Malta Gutes, akzentfreies Englisch
Valletta - 164 Jahre, von 1800 bis 1964, haben die Briten über das kleine Archipel im südlichen Mittelmeer geherrscht. Aber sie stehen damit nur am Ende einer illustren Liste europäischer Kolonisatoren: Erst kamen die Römer, anschließend - nach einem arabischen Zwischenspiel - Normannen, Staufer und Franzosen. Die längste Zeit seiner Geschichte, 1530 bis 1798, wurde Malta von einem Ritterorden regiert, der für sich genommen eine Art Europäische Gemeinschaft darstellte: Den Johannitern. In den Türkenkriegen erwarben sie sich auf Malta einen Ruf als Retter des Abendlandes. Wenn die seit 40 Jahren unabhängige Republik zum 1. Mai der EU beitritt, findet sie quasi zurück in die Familie.
Auch die Deutschen haben in der jüngsten maltesischen Geschichte Spuren hinterlassen, wenn auch auf unrühmliche Weise. Zwischen 1940 und 1943 flogen sie zusammen mit ihren italienischen Verbündeten rund 2000 Luftangriffe auf Malta - ein hier zu Lande kaum bekannter Kriegsschauplatz. Mehr als 30.000 Gebäude wurden zerstört, 1500 Bewohner starben. Noch heute stolpert man in Valletta über die Ruinen eines Gebäudes, das mit seinen amputierten Säulen wie ein Relikt aus römischen Zeiten wirkt. Tatsächlich handelt es sich um das viktorianische Opernhaus der Hauptstadt, das aufgrund der Finanzknappheit nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut wurde.
Heute sind die Deutschen auf Malta trotzdem gern gesehene Gäste. Zwar sind die Besucherzahlen zurückgegangen, seit der Reiseveranstalter FTI von seiner Strategie abgerückt ist, die Inseln als Discount-Angebot für Sonnenhungrige zu vermarkten. Doch noch immer lassen sich die Deutschen in der Besucherstatistik nur von den Briten überbieten. Allein 15.000 Bundesbürger kommen alljährlich, um von der Internationalität der Insel auf besondere Weise zu profitieren. Sie besuchen einen Sprachkurs. Englisch fungiert neben Maltesisch noch immer als zweite offizielle Sprache. Bei Schüler-Sprachreisen ist Malta nach Großbritannien die Nummer zwei aller englischsprachigen Zielgebiete, bei Erwachsenen-Kursen mit Abstand die Nummer eins.
Die Gründe für diese Spitzenstellung liegen auf der Hand. Auf Malta lässt sich das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden. Im Gegensatz zu den britischen Inseln ist Regen hier mit Ausnahme der Wintermonate Dezember und Januar eine seltene Erscheinung. Die Wassertemperaturen vor der Küste gestatten Baden bis in den November hinein. Kulturell hat Malta ohnehin genug zu bieten.
Eine hohe Dichte an Sehenswürdigkeiten
Rund 40 lizenzierte Sprachschulen bieten ihre Dienste an. Einige auf Maltas grüner Schwesterinsel Gozo liegen sogar in unmittelbarer Nähe von Tauchstationen. Das Angebot umfasst vom Anfängerkurs bis zum Einzelunterricht für Manager alle Schwierigkeitsgrade. Die Dozenten stammen überwiegend aus Malta, was kein Nachteil für die Kursteilnehmer ist: Sie gewöhnen sich so weder britische noch amerikanische Marotten an. "Gebildete Malteser sprechen ein sehr gutes, akzentfreies Englisch", sagt Robert Ostermaier von Thomas Cook Reisen in München.
Hauptsaison für Sprachreisen sind die späten Winter- und frühen Frühlingsmonate; dann, wenn gelbe Blumen die sonst eher karge Vegetation der Inseln erleuchten. Der zur FTI-Gruppe gehörende Veranstalter LAL Sprachreisen, nach eigenen Angaben Marktführer für Malta, bietet von Mai bis Oktober auf Gozo auch eine spezielle Sommerschule an. Grundsätzlich haben Sprachurlauber bei der Unterkunft die Wahl zwischen Hotel und einer von rund 1000 Gastfamilien.
Sprachreisen nach Malta sind vor allem bei Erwachsenen beliebt - nicht ohne Grund: Wärme und Wasser wecken zwar die Lebensgeister, wirklich Vergnügungssüchtige kommen auf den Inseln aber kaum auf ihre Kosten. Mit Mallorca oder Ibiza kann und will sich Malta nicht messen. Malta ist mit seinen 385.000 Einwohnern ähnlich dicht besiedelt wie das Ruhrgebiet, so dass das Freizeitprogramm eher einer Städtereise gleicht als einem Badeurlaub. Etwas geruhsamer ist die Atmosphäre auf der benachbarten Insel Gozo.
Dafür bekommen Besucher eine hohe Dichte von Sehenswürdigkeiten geboten. Zwei Dutzend frühzeitliche Ausgrabungsstätten finden sich über die Inseln verstreut, angeführt vom berühmten Hypogäum, einer 5000 Jahre alten unterirdischen Tempelanlage. Kaum weniger archaisch muten die so genannten Paulus-Katakomben an, eine Grabstätte der frühen Christen.
Das Gesicht Maltas wird aber von den Verteidigungsbauten der Johanniter und den Kirchen dominiert. Es wimmelt nur so vor Kuppeln und Kathedralen, und in jeder findet gerade ein Gottesdienst statt. Unversehrt hat den Krieg die barocke St. John's Co-Cathedral überstanden, die Hauptkirche des Johanniterordens. Ihren Boden bedecken hunderte von farbigen Grabsteinen. Die acht Seitenkapellen dienten den unterschiedlichen Nationalitäten des Ordens zum Gebet und sind im jeweiligen Landesgeschmack gestaltet - ein perfektes Sinnbild für die paneuropäische Prägung Maltas.
Von Tobias Wiethoff, gms