
Unwetter Paris schließt Sehenswürdigkeiten wegen Hochwasser
Der Starkregen in Paris hat die Seine stark anschwellen lassen, der Fluss hat den höchsten Pegelstand seit fast 35 Jahren erreicht.
Nach Angaben des Umweltministeriums wurde am Mittag ein Wasserstand von sechs Metern gemessen. Bis zum Abend wurde ein neuer Höchststand von bis zu sechseinhalb Metern erwartet. Zum Vergleich: Vor einer Woche lag der Pegelstand noch unter 1,30 Meter.
Wegen der Überschwemmungen sind inzwischen viele Uferstraßen gesperrt, der Schiffsverkehr auf der Seine wurde gestoppt. Betroffen davon sind sowohl die beliebten Ausflugsboote als auch Frachtschiffe.
Die malerischen Uferpromenaden an der Seine sind längst von Wassermassen verschluckt, in vereinzelt überfluteten Straßen staute sich der Verkehr am Freitagmorgen auf einer Gesamtlänge von über 200 Kilometern. Im noblen 16. Arrondissement der Millionenmetropole sind bereits Plätze, Keller und Garagen geflutet.
Das weltberühmte Louvre-Museum und das Impressionisten-Museum Musée d'Orsay am Seine-Ufer blieben am Freitag geschlossen. Aus Angst vor Überschwemmungen wurden in den Untergeschossen gelagerte Werke in höhere Etagen gebracht. Zudem sei ein Krisenstab eingerichtet worden, wie die Direktion des Louvre mitteilte.
Ebenfalls geschlossen wurden Sehenswürdigkeiten wie die Nationalbibliothek und der Grand Palais, das bei kulturell interessierten Besuchern beliebte Ausstellungszentrum mit der gigantischen Glaskuppel.
Bahnverkehr bis Montag gestört
Bereits am Donnerstag konnten Teile einer Bahnlinie nicht mehr befahren werden, die Paris an der Seine entlang von Ost nach West durchquert. Die Linie RER C, die täglich durchschnittlich von 500.000 Menschen genutzt werde, sei inzwischen komplett gesperrt, schreibt die Tageszeitung "Le Monde". Der gesamte Bahnverkehr - auch auf anderen Linien innerhalb der Region Île-de-France - sei mindestens bis Montag "stark gestört", wie Frankreichs staatliches Bahnunternehmen SNCF mitteilte.
Bei der Pariser Metro gibt es zunächst keine größeren Störungen - ein Notfallplan wird erst bei einem Pegel von 6,60 Metern ausgelöst. Allerdings war die Metro-Station St. Michel am Notre Dame zeitweise gesperrt. Und am Mittag teilte der Metro-Betreiber RATP mit, dass auch die Station Cluny-La Sorbonne geschlossen wurde.
Einen höheren Pegel als am Freitagmittag gab es zuletzt 1982, damals erreichte die Seine in der französischen Hauptstadt eine Höhe von 6,15 Metern. Bei der Rekordflut im Jahr 1910 stieg die Seine sogar auf 8,62 Meter an. "Wir sind derzeit noch weit entfernt von einer Jahrhundertflut", schreibt "Le Monde". Anhand eines Damals-Heute-Fotovergleichs wird anschaulich, wie viel höher das Wasser 1910 angestiegen war. Auf historischen Schwarz-Weiß-Fotos sieht man, wie der Pont des Arts, der Pont Alexandre III und andere Brücken fast im Wasser verschwinden.
"Natur stärker ist als der Mensch"
Manch ein Städtereisender ist enttäuscht: "Wir wollten heute in den Louvre und dann bei einer Bootstour auf der Seine zu Abend essen. Beides wurde gestrichen", sagt Elle Yarborough, eine Lehrerin aus Boston. Bei ihrem ersten Paris-Besuch fällt ein Großteil des Touristenprogramms buchstäblich ins Wasser. Carlos Santiago aus Mexiko hat Verständnis für die Rettung der Bilder: "Schade, dass wir sie nicht sehen konnten, aber es ist gut, dass sie in Sicherheit sind."
"Sehr beeindruckend" findet der 28-jährige Belgier Nawal das Naturschauspiel. Und auch Brian Alan aus Atlanta staunt: "Das ist unglaublich", sagt und blickt auf den hohen Wasserpegel unter der imposanten Brücke Alexandre III. "Ich war schon oft hier, aber so hoch habe ich den Fluss noch nie gesehen."
Gelassen reagiert der Pariser Unternehmer Gabriel Riboulet, der für ein Foto der Seine von seinem Fahrrad gestiegen ist. "Es ist schön", sagt er. "Es erinnert uns daran, dass die Natur stärker ist als der Mensch. Wir können nichts machen außer warten."
20.000 Menschen in Sicherheit gebracht
Die Überschwemmungen haben auch in der Region um Paris und in der Loire-Region zu schweren Verwüstungen geführt. Am Donnerstag wurde ein Reiter im südwestlich von Paris gelegenen Evry-Grégy-sur-Yerres von den Wassermassen fortgerissen. Die Leiche des 74-Jährigen wurde zwei Stunden später geborgen.
Seit Beginn der heftigen Regenfälle am vergangenen Wochenende rückte die Feuerwehr landesweit zu 16.000 Einsätzen aus. 20.000 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Auch in Paris werden Evakuierungen laut dem Umweltministerium bereits in Erwägung gezogen. Im Fokus stehen unter anderem Bois du Boulogne, ein Park im Westen der Stadt, sowie zwei Seine-Inseln - die Ile de la Jatte und die Ile Saint-Germain.
Das Wetter könnte für Frankreich beim Auftakt der Fußball-EM im eigenen Land zum zweiten großen Spielverderber geraten - neben den Gewerkschaften. Streiks und zum Teil gewalttätige Proteste gegen die Pläne der Regierung für eine Arbeitsmarktreform halten das ganze Land in Atem. Zuletzt kündigten die Piloten von Air France an, während der Fußball-EM streiken zu wollen. Aber auch Frankreichs Eisenbahner drohen mit Ausständen während der Europameisterschaft. 50 Prozent aller Züge könnten dann ausfallen.
