

Katmandu - Die nepalesischen Bergführer werden in dieser Saison keine Expeditionen auf den Mount Everest begleiten. Mit der Entscheidung reagieren die Sherpas auf das bislang schlimmste Unglück am höchsten Berg der Welt, bei dem am Freitag insgesamt 16 Menschen ums Leben kamen.
"Wir haben nach einer langen Sitzung an diesem Nachmittag beschlossen, zu Ehren unserer gestorbenen Brüder unsere Bergtouren einzustellen", sagte der Bergführer Tulsi Gurung am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP im Basislager. "Alle Sherpas stehen hinter dieser Entscheidung", fügte er hinzu.
Am Freitagmorgen waren die Bergführer auf 5800 Metern Höhe im sogenannten Popcorn-Feld von einer Lawine verschüttet worden. Neun der Männer konnten lebend aus den Eis- und Schneemassen gerettet werden, 13 weitere wurden tot geborgen. Am Sonntag wurde die Suche nach drei zuletzt noch vermissten Sherpas endgültig eingestellt.
"Für viele von uns ist es unmöglich, weiter zu klettern. So lange drei unserer Freunde im Schnee begraben liegen, kann ich mir nicht vorstellen, über sie hinwegzugehen", sagte der Bergsteiger Dorje Sherpa. "Wir wollen die gestorbenen Sherpa ehren, aus Respekt vor ihnen können wir nicht weitermachen." Er sagte, die meisten wollen am Mittwoch das Basislager verlassen. Einige der Führer sind bereits abgestiegen.
Nepals Bergsteiger-Vereinigung in Katmandu werde versuchen, mit den Sherpa am Everest und der Regierung zu verhandeln, sagte Generalsekretär Sherpa Pasang. Denn ein totaler Boykott würde das Bergsteigertum in Nepal auf lange Sicht hin schädigen. Mit den Expeditionen am Mount Everest bestreiten Tausende Nepali ihren Lebensunterhalt.
Regierung versichert die Bergführer besser
Als Konsequenz aus dem tödlichen Unglück hatten die nepalesischen Bergführer am Montag an die Regierung ihres Landes Forderungen gestellt, um ihre Situation zu verbessern. Zugleich drohten sie mit Streik. Dieser scheint nun hinfällig zu sein. Auch haben die Behörden am Dienstag mitgeteilt, dass ein Hilfsfonds für Bergsteiger eingerichtet werde. Mit dem Geld solle Verletzten und Familien von Verstorbenen geholfen werden.
Künftig sind nepalesische Bergsteiger mit mehr als 11.000 Euro versichert, dreimal so viel wie zuvor - aber weniger als die Sherpa gefordert haben. Außerdem wird ihre medizinische Behandlung bis zu einer Höhe von 3000 Euro bezahlt. Dazu werde ein Teil des Geldes verwendet, das ausländische Bergsteiger an Gebühren zahlen müssen, sagte Madhusudan Burlakot vom Tourismusministerium. Für einen Aufstieg auf den Mount Everest zahlen Bergsteiger derzeit umgerechnet 18.000 Euro.
Den Entschluss der Sherpas, in dieser Saison keine Expeditionen mehr zu unterstützen, kommentiert Bergsteiger Ed Marzec so: "Sie haben entschieden, dass es nicht nur um die Frage der Entschädigung geht. Sie haben vielmehr das Gefühl, dass sie als eine Art Denkmal für alle, die umkamen, den Mount Everest für dieses Jahr stilllegen sollten." Der 67-jährige ehemalige Anwalt wollte ursprünglich als ältester US-Bürger den höchsten Berg erklimmen. Er hatte seine Pläne bereits am Montag abgesagt, weil unter den Opfern auch ein Sherpa seines Teams war.
Am Montag haben Hunderte Sherpas ihren tödlich verunglückten Kollegen mit einer Trauerprozession in Katmandu die letzte Ehre erwiesen. Bei der von Mönchen begleiteten Prozession wurden die Särge von sechs Opfern auf Pritschenwagen mitgeführt. "Sie waren nicht nur Angestellte, sie waren wirkliche Freunde", sagte Vern Tejas vom US-Veranstalter Alpine Ascents, der an der Zeremonie teilnahm. "Ohne sie könnten wir den Berg nicht besteigen."
Jährlich versuchen Hunderte Bergsteiger aus aller Welt den strapaziösen Aufstieg zum 8848 Meter hohen "Dach der Welt". Seit der Erstbesteigung durch den Neuseeländer Edmund Hillary und seinen einheimischen Bergführer Tenzing Norgay 1953 kamen bereits mehr als 300 Menschen bei Aufstiegsversuchen ums Leben, die meisten von ihnen gehörten zum Volk der Sherpa.
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Sherpa am Mount Everest (Archiv): Die nepalesischen Bergführer wollen in dieser Sasion keine Expeditionen mehr begleiten. Am Freitag waren bei einem schweren Lawinenunglück 16 ihrer Kollegen gestorben.
Lawine am Karfreitag: Ein Überlebender erinnert sich im Krankenhaus. "Eine Wand aus Schnee und Eis", sagt er.
Höchster Gipfel der Welt: Ausländische Bergsteiger bezahlen umgerechnet rund 18.000 Euro für den Aufstieg.
Totenverbrennung am Montag: Die Männer wollten den Weg zum Gipfel für die Expeditionen präparieren - wie in jedem Jahr kurz vor Saisonstart.
Trauernde Familienangehörige: Am Montag fand in Katmandu eine Trauerprozession statt.
Die Bergsteiger vom Volk der Sherpa haben am Montag der Regierung einige Forderungen zur Verbesserung ihrer Situation gestellt.
Trauernde Tochter: Die Regierung will nun einen Hilfsfonds einrichten, mit dem Geld solle Verletzten und Familien von Verstorbenen geholfen werden.
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