Klimaschutz-Debatte Reiseverband fordert "3-Liter-Flugzeug"
Frankfurt/Main - Die Deutschen lieben das Verreisen wie kaum eine andere Nation. Auch den Umweltschutz schreiben sie sich gern auf die Fahne. Doch Billigflieger-Boom und Klimaschutz passen nicht so recht zusammen. Damit das eine mit dem anderen harmoniert, sollten Urlauber Verbraucherschützern zufolge schon bei der Wahl des Verkehrsmittels auf Umweltverträglichkeit achten: "Rad, Bahn, Auto, Flugzeug", das ist laut Carel Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen die beste Reihenfolge, wenn es um die Fahrt in die Ferien geht.
Wer eine Urlaubsreise plant und auch die Umwelt im Blick haben möchte, sollte zudem eine Faustregel beherzigen: "Die Entfernung wird in Bezug zur Länge der Abwesenheit gebracht, pro Tag sind das 100 Kilometer", erklärt Mohn. Das heißt: Für einen Drei-Tages-Trip sollten nicht mehr als 300 Kilometer zurückgelegt werden müssen.
Spielräume im Flugverkehr
Wer nach Australien will, sollte dafür nach dieser Regel schon eine ziemlich lange Zeit einkalkulieren. Für Mohn geht es dabei dann auch um die Qualität der Ferien. "Was bedeutet uns Reisen? Habe ich Zeit, mich auf die Umwelt einzustellen? Muss es wirklich der super-exotische Kick sein, wenn ich nur zwei Tage Aufenthaltsdauer habe?" Verärgert reagiert der Verbraucherschützer, wenn die Verantwortung für den Klimawandel von einem zum anderen geschoben wird. "Es ist ein albernes Spiel, wenn jede Branche jetzt sagt, an den Emissionen haben wir nur einen kleinen Anteil. Es gibt immer jemanden, der noch schlimmer ist", sagt Mohn im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Für ihn gilt: "Man muss da ansetzen, wo es Spielräume gibt. Und die gibt es auch im Flugverkehr."
Ein heute vorgestellter Mobilitätsbericht der Deutschen Flugsicherung hatte ergeben, dass inzwischen jeder fünfte Flug im deutschen Luftraum bei Gesellschaften wie Ryanair, Easyjet oder Germanwings gebucht wird. Damit hat sich der Anteil von Billigfluglinien im Flugverkehr in den vergangenen sechs Jahren vervierfacht.
Politiker fordern derweil, dass die Bundesbürger ihre Heimat noch stärker als bisher zur liebsten Urlaubsregion machen. "Sylt statt Seychellen" oder auch "Rügen statt Rimini" sind die Schlagworte dieser Debatte. Die Reisebranche indes fordert von der Politik ein entschlossenes Handeln. Der Deutsche Reiseverband (DRV) findet es realitätsfern, dass die Deutschen nur noch im Inland Urlaub machen sollen. DRV-Präsident Klaus Laepple kritisiert diese Forderungen als "reinen Populismus und Effekthascherei".
"3-Liter-Flugzeug" soll Umwelt schonen
An die Politik wendet sich Laepple mit konkreten Forderungen: Dazu gehöre die zügige Umsetzung einer einheitlichen europäischen Flugsicherung, weniger Warteschleifen am Himmel durch einen schnellen und bedarfsgerechten Ausbau der großen Verkehrsflughäfen, eine Optimierung der Flugstrecken und eine schnelle Erhöhung der Triebwerkeffizienz. Ziel sei das "3-Liter-Flugzeug" bezogen auf den Verbrauch je Passagier pro 100 Kilometer.
Die großen Reiseanbieter TUI und Thomas Cook wollen sich des Themas Klimawandel durchaus annehmen - allerdings nicht in Form von Schnellschüssen. Sprecher beider Konzerne sagen, der Klimawandel sei ein globales Phänomen und deshalb würden auch globale Lösungen gebraucht.
Der Reiseveranstalter Alltours - dessen Chef Willi Verhuven schon wiederholt eine Kerosinsteuer gefordert hat - sieht Wirtschaft und Verbraucher in der Pflicht, verantwortungsvoll mit der Umwelt umzugehen. "Beispielsweise sollten die Flugzeughersteller deutlich umweltfreundlichere Flugzeuge bauen, und die Fluggesellschaften ihre Tickets zu realistischen Preisen verkaufen" also nicht unterhalb der Produktionskosten. Wohin auch immer die Reise geht - die Branche wird sich umstellen müssen.
So sagt Martin Buck, Direktor der am kommenden Mittwoch in Berlin beginnenden Internationalen Tourismus-Börse (ITB): "Der Klimaschutz wird in den kommenden Jahren eines der ganz zentralen Themen für die globale Reiseindustrie sein. Reiseströme werden sich nachhaltig verändern, das Bewusstsein der Urlauber wird sich deutlich verändern."
Antje Homburger, AP