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Kommunikation im Flugzeug: Simsen, Quatschen, Surfen

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Internet und Handy über den Wolken Surfen, quatschen, fliegen

SMS und E-Mails schreiben, per Handy telefonieren und im Internet surfen: Wer am Boden kommunikationsbedürftig ist, will die Dienste auch im Flug nicht mehr missen. Die Einführung des Service verlief bisher stockend, nimmt aber Geschwindigkeit auf - vor allem bei der Lufthansa.

Während in Zug und U-Bahn, im Bus und Auto und auf den Straßen per Handy gesimst, gemailt und gequatscht wird, herrscht in der Luft Funkstille. Denn wer hierzulande abhebt, hat im seltensten Fall die Möglichkeit, Laptop und Smartphone auch über den Wolken zur Kommunikation zu nutzen. Doch die Branche ist im Umbruch - wenn auch im Schneckentempo. Beim Thema Internet liegt zurzeit die deutsche Lufthansa auf dem europäischen Markt vorn, seit sie im Dezember vergangenen Jahres ihren Breitbanddienst FlyNet auf einigen Langstreckenverbindungen gestartet hat.

Damit wagt der deutsche Nationalcarrier einen neuen Anlauf, um das Interaktionsbedürfnis seiner Kunden zu befriedigen. Schon im Januar 2003 hob eine ihrer Boeing 747 ausgerüstet mit einer ersten FlyNet-Version in Frankfurt gen Washington ab. Die Connexion-Technik von Boeing machte eine Breitband-Internetverbindung über Satelliten mit einer Downloadgeschwindigkeit von 20 MBit/s möglich, kam jedoch zu früh und war wirtschaftlich wenig erfolgreich. Boeing stellte den Dienst ein, und bei der Lufthansa, die den Service in 69 Flugzeugen auf der Nordatlantik-Route anbot, war mit Surfen Ende 2006 wieder Schluss.

Zurück blieben die Connexion-Antennen auf der Außenhaut der Maschinen, die für die nun eingesetzte Technik der Partner Panasonic Avionics und AeroMobile genutzt werden können. Auch jetzt ist zunächst wieder lediglich der Zugriff per W-Lan-fähigem Laptop oder Smartphone auf das Internet möglich, und auch das nur auf Strecken gen Nordamerika und in zurzeit 34 aufgerüsteten Langstreckenmaschinen.

Der Internetzugang mit einer Downloadgeschwindigkeit von 50 MBit/s soll auch auf Strecken nach Asien angeboten werden, Angaben zum Zeitplan macht die Fluggesellschaft nicht. Eine Handy-Nutzung - und das bedeutet bei der Lufthansa lediglich SMS-Schreiben - wird entgegen erster Ankündigungen statt im Frühjahr dieses Jahres erst Anfang 2012 nach und nach in mit FlyNet ausgestatteten Maschinen möglich, wie Lufthansa-Sprecher Jan Paulin SPIEGEL ONLINE mitteilte.

Tür zu, Handys aus

Dabei hat der Gesetzgeber die Handy-Telefonie in der Luftfahrzeug-Elektronik-Betriebs-Verordnung (LuftEBV) schon seit 2008 freigegeben - wenn ein zugelassenes System an Bord ist. Sonst droht all das Ungemach, wegen dem ein Handy-Anschalten in der Luft verboten ist: Die Mobiltelefone geben auf der Suche nach einer Sendestation am Boden eine so starke Strahlung ab, dass sie die empfindliche Bordelektronik stören könnten.

Bei den zugelassenen europäischen Technologien werden Umschaltstationen an Bord installiert, die Handys - und Laptops - schon mit geringer Sendeleistung nutzen können. Die Funksignale werden dann an die Mobilfunknetze per Satelliten weitergeleitet. Anders funktioniert das beim US-Konzern Aircell, das den US-Amerikanern und -Reisenden schon länger das Surfen an Bord erlaubt, etwa bei Delta und United Airlines. Sein System ist auf modifizierte Bodenstationen angewiesen, der Service daher auf die USA beschränkt.

Die Konkurrenz von der arabischen Halbinsel hat die Deutschen in puncto Kommunikation über den Wolken bereits abgehängt. Oman Air schaffte es als erste Fluglinie überhaupt, seit März 2010 zugleich Internet- und Handy-Nutzung in ihren vier Langstreckenjets anzubieten. Deutsche Reisende erfreuen sie damit allerdings nur auf Flügen ab Frankfurt und München gen Muskat.

Und bei Emirates kann schon seit 2008 an Bord nach Herzenslust ins Handy gequatscht werden, inzwischen in knapp hundert Flugzeugen zu rund 85 Zielen rund um die Welt. Eine Internetverbindung wird dagegen hier nicht angeboten. Das soll sich in der A380-Flotte der Dubaier jedoch ändern, alle 90 georderten Dickschiffe sollen einst mit dem Internet- und Mobile-System des Anbieters OnAir ausgerüstet sein.

OnAir und AirMobile teilen sich den Markt

Neben diesem Joint-Venture von Airbus und Sita mit Sitz in Genf kooperiert Emirates auch mit der britischen Telenor-Tochter AeroMobile, bei denen sie Erstkunden waren. Die beiden Kommunikationsunternehmen teilen sich im Wesentlichen den Markt für Handy- und Internetnutzung an Bord von Flugzeugen auf und verzeichnen zurzeit steigendes Interesse bei den Airlines. AeroMobile bietet bisher seinen Service bei Emirates, Malaysia Airlines und Lufthansa an und hat Deals mit sieben weiteren Gesellschaften in der Tasche. Darunter Cathay Pacific, SAS und Turkish Airlines.

Das ein Jahr früher gegründete OnAir kann zurzeit zwölf Fluggesellschaften vorweisen, die ihren Handy- und/oder Internet-Service mit einer Downloadgeschwindigkeit von 0,4 MBit/s nutzen - darunter Oman Air. Manche allerdings nur in einzelnen Maschinen, wie British Airways, das lediglich den Business-Class-A318-Flieger von London nach New York mit dem Mobiltelefon-Service ausgestattet hat.

Noch in diesem Jahr möchte Singapore Airlines beginnen, 43 Flugzeuge mit OnAir-Technik auszustatten, muss aber nach eigenen Angaben noch Anforderungen der örtlichen Behörden erfüllen. Den Vertrag mit Ryanair haben die Schweizer im März 2010 nach einer 13-monatigen Testphase gelöst - einen neuen Partner hat der Billigflieger bisher noch nicht gefunden.

Hohe Kosten - bei Airlines und Kunden

Was die Fluggesellschaften nach und nach an einen besseren Service für ihre Kunden denken lässt, sind die gesunkenen Kosten und der geringere Zeitaufwand für die Umrüstung - dennoch sind die 250.000 bis 350.000 Dollar pro Flugzeug statt 500.000 Dollar für das Boeing-Connexion-System noch immer eine Investition.

Und werden die Kunden tatsächlich das Angebot nutzen? Emirates meldete im Mai die stolze Zahl von inzwischen sechs Millionen Handy-Nutzern; die Lufthansa verkündete im Februar hohes FlyNet-Interesse vor allem bei Geschäftsreisenden. Die Kosten für die Passagiere sind jedoch noch recht hoch und könnten Internet-Junkies, die die Umsonst-Philosophie des Netzes verinnerlicht haben, abschrecken.

So muss der Lufthansa-Surfer für einen einstündigen "HotSpot Pass Sky" 10,95 Euro hinlegen, für 24 Stunden sind es 19,95 Euro. Bezahlt werden kann auch in Meilen: 3500 beziehungsweise 7000. Alternativ können die Passagiere, die sich im Flynet-Portal einloggen, auch über die Deutsche Telekom oder deren Roaming-Partner abrechnen.

Bei Emirates werden Handy-Gespräche und SMS-Service über den jeweiligen eigenen Mobilfunkbetreiber zu internationalen Roaming-Tarifen abgerechnet. Die Fluglinie schätzt den durchschnittlichen Minutenpreis auf vier US-Dollar (3 Euro). Zum Vergleich: Per Satellitentelefon in der Sessellehne werden fünf US-Dollar pro Minute (3,70 Euro) fällig. Malaysia Airlines dagegen kassiert pauschal rund 3,50 Euro pro Minute Handy-Telefonat. Wer also in mobilfunkfähigen Flugzeugen einen Geschäftstermin am Telefon abwickeln oder ein "Hallo Schatz, gleich gibt es Tomatensaft" in den Hörer flöten will, sollte zuvor den Rechenschieber konsultiert haben.

Kein Gequatsche bei Lufthansa

Passagiere allerdings, die mit der Lufthansa fliegen, werden auf absehbare Zeit nicht in den Genuss kommen, ihr Handy zum Telefonieren zu nutzen. Wiederholt hat die Geschäftsführung betont, dass sie Telefongequatsche in ihren Kabinen nicht zulassen werde - um die Mitfliegenden nicht zu stören. Und tatsächlich hat eine Umfrage des Hightech-Branchenverbandes Bitkom im Januar ergeben, dass 55 Prozent der Deutschen eine Handy-Nutzung im Flugzeug ablehnen, nur 19 Prozent seien dafür. Emirates und Oman Air dagegen haben keine Beschwerden gemeldet.

Die Gespräche werden wahrscheinlich vom Lärm in der Kabine geschluckt - deutsche Reisende aber sind wohl durch ihre Erfahrungen in Bahn, Bus und Tram nachhaltig geschädigt.

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