gemütslage von Schwarz und seinem Team nur unzureichend beschrieben. Denn abseits der Mikrofone äußert sich manch einer mit unverhüllter Wut. Die richtet sich konkret gegen das Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (GMP), das für die Überwachung des gesamten Bauprojekts verantwortlich ist.

GMP habe bis zuletzt unerschütterlichen Optimismus verbreitet, sagte ein Mitarbeiter der Betreibergesellschaft SPIEGEL ONLINE. Zuletzt habe man, verunsichert durch allzu viele Ungereimtheiten, bei den Lieferanten selbst nachgefragt. Danach sei keine andere Möglichkeit mehr geblieben, als die Reißleine zu ziehen.

Die Architekten nehmen die Vorwürfe zum jetzigen Zeitpunkt lediglich zur Kenntnis. "Wir können dazu im Moment nichts sagen", sagt ein Sprecher des Unternehmens. Zu viele offene Fragen seien noch zu klären.

Betreibergesellschaft in Erklärungsnot

Vor allem geht es um die Frage, wer für den Millionenschaden aufkommen muss. "Offizielle Äußerungen sind in solchen Gemengelagen kontraproduktiv", erklärt ein Rechtsanwalt, der sich auf Schadensersatzprozesse dieser Art spezialisiert hat.

Gleichwohl wächst in der Öffentlichkeit das Bedürfnis, Näheres zu den Umständen zu erfahren, die zu der blamablen Terminverschiebung geführt haben. Und es wachsen die Zweifel, dass allein die aufwendige Brandschutzprüfung dafür den Ausschlag gegeben hat. So erfuhren die Mitglieder des Verkehrsausschusses im Bundestag am Mittwoch, dass die zuständige Genehmigungsbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald schon seit Anfang April auf die Zeitnot für die Freigabe des Großflughafens hingewiesen hatte. "Wir haben der Betreibergesellschaft erklärt, dass wir die Unterlagen bis spätestens zum 21. Mai auf dem Tisch liegen haben müssen, wenn wir noch rechtzeitig mit der Prüfung fertig werden sollen", erklärte der zuständige Landrat des Kreises Damme-Spreewald SPIEGEL ONLINE das Ansinnen der Betreiber.

Der seit November laufende Probebetrieb habe eine Reihe von Problemen zutage gefördert, die aber mit "operativen Maßnahmen" hätten bewältigt werden können, berichtete hingegen Flughafenchef Schwarz dem Ausschuss. "Wenn etwa die Technologie der Türöffnung nicht funktioniert, kann man die Türen auch manuell öffnen lassen". Bei der Brandschutzanlage habe das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten nicht einwandfrei funktioniert. Beteiligt gewesen seien Firmen wie Bosch und Siemens. Um das Problem zu lösen, habe der Flughafenbetreiber 700 Mitarbeiter befristet einstellen wollen, wie Anton Hofreiter, Vorsitzender des Bundestags-Verkehrsausschusses, dem "Tagesspiegel" sagte.

Etliche Verfahren wegen unzureichender Lärmschutzmaßnahmen anhängig

Auch die Automatik der Sprinkleranlage habe man zumindest für den Übergang durch eine manuelle Bedienung überbrücken wollen. Die Behörde habe aber signalisiert, dass eine solche Sondergenehmigung keine Aussicht auf Erfolg haben werde, hieß es nach der Ausschusssitzung.

Diese Details wiederum bringen den Bauherren in Erklärungsnot: Denn die Diskussionen mit den Behörden dürften Schwarz und seinen Leuten kaum verborgen geblieben sein. Es stellt sich also die die Frage, wieso das ganze Ausmaß der Probleme erst am Freitag, den 4. Mai erkennbar geworden ist.

Womöglich kam den Flughafenbetreibern das Thema Brandschutz ganz gelegen, mutmaßt dagegen ein Mitarbeiter in der Verwaltung einer vom Fluglärm betroffenen Gemeinde. Auch andere Mängel hätten den Technikern schwer zu schaffen gemacht, die Gepäckabfertigung etwa und die Steuerung der Check-in-Schalter.

Entscheidend für die Verschiebung des Termins könnten letztlich aber ganz andere Gründe gewesen sein, mutmaßt wiederum Verkehrsausschussmitglied Stephan Kühn. Derzeit nämlich seien noch etliche Verfahren wegen unzureichender Lärmschutzmaßnahmen anhängig. Nach groben Schätzungen seien erst zehn Prozent der Häuser mit entsprechenden Schallschutzfenstern ausgerüstet worden, erklärt der Grünen-Politiker. Die Sicherheit der Passagiere sei wohl ein besserer Grund gewesen, die Eröffnung zu verschieben, als eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts im Sinne eines lärmgeplagten Anwohners.

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