

Hamburg - Die Südkoranerin Oh Eun Sun hat als erste Frau alle 14 Achttausender bestiegen. Am Dienstagvormittag erreichte die 44-Jährige den 8091 Meter hohen Gipfel der Annapurna. Oben herrschte starker Wind bei Temperaturen von etwa minus 29 Grad Celsius. Die letzten Meter kroch sie unter enormer Anstrengung auf allen Vieren zum Gipfel. Oben angekommen, zog sie eine südkoreanische Flagge hervor und rief laut "Victory!", wie Fernsehbilder des südkoreanischen Senders KBS zeigen.
Am Sonntag hatte sie bereits versucht, den Gipfel zu erreichen, musste aber wegen schlechten Wetters ins höchste Camp auf 7200 Metern zurückkehren.
Ihr gelang damit eine der wohl letzten echten Pionierleistungen des Extremklettersport. Oh gewinnt einen Wettstreit, in dem sich auch die Spanierin Edurne Pasaban und die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner gute Chancen ausgerechnet hatten. Pasaban war am 17. April ebenfalls an der Annapurna, ihrem 13. Achttausender, erfolgreich. Kaltenbrunner fehlen noch der Mount Everest, wo sie derzeit unterwegs ist, und der K2.
Bei Ohs Triumph am Dienstag berichtete ein südkoreanisches Fernsehteam live vom Berg. Neben einem Kameramann wurde sie von drei Trägern begleitet auf dem 13-stündigen letzten Abschnitt der Tour.
Die Südkoreanerin war noch vor wenigen Jahren eine Unbekannte in den exklusiven Kreisen der Weltklasse-Alpinisten. Doch zwischen Mai 2008 und August 2009 gelangen ihr acht Achttausender-Besteigungen in nur 17 Monaten. Anders als ihre beiden Konkurrentinnen hatte sie immer wieder verkündet, unbedingt die erste Frau auf sämtlichen Achttausendern sein zu wollen. Die Mission nannte sie "Projekt 14".
Streit um ein Gipfelfoto
Doch Ohs Methoden sind in der Alpinwelt umstritten, da sie mit vielen Helfern und großem logistischem Aufwand unterwegs ist. So lässt sie sich meist per Hubschrauber ins Basecamp bringen, anstatt mühsam selbst dorthin aufzusteigen. Von ihrem Erfolg am Kangchendzönga gibt es außerdem nur ein unscharfes Foto, auf der weder sie noch der Gipfel erkennbar ist, deshalb wurde dieser Erfolg angezweifelt. Am Gasherbrum I soll sie nur mit einem kleinen Rucksack unterwegs gewesen sein, während Träger das restliche Gepäck schleppten, ihre Nanga-Parbat-Besteigung soll sie nur mit zusätzlichem Sauerstoff aus der Flasche geschafft haben - eine Hilfe, die unter Bergsteiger-Puristen verpönt ist.
Schon im Oktober 2009 hatte Oh versucht, die Annapurna zu besteigen, musste aber wegen schlechten Wetters aufgeben. Der zehnthöchste Berg der Welt gilt wegen seiner hohen Lawinengefahr als besonders gefährlich - auf weniger als drei erfolgreiche Besteigungen kommt ein Todesfall, kein anderer Achttausender hat eine so hohe Todesrate. Im Juni 1950 war die Annapurna der erste Achttausender, der je bestiegen wurde.
Im Jahr 1986 hatte der Südtiroler Reinhold Messner weltweite Berühmtheit erlangt, weil er als erster Mensch alle Achttausender-Gipfel besteigen konnte. Auch damals war das ein Wettkampf, der weltweit Interesse erregte. Sein härtester Rivale war der Pole Jerzy Kukuczka, der 1989 am Lhotse ums Leben kam.
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Rekord-Bergsteigerin Oh Eun Sun auf dem Gipfel der Annapurna: Die Südkoreanerin schaffte als erste Frau alle 14 Achttausender-Gipfel. Doch ihr Erfolg ist umstritten - viele Experten bezweifeln, dass sie es auf dem Kangchendzönga tatsächlich bis ganz oben schaffte.
Mühsamer Aufstieg: Am 27. April gelang ihr der Triumph am zehnthöchsten Berg der Erde, dessen Besteigung wegen extremer Wetterbedingungen und hoher Lawinengefahr als besonders gefährlich gilt.
Übertragung auf Großleinwand: Für Südkorea war Ohs Triumph ein nationales Ereignis. Ein Kameramann...
...war bei ihrem Aufstieg am Dienstag ständig dabei.
Vorbereitung in Katmandu (im März 2010): Schon im vergangenen Herbst hatte Oh versucht, die Annapurna zu besteigen, musste aber wegen schlechten Wetters aufgeben.
Ohs härteste Rivalin: Die Spanierin Edurne Pasaban war mit ihrem Team ab März an der Annapurna. Am...
...17. April erreichte sie den 8091 Meter hohen Gipfel der Annapurna. Sie war...
...zuletzt Ohs aussichtsreichste Konkurrentin um den Titel der ersten Frau, die alle Achttausender schafft. Wenige Wochen nach Oh erreichte sie ihren 14. Gipfel.
Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner: Der Österreicherin fehlt nur noch...
...der Gipfel des K2,...
...nachdem sie im Mai 2010 am Mount Everest erfolgreich war.
Gefährlicher Gipfel: An keinem anderen Achttausender gibt es im Verhältnis zu den erfolgreichen Besteigungen mehr Todesfälle als an der Annapurna.
Oh Eun Sun an der Annapurna: Ein südkoreanisches Kamerateam war bei dem Gipfelsturm dabei.
"Projekt 14" ist geschafft: Die Südkoreanerin Oh Eun Sun hat erreicht, was noch keiner Frau vor ihr gelang. Doch ihre Methoden sind umstritten - die 44-Jährige...
...ist mit hohem technischem Aufwand und vielen Helfern im Gebirge unterwegs.
Gebet vor der Annapurna: Ende April hatte Oh ihr "Projekt 14" geschafft und sich ihren Platz in der Geschichte des Bergsteigens gesichert.
Unterwegs mit großem Team: Der Besteigungsstil von Oh löst unter alpinen Puristen heftige Kritik aus. Zudem gibt es Ärger...
...um ein unscharfes Gipfelfoto vom Kangchendzönga - den Verdacht, dass sie bei dem dritthöchsten Berg der Erde geschummelt hat, konnte sie bislang nicht ausräumen.
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